Entscheidungsstichwort (Thema)
Klagebefugnis für die Geltendmachung von Kindesunterhalt bei Obhutswechsel. Familienrechtlicher Ausgleichsanspruch
Leitsatz (amtlich)
1. Die Klage auf Kindesunterhalt in gesetzlicher Prozessstandschaft nach § 1629 Abs. 3 Satz 1 BGB ist nur solange zulässig, wie sich das unterhaltsberechtigte Kind der Parteien in der Obhut des klagenden Elternteils befindet und er somit zur Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt ermächtigt ist. Bei einem Obhutswechsel erlischt die Ermächtigung zur Klageerhebung und die Klage wird unzulässig.
2. Gegebenenfalls kann bisher nicht gezahlter Kindesunterhalt für die Vergangenheit vom bisher betreuenden Elternteil als sog. familienrechtlicher Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB im Wege der Klageänderung geltend gemacht werden.
3. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der klagende Ehegatte als Elternteil der gemeinschaftlichen Kinder den Kindesunterhalt allein bestritten hat, obwohl zu dieser Zeit der verklagte Elternteil barunterhaltspflichtig war und dass der klagende Elternteil zur Zeit seiner Unterhaltsleistung die Absicht hatte, Ersatz für die Unterhaltsleistungen zu erlangen (vgl. insoweit BGH NJW 1989, 2816 m.w.N.).
4. Ein solcher Erstattungswille kann in aller Regel aus dem früheren Einreichen der Kindesunterhaltsklage geschlossen werden.
Normenkette
BGB §§ 426, 1629 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
AG Bonn (Beschluss vom 21.05.2008; Aktenzeichen 40 F 451/07 (PKH) I) |
Tenor
Die als sofortige Beschwerde zu wertende "Beschwerde" des Antragstellers gegen den seinen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss des AG - FamG - Bonn vom 21.5.2008 - 40 F 451/07 (PKH) I - wird zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige - insbesondere frist und formgerecht eingelegte - als sofortige Beschwerde zu wertende "Beschwerde" des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das FamG die Erfolgsaussicht der von ihm beabsichtigten Klage verneint.
Soweit der Antragsteller zunächst Kindesunterhalt hinsichtlich der Töchter D. und L. in gesetzlicher Prozessstandschaft geltend gemacht hat, ist diese Klage - wie das FamG zutreffend ausgeführt hat - unzulässig, da der Antragsteller nicht ausreichend dargetan hat, dass sich die genannten gemeinsamen Kinder der Parteien in seiner Obhut befinden und er somit zur Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt ermächtigt wäre.
Der als Kindesunterhalt zunächst eingeklagte Anspruch kann auch nicht als sog. familienrechtlicher Ausgleichsanspruch im Wege der Klageänderung geltend gemacht werden. Denn der Antragsteller hat im Prozesskostenhilfeverfahren weder schlüssig vorgetragen, geschweige denn ausreichend glaubhaft gemacht, dass ein solcher familienrechtlicher Ausgleichsanspruch besteht. Voraussetzung hierfür wäre nämlich, dass der Antragsteller als Elternteil der gemeinschaftlichen Kinder der Parteien den Kindesunterhalt allein bestritten hat, obwohl zu dieser Zeit die Antragsgegnerin barunterhaltspflichtig war und dass er zur Zeit der Leistung die Absicht hatte, Ersatz für die Unterhaltsleistungen zu erlangen (vgl. insoweit BGH NJW 1989, 2816 m.w.N.). Dem Antragsteller ist zwar zuzugestehen, dass ein solcher Erstattungswille bei ihm vorgelegen hat. Dies folgt bereits aus dem Einreichen der Kindesunterhaltsklage.
Allerdings setzt der familienrechtliche Erstattungsanspruch weiter voraus, dass auch ein solcher Kindesunterhaltsanspruch - hier die Barunterhaltspflicht der Beklagten (= Antragsgegnerin) - für den Zeitraum der Geltendmachung des Kindesunterhaltes bestanden hat. Hiervon kann vorliegend allerdings nicht ausgegangen werden. Nach den eigenen Angaben des Klägers (= Antragsteller) leben die Parteien im eigenen Haus seit Oktober 2007 getrennt. Der Kläger bewohnt Räume im Souterrain, während die Beklagte die ursprüngliche gemeinsame Ehewohnung weiterhin nutzt. Dort leben auch die Kinder. Bei dieser Sachlage ist ohne weiteres davon auszugehen, dass die Kinder - selbst wenn sie sich während des Tages auch bei dem Kläger aufgehalten haben - ihren Lebensmittelpunkt bei der Beklagten als Kindesmutter hatten. Die Beklagte legt plausibel dar, dass sie als Lehrerin mit 50%iger Stundenzahl durchaus in der Lage war, die Kinder zu betreuen. Allein der Umstand, dass die Kinder in der ehemals gemeinsamen Ehewohnung verblieben sind, rechtfertigt die Annahme, dass der Hauptmittelpunkt im Einwirkungsbereich der Beklagten lag. Sind aber die Erziehungs- und Betreuungsleistungen nicht insgesamt ganz gleich verteilt, so verbleibt es dabei, dass die Barunterhaltspflicht bezüglich des Kindesunterhaltes dem Elternteil obliegt, der nur einen geringfügigeren Teil der Erziehung und Betreuung erbringt. Deswegen kann es dahin stehen, ob der Kläger in der Vergangenheit - der genaue Zeitpunkt wäre noch zu klären - auch Betreuungsleistungen erbracht hat. Die gesamten Lebensumstände der Familie ergeben nämlich, dass nach der Trennung der Eheleute die Hauptlast der Erziehung und Betreuung bei der Kindesmutter lag. Da...