Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigung über gemeinsame Schulden
Leitsatz (amtlich)
1. Errichten Eheleute anlässlich der Scheidung eine Urkunde, in der es heißt, Schulden, die von ihnen gemeinsam vor und während der Ehe gemacht worden seien, würden je zur Hälfte getragen, und folgt dem eine Aufstellung der gemeinsamen Schulden, die mit der von jedem Ehepartner zu zahlenden Summe endet, so liegt kein abstraktes Schildanerkenntnis vor. Ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis kann in einer solchen Erklärung allenfalls dann gesehen werden, wenn fest steht, dass die Parteien insoweit ihr Verhältnis dem Streit oder der Ungewissheit entziehen wollten.
2. Ein abstraktes Schuldanerkenntnis kann, sofern die anerkannte Forderung nicht oder nicht in der anerkannten Höhe besteht, nach § 812 BGB zurückgefordert bzw. der Inanspruchnahme daraus die Bereicherungseinrede entgegen gehalten werden. Ein solcher Bereicherungsanspruch kommt lediglich dann nicht in Betracht, wenn die Parteien mit dem Anerkenntnisvertrag einen Streit oder eine Unsicherheit über den Inhalt des zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisses beenden und ohne Rücksicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen des anerkannten Anspruchs eine klare Rechtslage schaffen wollten.
Normenkette
BGB §§ 781, 812
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 18 O 16/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9.6.2000 verkündete Urteil der 18. Zivilkammer des LG Köln – 18 O 16/99 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird unter Abweisung der Klage Im Übrigen verurteilt, an den Kläger 11.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 4.2.1999 zu zahlen.
Die weiter gehende Berufung der Beklagten und die Anschlussberufung des Klägers werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.
Das LG hat die Klage im Ergebnis zu Recht im Wesentlichen für begründet gehalten. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch i.H.v. 11.000 DM.
I. Zur Berufung der Beklagten ist Folgendes auszuführen.
1. Zu Recht wendet sich die Beklagte dagegen, dass das LG die Klageforderung mit der Begründung zugesprochen hat, in der Erklärung vom 17.6.1997 liege ein konstitutives Schuldanerkenntnis.
a) Ein abstraktes Schuldanerkenntnis, welches einen Ausschluss der Einwendungen der Beklagten rechtfertigt, liegt entgegen der Ansicht des LG nicht vor.
aa) Nach der Rspr. des BGH (vgl. etwa BGH v. 14.10.1998 – XII ZR 66/97, NJW 1999, 574 [575] = MDR 1999. 162; v. 18.5.1995 – VII ZR 11/94, NJW-RR 1995, 1391 [1392]) liegt ein abstraktes Schuldversprechen i.S.d. § 780 BGB nur vor, wenn die mit ihm übernommene Verpflichtung von ihrem Rechtsgrund, d.h. von ihren wirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhängen gelöst und allein auf den im Versprechen zum Ausdruck gekommenen Leistungswillen des Schuldners gestellt werden soll, wobei sich die Vertragpartner über diese selbstständige Natur des Versprechens einig geworden sein müssen. Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung der getroffenen Vereinbarung anhand der schriftlichen Erklärung zu ermitteln. Ein selbstständiger Verpflichtungswille ist im Zweifel nicht anzunehmen, wenn in der schriftlichen Erklärung ein bestimmter Schuldgrund angegeben ist. Nichts anderes gilt für ein abstraktes Schuldanerkenntnis i.S.d. § 781 BGB (vgl. Palandt/Sprau, 60. Aufl., § 781 Rz. 2).
Danach ist die Urkunde vom 17.6.1997 kein abstraktes Schuldanerkenntnis. Dort heißt es lediglich: „Schulden, die von uns gemeinsam vor und während unserer Ehe gemacht worden sind, werde ich zur Hälfte mittragen.” Unter der Überschrift „Aufstellung unserer gemeinsamen Schulden” folgen sodann drei Positionen, die im Einzelnen erläutert sind. Am Ende wird die „für jeden Ehepartner zu zahlende Summe” genannt. Handschriftlich hat die Beklagte hinzu gefügt, die o.a. Summe werde nicht sofort gefordert. Sofern in diesem Dokument überhaupt ein rechtsgeschäftliches Anerkenntnis und nicht ein nur einseitiges, nicht rechtsgeschäftliches Anerkenntnis i.S.e. Wissenserklärung (vgl. dazu Staudinger/Marburger, 13. Aufl., § 781 Rz. 27) zu sehen ist, ist jedenfalls erkennbar auf den Schuldgrund abgestellt, so dass ein selbstständiger Verpflichtungswille, für den auch sonst keine Anhaltspunkte erkennbar sind, nicht anzunehmen ist.
Zu Unrecht beruft sich der Kläger darauf, nach Palandt/Sprau (60. Aufl., § 781 Rz. 8) liege bei einer gemeinsamen Abrechnung ein konstitutives Anerkenntnis vor. Nach der angegebenen Fundstelle und der dort in Bezug genommenen Entscheidung (BGH v. 24.10.1985 – III ZR 35/85, WM 1986, 50 f.) ist dies nur der Fall, wenn sich die Parteien darüber einig sind, dass sich der Gläubiger zur Rechtfertigung seiner Ansprüche in Zukunft nur noch auf die Vereinbarung zu berufen braucht. Dafür ist der Urkunde im Streitfall nichts zu entnehmen und sind auch sonst keine tragfähigen Anhaltspunkte vorgetragen. Die Rechtsprechung zur abstrakten Natur von Saldoanerk...