Entscheidungsstichwort (Thema)

Prüfung der örtlichen Zuständigkeit der Betreuungsbehörde für eine Unterschriftsbeglaubigung durch das Grundbuchamt

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine von der Betreuungsbehörde beglaubigte Unterschrift auf einer Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung genügt den Anforderungen des § 29 GBO.

2. Das Grundbuchamt ist nicht befugt, die örtliche Zuständigkeit der Betreuungsbehörde für eine vorgenommene Unterschriftsbeglaubigung zu prüfen.

 

Normenkette

BeurkG §§ 1-2; BtBG § 3 i.d.F. bis 31.12.2022, § 6 i.d.F. bis 31.12.2022; GBO § 29

 

Verfahrensgang

AG Bergheim (Verfügung vom 02.08.2022; Aktenzeichen ST-3164-16)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 3) vom 10.08.2022 wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts - Grundbuchamts - Bergheim vom 02.08.2022, ST-3164-16, aufgehoben und das Grundbuchamt angewiesen, erneut über die Anträge der Beteiligten vom 15.06.2022 unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats zu entscheiden.

 

Gründe

I. Mit Schriftsätzen vom 15.06.2022 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten unter Vorlage zweier notarieller Urkunden - UVZ 1073/2022 F und 1074/2022 F des Notars ... - und zweier von der Betreuungsstelle der Stadt Dormagen beglaubigter Vollmachten der Beteiligten zu 1) und 2) die Eintragung einer Eigentumsvormerkung, die Löschung der in Abt. III Nr. 4 eingetragenen Grundschuld und die Eintragung einer Grundschuld beantragt (BI. 112 ff. d.A.).

Mit Schreiben vom 20.06.2022 hat das Grundbuchamt dem Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt, dass die Vollmacht in der Form des § 29 GBO nachzuweisen sei. Die Betreuungsstelle sei nicht berechtigt, eine für den Grundbuchverkehr gültige Vollmacht zu erstellen. Daraufhin hat der Verfahrensbevollmächtigte mit Schreiben vom 05.07.2022 erwidert, dass sich die Befugnis des Urkundsbeamten der Betreuungsstelle gem. § 6 BtBG ergebe. Mit Schreiben vom 07.07.2022 hat das Grundbuchamt dem Verfahrensbevollmächtigten mitgeteilt, die Betreuungsbehörde Dormagen sei nicht gem. § 3 BtBG örtlich zuständig gewesen, da die Betroffene dort nicht ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt habe. Dem hat der Verfahrensbevollmächtigte entgegengehalten, dass die örtliche Zuständigkeit einer Betreuungsbehörde gem. § 3 Abs. 1 S. 3 BtBG nicht zwingend den gewöhnlichen Aufenthalt des Betroffenen in seinem Bezirk voraussetze, die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit der Betreuungsbehörde und nicht dem Grundbuchamt obliege und ein etwaiger Verstoß gegen § 3 BtBG nicht die Unwirksamkeit der Beglaubigung zur Folge haben könne. Dies ergebe sich gem. §§ 1 Abs. 2, 2 BeurkG.

Durch Zwischenverfügung vom 02.08.2022 hat das Grundbuchamt den Beteiligten aufgegeben, binnen 2 Wochen nach Zustellung dieses Schreibens einen Nachweis der Vollmacht des für die Beteiligte zu 1) handelnden Bevollmächtigten in der Form des § 29 GBO vorzulegen (BI. 149 f. d.A.).

Gegen diese dem Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten am 08.08.2022 zugestellte Zwischenverfügung hat dieser im Namen der Beteiligten mit am 15.08.2022 beim Amtsgericht Bergheim eingegangenen Schriftsatz vom 10.08.2022 Beschwerde eingelegt (BI. 152 f. d.A.).

Durch Beschluss vom 15.08.2022 hat das Grundbuchamt der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Köln zur Entscheidung vorgelegt (BI. 154 f. d.A.).

II. Die zulässige Beschwerde der Beteiligten hat auch in der Sache Erfolg.

Das Grundbuchamt hat den Beteiligten mit der angefochtenen Zwischenverfügung zu Unrecht aufgegeben, einen Nachweis der Vollmacht der Beteiligten zu 1) in der Form des § 29 GBO vorzulegen. Ein solcher Nachweis liegt dem Grundbuchamt - im Übrigen auch in Bezug auf den Beteiligten zu 2) - bereits vor. Denn die Beglaubigungen der beiden von den Beteiligten zu 1) und 2) erteilten Vollmachten zugunsten J. B. H. durch den Urkundsbeamten der Betreuungsbehörde der Stadt Dormagen erfüllen die Anforderungen des § 29 GBO.

Nach § 6 Abs. 2 S. 1 BtBG ist die Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde befugt, Unterschriften oder Handzeichen auf Vorsorgevollmachten oder Betreuungsverfügungen öffentlich zu beglaubigen. Mit der durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Betreuungsrechts vom 21.04.2005 (Zweites Betreuungsrechtsänderungsgesetz - 2. BtÄndG; BGBl. I S. 1073) eingeführten Regelung hat der Gesetzgeber eine (neue) Urkundsperson geschaffen, um die Rechtswirkung einer öffentlichen Beglaubigung nach § 129 BGB zu erreichen (BT-Drucks. 15/2494 S. 44). Die Beglaubigung von Unterschriften auf Vorsorgevollmachten durch die Urkundsperson bei der Betreuungsbehörde gemäß § 6 Abs. 2 S. 1 BtBG genügt den Anforderungen des § 29 GBO. Der Gesetzgeber hat mit der nachträglichen Einfügung des in der Erstfassung vom 21.04.2005 noch nicht enthaltenen Wortes "öffentlich" in § 6 Abs. 2 S. 1 BtBG durch Art. 11 des Gesetzes zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts vom 06.07.2009 (BGBl. I S. 1696 ff.) ausdrücklich klargestellt, dass es sich bei § 6 Abs. 2 S. 1 BtBG um einen Beglaubigungstatbestand handelt, der mit den Rechtswirk...

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