Leitsatz (amtlich)
Die Ablehnung eines Rechtshilfeersuchens gem. § 159 Abs. 1 GVG
(hier: kommissarische Zeugenvernehmung) ist nicht mit der Begründung zu rechtfertigen, das Ersuchen sei überflüssig, unzweckmäßig oder die Handlung sei von dem ersuchenden Gericht vorzunehmen.
Tenor
Das Rechtshilfeersuchen des Amtsgerichts M. ist zulässig.
Gründe
In dem zugrunde liegenden Bußgeldverfahren wegen Verstoßes gegen das Düngegesetz und die Düngeverordnung hat das Amtsgericht M. mit Beschluss vom 18.11.2011 die Vernehmung von drei bei dem Amt für Umwelt und Verkehrsplanung des Kreises H. tätigen Zeugen und einer in W.-H. wohnenden Zeugin durch einen ersuchten Richter nach § 223 StPO angeordnet und die Akten mit der Bitte um Rechtshilfe an das Amtsgericht H. versandt. Mit richterlicher Verfügung vom 19.12.2011 hat das Amtsgericht H. die Bitte des Amtsgerichts M. abgelehnt. Hiergegen hat sich das um Rechtshilfe ersuchende Gericht nach Anrufung des Bundesgerichtshofs, der auf die Zuständigkeit des OLG Köln hingewiesen hat, mit seiner Vorlage vom 17.04.2012 gewandt und das Oberlandesgericht Köln um Entscheidung nach § 159 GVG gebeten.
Das Amtsgericht H. hat die Rechtshilfe mit der Begründung abgelehnt, die Strecke von 194 km zwischen M. und H. sei keine große Entfernung und die Vernehmung würde die Hauptverhandlung vor dem ersuchten Richter bedeuten.
II. Der Antrag ist gemäß § 159 Abs. 1 S. 1 GVG zulässig. Das Amtsgericht H. hat seine Rechtshilfepflicht in Zweifel gezogen, weil es die Voraussetzungen des § 223 Abs. 2 StPO nicht für gegeben hält. Dagegen wendet sich das Amtsgericht M., § 159 Abs. 2 GVG.
In der Sache führt der Antrag zur Feststellung der Zulässigkeit des Rechtshilfeersuchens, dem das Amtsgericht H. zu entsprechen hat.
Das Ersuchen um Rechtshilfe kann nach § 158 Abs. 1 GVG grundsätzlich nicht abgelehnt werden. Abgesehen von dem hier nicht vorliegenden Fall des § 158 Abs. 2 S. 1 GVG (Ersuchen eines im Rechtszug übergeordneten Gerichts) gilt dies ohne Einschränkung. Im Übrigen darf ein Rechtshilfeersuchen nur abgelehnt werden, wenn die vorzunehmende Handlung nach dem Recht des ersuchten Gerichts verboten ist. § 158 Abs. 2 S. 1 GVG ist als Ausnahmebestimmung zu Absatz 1 der Vorschrift eng auszulegen. Als im Sinne dieser Regelung verboten kann daher eine Handlung ausschließlich in dem Fall gelten, dass sie ohne Rücksicht auf die konkrete prozessuale Situation schlechthin - abstrakt - aus Rechtsgründen unzulässig ist (vgl. Senat 13.10.2005 - 2 Ws 456/04 28.10.2003 - 2 Ws 582/04 -; 19.12.2011 -; Meyer- Goßner, StPO, 54. Aufl., § 158 GVG Rdnr. 2 m. w. Nachw.; Schoreit in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl.,§ 158 GVG Rdnr. 5). Die Ablehnung eines Rechtshilfeersuchens ist daher nicht mit der Begründung zu rechtfertigen, das Ersuchen sei überflüssig, unzweckmäßig oder die Handlung sei von dem ersuchenden Gericht vorzunehmen (Schoreit aaO. Rdnr. 6).
Die Vernehmung der von dem Direktor der Landwirtschaftskammer NRW benannten Zeugen durch das Amtsgericht H., in dessen Bezirk die Zeugen wohnhaft beziehungsweise beruflich tätig sind, stellt keine rechtlich unzulässige Maßnahme dar. Die Sonderregelungen der §§ 73, 74 OWiG, die eine kommissarische Vernehmung des Betroffenen ausschließen (BGH St 44, 345), gelten für Zeugen nicht. Ob den Zeugen aus H. das Erscheinen in M. zugemutet werden kann, ist für die Zulässigkeitsfrage ohne Bedeutung.
Fundstellen
Haufe-Index 3267383 |
NStZ-RR 2013, 57 |
StraFo 2012, 364 |