Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Entfallen des Honoraranspruchs des Zahnarztes trotz Fehlleistung; kein Anspruch auf Vorschuss für Neuversorgung
Leitsatz (amtlich)
Ist die Leistung des Zahnarztes zwar fehlerhaft, aber nicht vollständig unbrauchbar, kann der Patient weder die Zahlung des Honorars verweigern noch bereits geleistetes Honorar zurückverlangen und auch keinen Vorschuss auf - zwar notwendige, aber noch nicht in Angriff genommene - Neuversorgung beanspruchen. Er kann in diesen Fällen nur auf Feststellung der Kostentragungspflicht klagen oder widerklagen.
Normenkette
BGB §§ 242, 280, 387, 611, 823
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 08.07.2014; Aktenzeichen 3 O 187/12) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das am 8.7.2014 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Köln (3 O 187/12) durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem Hinweis binnen drei Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.
Gründe
I. Die Berufung der Beklagten hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Entscheidung des LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die im Berufungsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen (§§ 529, 531 ZPO) eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
Das LG hat die Beklagte vielmehr zu Recht verurteilt, an die Klägerin 5.981,09 Euro und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 546,69 Euro jeweils nebst Zinsen zu zahlen. Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung, die sich der Senat zu Eigen macht, wird hier zur Vermeidung von Wiederholungen vollumfänglich Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt eine abweichende Entscheidung nicht und bietet lediglich Veranlassung für folgende ergänzende Anmerkungen:
1. Aus den zutreffenden Gründen von S. 4 der angefochtenen Entscheidung entfällt der Honoraranspruch eines Zahnarztes für die von diesem erbrachten zahnärztlichen und zahnprothetischen Leistungen auch bei Vorliegen von Behandlungsfehlern nur dann, wenn seine Leistungen für den betroffenen Patienten völlig unbrauchbar sind. Dies war bei den hier umstrittenen zahnärztlichen und zahnprothetischen Leistungen des Zahnarztes Dr. O für die Beklagte nicht der Fall, worauf unten zu 2. näher einzugehen sein wird.
Sind die Leistungen des Zahnarztes für den betroffenen Patienten nicht völlig unbrauchbar, können Schadensersatzansprüche des Patienten wegen der Kosten für eine fehlerbedingt erforderlich gewordene Nachbehandlung dem Honoraranspruch des Zahnarztes [abgesehen von dem im vorliegenden Rechtsstreit auch nach dem Vortrag der Beklagten nicht gegebenen Ausnahmefall einer konkret geplanten Nachbehandlungsmaßnahme, deren Kosten feststehen und die der betroffene Patient unstreitig bzw. erwiesenermaßen beabsichtigt] nur - etwa im Wege der Aufrechnung - entgegengesetzt werden, wenn diese Nachbehandlung tatsächlich stattgefunden hat und der betroffene Patient hierfür Kosten aufgewandt hat. Dies ist bei der Beklagten nach ihrem eigenen Vorbringen nicht der Fall.
Ein Vorschussanspruch für eine fehlerbedingt erforderliche, aber noch nicht durchgeführte bzw. konkret in Angriff genommene Nachbehandlung steht dem betroffenen Patienten nach allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur [statt vieler etwa: BGHZ 97, 14, Juris-Rn. 11 ff., 14 sowie 15 und 16 - st. Rspr.; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 4. Aufl., 2014, Rn. A 420 m. v. w. N.] nicht zu. Mangels eines Vorschussanspruches kann der betroffene Patient die möglichen Kosten einer fehlerbedingt erforderlichen, aber noch nicht durchgeführten bzw. konkret in Angriff genommenen Nachbehandlung gegenüber dem Honoraranspruch des Zahnarztes nicht im Wege der Aufrechnung geltend machen, was die Beklagte ausweislich ihrer Berufungsbegründung offenbar selbst so sieht. Entgegen der bei der Beklagten offenbar bestehenden Vorstellung steht dem betroffenen Patienten insoweit aber auch ein Zurückbehaltungsrecht oder die dolo-petit-Einrede nicht zu, weil der Patient anderenfalls die Möglichkeit hätte, auf unabsehbare Zeit den Honoraranspruch des Zahnarztes abzuwehren, ohne die eventuell fehlerbedingt erforderlichen Nachbehandlungsmaßnahmen durchführen zu lassen, und weil dies im Ergebnis dem allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz [Nachweise wie oben] widerspräche, dass fiktive Heilbehandlungskosten nicht erstattungsfähig sind [vgl. hierzu etwa: OLG München MedR 2006, 596, Juris-Rn. 29].
In Fällen der hier in Rede stehenden Art, in denen der Patient davon ausgeht, dass fehlerbedingt Nachbehandlungsmaßnahmen erforderlich sind, die er aber - aus welchen Gründen auch immer - noch nicht konkret in Angriff genommen hat, verbleibt somit die Möglichkeit, den in Höhe der Herstellungskosten, d.h. in Höhe der Nachbehandlungskosten angestrebten Schadensersatz mit einem Antrag auf Feststellung der Kostentragungspflicht durch den Schädiger zu verfolgen [vgl. hierzu etwa: Martis/Winkhart, a.a.O., m. v. w. N.; vgl. hierzu auch BGHZ 97, 14,...