Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit eines Dachausbaus
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Bestimmung in einer Teilungserklärung, mit der einem Wohnungseigentümer ein Dachgeschossausbau ermöglicht wird, ist grundsätzlich eng auszulegen und darf die Rechte des begünstigten Wohnungseigentümers nicht über den eindeutig bestimmbaren Wortlaut der Vereinbarung hinweg begünstigen.
2. Zur Auslegung einer Vereinbarung über den Ausbau eines Flachdachs in eine "andere Dachform", die "ggf. ein zusätzliches Wohngeschoss ermöglicht".
Normenkette
WEG § 15 Abs. 3, § 22
Verfahrensgang
LG Köln (Beschluss vom 08.02.2005; Aktenzeichen 29 T 244/04) |
AG Bergisch Gladbach (Beschluss vom 16.09.2004; Aktenzeichen 35-II 127/04) |
Tenor
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 9.3.2005 wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des LG Köln vom 8.2.2005 (29 T 244/04) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner vom 24.9.2004 gegen den Beschluss des AG Bergisch Gladbach vom 16.9.2004 (35 II 127/04) wird zurückgewiesen.
Die Gerichtskosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Antragsgegner zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Geschäftswert der Rechtsbeschwerde: 50.000 EUR.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft I-Straße 10 in T. Hinsichtlich der Wohnung der Antragsgegner bestimmt § 8 Ziff. 2 der Teilungserklärung vom 13.1.1988 folgendes:
"Der jeweilige Eigentümer der Wohnung Nr. 4 hat das ausschließliche Recht, das derzeitige Flachdach - nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften - ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer so auszubauen, dass eine andere Dachform entsteht, die ggf. ein zusätzliches Wohngeschoss ermöglicht. Die neu entstehenden Räume sind sodann Bestandteil der Wohnung Nr. 4. Andererseits trägt der Berechtigte alle Kosten des Aus- und Umbaus allein, ebenso schon jetzt die laufenden Erhaltungs- und Unterhaltungskosten für das Dach. Entsprechendes gilt für den Anbau eines Balkons an die Wohnung Nr. 4 mit Stützen."
Die Antragsgegner beabsichtigen, auf dem Flachdach ihrer Wohnung Nr. 4 ein Staffelgeschoss mit zwei begehbaren Dachterrassen und einem Geländer aufzusetzen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin. Sie meint, aufgrund der vorgenannten Vereinbarung sei die Antragsgegnerin zu derart weitreichenden Baumaßnahmen nicht berechtigt. Die Antragstellerin ist der Auffassung, die von ihr beabsichtigte Aufstockung des Gebäudes sei von der Formulierung in § 8 Ziff. 2 der Teilungserklärung gedeckt.
Das AG hat mit Beschl. v. 16.9.2004 den Anträgen der Antragstellerin auf Unterlassung der Baumaßnahmen stattgegeben. Das LG hat auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner mit Beschl. v. 8.2.2005 den Beschluss des AG aufgehoben und die Anträge der Antragstellerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen weiteren Beschwerde.
II. Die nach §§ 45 Abs. 1 WEG, 22, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegner einen Anspruch auf Unterlassung der beabsichtigten Baumaßnahmen aus §§ 1004 Abs. 1 BGB, 15 Abs. 3 WEG. Die Entscheidung des LG ist nicht frei von Rechtsfehlern. Zu Unrecht hat das LG die von den Antragsgegnern beabsichtigten Baumaßnahmen für zulässig erachtet. Denn der geplante Ausbau des Dachgeschosses ist von § 8 Ziff. 2 der Teilungserklärung nicht gedeckt, so dass es einer Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer gem. § 22 WEG bedurfte, die hier jedoch nicht vorliegt. Entscheidend für die Auslegung des Inhalts einer Teilungserklärung sind die für die Auslegung von Grundbucheintragungen entwickelten Grundsätze, da die Teilungserklärung durch die zulässige Bezugnahme im Eintragungsvermerk Teil des Grundbuches geworden ist. Danach ist für die Auslegung maßgebend der Wortlaut der Eintragung und sein Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt; Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH NJW 1967, 1611; v. 21.2.1991 - V ZB 13/90, MDR 1991, 631 = NJW 1991, 1613; v. 29.1.1993 - V ZB 24/92, MDR 1993, 442 = NJW 1993, 1329; OLG Hamburg NZM 2003, 109 [111]). Die Auslegung einer Teilungserklärung kann auch vom Rechtsbeschwerdegericht in vollem Umfang selbst vorgenommen werden, an die Auslegung der Vorinstanzen ist es nicht gebunden.
Die Auslegung der Bestimmung des § 8 Nr. 2 in der Teilungserklärung hat sich daran zu orientieren, dass die vorweggenommene Erlaubnis zum Ausbau des Dachgeschosses dem gesetzlichen Leitbild des § 22 WEG widerspricht, wonach grundsätzlich bauliche Veränderungen, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen, von der ausdrücklichen Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer zu der konkret bestimmten Baumaßnahme abhängen. Eine Bestimmung i...