Entscheidungsstichwort (Thema)
Strafverfahrensrecht
Leitsatz (amtlich)
Zur Wirksamkeit der Beschränkung einer Berufung auf die Aussetzungsfrage
Normenkette
StPO § 318 S. 1
Verfahrensgang
AG Euskirchen (Entscheidung vom 07.10.2019) |
Tenor
Das angefochtene Urteil wird
aufgehoben und das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte wegen "Kirchendiebstahls", Verstoßes gegen das Waffengesetz in Tateinheit mit Bedrohung und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte (Taten aus der Anklageschrift vom 21. Februar 2019 - 332 Js 92/19) verurteilt worden ist.
Die insoweit entstandenen Kosten und dem Angeklagten erwachsenen notwendigen Auslagen fallen der Staatskasse zur Last.
- im Strafausspruch hinsichtlich der Verurteilungen wegen Bedrohung (Tat vom 24. März 2019), Leistungserschleichung (Tat vom 17. Dezember 2018), Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung (Tat gleichfalls vom 17. Dezember 2018) sowie wegen Diebstahls in sechs Fällen (Taten vom 3. Januar, 15. März, 18. März, 20. März [Motorsäge und Inbusschlüssel], 21. März und 26. März 2019) und
im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.
In diesem Umfang wird die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Bonn zurückverwiesen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht - Schöffengericht - Euskirchen hat den Angeklagten am 7. Oktober 2019 wegen Diebstahls in neun Fällen, davon in zwei Fällen mit Waffen, in einem Fall in Tateinheit mit Hausfriedensbruch und in einem Fall "gemeinschaftlich und gewerbsmäßig als Einbruchsdiebstahl", wegen "Kirchendiebstahls", Bedrohung, Leistungserschleichung, Beleidigung in Tateinheit mit Bedrohung, wegen "Verstoßes gegen das Waffengesetz in Tateinheit mit Bedrohung, Verstoßes gegen das Waffengesetz in Tateinheit mit Bedrohung" , Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte, wegen Hausfriedensbruchs in Tateinheit mit Beleidigung und in weiterer Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie wegen "unerlaubten gemeinschaftlichen Erwerbs von Betäubungsmitteln" zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
Hiergegen hat der Angeklagte Berufung eingelegt und diese im Hauptverhandlungstermin auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung beschränkt. Mit der angefochtenen Entscheidung hat das Landgericht Bonn die Berufung verworfen.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Angeklagten rügt allgemein die Verletzung des sachlichen Rechts.
II.
Das Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Rechtsmittel hat Erfolg; es führt hinsichtlich der in der Beschlussformel genannten Taten zur Verfahrenseinstellung und hinsichtlich der weiteren in der Beschlussformel genannten Taten sowie bezüglich der Gesamtstrafe gemäß §§ 353, 354 Abs. 2 StPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz.
1.
Hinsichtlich der von der Anklage vom 21. Februar 2019 (332 Js 92/19) erfassten Taten war das Verfahren war gemäß § 206 a StPO einzustellen, weil es an der Verfahrensvoraussetzung eines Eröffnungsbeschlusses fehlt.
Das Vorliegen der Verfahrensvoraussetzungen hat das Revisionsgericht auf die zulässige Revision von Amts wegen im Freibeweisverfahren zu prüfen (BGH NJW 1968, 2253; Kuckein, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 8. Aufl., § 337 Rdnr. 25 m. w. Nachw.). Wenn diese Prüfung ergibt, dass ein Eröffnungsbeschluss fehlt, zwingt dies zur Einstellung des Verfahrens (BGHSt 10, 278 [279]; BGH StV 1983, 2; BGH NStZ 1986, 276; SenE v. 16.06.2020 - III-1 Rs 120/20; SenE v. 24.10.2000 - Ss 329/00 - = VRS 99, 431 [433] = StraFo 2001, 200; SenE v. 21.01.2003 - Ss 456/02 - = VRS 104, 364 [365] = NStZ 2004, 281; SenE v. 14.11.2003 - Ss 435/03 -; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Aufl., § 203 Rdnr. 4 m. w. Nachw.).
Ein Beschluss des Amtsgerichts, durch den die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Köln vom 21. Februar 2019 - 332 Js 92/19 - gegen den Revisionsführer zur Hauptverhandlung zugelassen und das Hauptverfahren eröffnet wurde, ist in den Akten nicht vorhanden.
Die fehlende Eröffnungsentscheidung ist auch nicht durch andere Beschlüsse oder Vorgänge im Rahmen des amtsgerichtlichen Verfahrens ersetzt worden. Zwar kann ein (konkludenter) Eröffnungsbeschluss auch in einer anderen, vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils schriftlich ergangenen Entscheidung gesehen werden, der eine schlüssige und eindeutige Willenserklärung des Gerichts, die Anklage unter den Voraussetzungen des § 203 StPO zuzulassen, unter gleichzeitiger Würdigung des hinreichenden Tatverdachts, zweifelsfrei entnommen werden kann (vgl. BGH, NStZ 1987, 239; BGH, NStZ 1988, 236; BGH, NStZ-RR 2011, 150 m. w. N., zitiert nach juris; Senat in ständiger Rechtsprechung, vgl. nur SenE v. 16.06.2020 - III-1 RVs 120/20; SenE v. 11.08.2009 - 81 Ss 35/09; Stuckenberg in LR, StPO, 26. Auflage, § 207 Rdnr. 54).
Vorliegend lassen weder die Übernahme- und Verbindungsentscheidung vom 2...