Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 19.10.2016; Aktenzeichen 1 O 216/14) |
Tenor
Die Berufung der Kläger zu 1) bis 4) und 6) bis 13) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:
Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen der Kläger zu 1) zu 14,34 %, der Kläger zu 2) zu 1,43 %, der Kläger zu 3) zu 1,07 %, der Kläger zu 4) zu 20,69 %, der Kläger zu 6) zu 0,29 %, der Kläger zu 7) zu 1,60 %, der Kläger zu 8) zu 28,51 %, der Kläger zu 9) zu 2,87 %, die Klägerin zu 10) zu 0,31 %, der Kläger zu 11) zu 1,43 %, der Kläger zu 12) zu 26,93 % und der Kläger zu 13) zu 0,53 %. Ihre eigenen außergerichtlichen Kosten tragen die Kläger zu 1) bis 4) und 6) bis 13) selbst.
Dieses Urteil und das des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Kläger düfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der aufgrund der Urteile vollstreckbaren Beträge abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger machen gegenüber der Beklagten vertragliche Rückzahlungsansprüche aus Staatsanleihen geltend, die im Zuge des sog. griechischen Schuldenschnitts im Frühjahr 2012 eingezogen wurden. Hilfsweise stützen sie ihre Forderungen auf Schadensersatzansprüche gemäß § 826 BGB.
Die Kläger erwarben in der Zeit von 2010 bis 2012 in unterschiedlichem Umfang verschiedene Staatsanleihen der Beklagten (nach ISIN gekennzeichnet mit "GR..."). Die ursprünglichen Anleihebedingungen aller durch die Kläger erworbenen Anleihen sahen keine Umtauschklausel vor. Aufgrund der Schuldenkrise der Beklagten führte deren Regierung im Jahr 2012 die Umschuldung einer Vielzahl ihrer Staatsanleihen durch. Hierzu unterbreitete sie zunächst den privaten Gläubigern von Anleiheserien, darunter auch die streitgegenständlichen Anleihen, das Angebot, die Anleihepapiere zu einem um 53,5 % verringerten Nennwert gegen neue Anleihen umzutauschen. Dieses Angebot wurde seitens der Kläger nicht angenommen. Als flankierende Maßnahme verabschiedete das griechische Parlament im Februar 2012 das Gesetz 4050/2012 (Greek Bondholder Act), wonach auch diejenigen Anleihegläubiger, die das Umtauschangebot nicht annehmen sollten, in den Umschuldungsprozess mit einzubeziehen waren. Voraussetzung hierfür war, dass die Anleihegläubiger über den Umtausch der teilnehmenden Anleihepapiere mit einem Quorum von 50 % des ausstehenden Nennbetrages dieser Titel abstimmen würden. Ferner musste für die Annahme des Vorschlages eine 2/3 Mehrheit erreicht werden. Damit schuf das Gesetz 4050/2012 den Rahmen für eine nachträgliche Änderung der Anleihebedingungen durch Mehrheitsentscheidung der Anleihegläubiger. In der Folgezeit stimmten die Anleihegläubiger der "Eligible Titles" über die vorgeschlagene Änderung ab. Mit Beschluss vom 09.03.2012 bestätigte der Gouverneur der griechischen Zentralbank, dass mit der Zustimmung von 91,05 % des ausstehenden Gesamtbetrages das Quorum erreicht wurde (die Kläger bestreiten das Erreichen der erforderlichen Quote). Mit Beschluss vom 09.03.2012 billigte der Ministerrat die durch den Beschluss des Gouverneurs der griechischen Zentralbank mitgeteilte Entscheidung der Anleihegläubiger. Dies hatte zur Folge, dass der Gläubigerbeschluss von Gesetzes wegen allgemeingültig wurde, d. h. dass alle Anleihegläubiger der "Eligible Titles" an den Gläubigerbeschluss gebunden waren. Am 12.03.2012 wurden deshalb alle betroffenen Anleihepapiere durch die griechische Zentralbank eingezogen, sämtliche aus ihnen resultierende Rechte und Pflichten erloschen. Im Gegenzug wurden die ersatzweise zur Verfügung gestellten neuen Anleihen in das System eingebucht. Auch die Anleihen der Kläger wurden im März 2012 aus den jeweiligen Depots ausgebucht.
Die gegen ihren Willen umgetauschten Anleihen veräußerten die Kläger zu 8) teilweise und der Kläger zu 12) vollständig. Der Kläger zu 4), dessen ursprüngliche Anleihe noch nicht vertragsgemäß fällig war, hat die außerordentliche Kündigung der Anleihen mit der Begründung erklärt, dass die Beklagte sich durch den Zwangsumtausch grob vertragswidrig verhalten habe.
Die Kläger haben in erster Instanz Zahlungsklagen in Höhe der Nominalwerte ihrer ursprünglichen Anleihen zuzüglich Zinsen und abzüglich vereinnahmter Zahlungen und Veräußerungserlöse geltend gemacht, soweit die neuen Anleihen nicht veräußert wurden Zug um Zug gegen Gestattung deren Rückbuchung. Darüber hinaus haben die Kläger neben den Prozesszinsen auf die jeweilige Hauptforderung die Feststellung begehrt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auch die verauslagten Gerichtskosten zu verzinsen.
Die Kläger haben gemeint, dass der Zulässigkeit ihrer Klage nicht die Staatenimmunität entgegenstehe. Nach nahezu einhelliger Staatenpraxis werde Immunitätsschutz lediglich für den Kernbereich hoheitlichen Handelns gewährt. Hier werde jedoch ein rein zivilrechtliches Handeln angegriffen, nämlich die Kapita...