Verfahrensgang
AG Siegburg (Entscheidung vom 30.06.1999; Aktenzeichen 31 F 454/98) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 11.3.1999 verkündete Urteil des Amtsgerichts – Familiengericht – Siegburg – 31 F 454/98 – abgeändert.
Die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein nach § 91 BSHG übergegangener Unterhaltsanspruch der Mutter der Beklagten zu. Grundlage eines etwaigen Unterhaltsanspruchs der Mutter der Beklagten sind die §§ 1601 ff BGB. Nach § 1603 Abs. 1 BGB ist nicht unterhaltspflichtig, wären bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außerstande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Beklagte verfügt unstreitig über kein eigenes Erwerbseinkommen. Die Klägerin meint, es sei von Einnahmen der Beklagten aus Kapital auszugehen. Da die Klägerin aber in erster Instanz vorgetragen hat, die Beklagte sei ihrem Verlangen, Auskunft über ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen, nachgekommen, muß die Klägerin konkret vortragen, welche Einkünfte die Beklagte aus Kapital hat. soweit die Klägerin behauptet, die Eheleute hätten eine Steuererstattung von 5.000,–DM erhalten, ist zu berücksichtigen, daß allein der Ehemann der Beklagten über Erwerbseinkünfte verfügte und die Steuererstattung allein ihm zugestanden hat. im übrigen hat die Beklagte durch Vorlage der Steuerbescheide vom 20.5.1997 und vom 8.4.1998 nachgewiesen, daß die Steuererstattung im Jahr 1997 lediglich 709,66 DM und im Jahr 1998 1.042,21 DM betragen hat.
Die Beklagte ist nicht verpflichtet, aus ihrer Teilhabe am Einkommen ihres Ehemannes ihrer Mutter den Unterhalt zu zahlen, wie die Klägerin meint. Da die Beklagte mit ihrem Ehemann zusammenlebt, hat sie keinen Anspruch auf eine Unterhaltsrente in Geld gemäß § 1361 Abs. 4 Satz 1 BGB. Ihr Anspruch auf Familienunterhalt gemäß §§ 1360, 1360a BGB ist überwiegend auf Naturalleistung gerichtet, wie auf Gewährung von Wohnung, Verpflegungsleistungen, Kleidung usw. (BGH FamRZ 1986, 668).
Eine Verwendung des möglicherweise der Beklagten gezahlten Wirtschaft- und Haushaltsgeldes scheidet aus, weil dieses nur treuhänderisch zur Verwendung für die Bedürfnisse der Familie überlassen wird (BGH a.a.O.) und daher für Zwecke der Unterhaltsgewährung an die Mutter der Beklagten nicht zur Verfügung steht.
Der Beklagten sind keine fiktiven Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit zuzurechnen. Die Beklagte ist am 27.9.1944 geboren, ist also jetzt rund 55 Jahre alt. Sie war nach ihrem unstreitigen Vortrag nur bis 1973 berufstätig. Nach dem Gebot des Sohnes am 20.8.1973 schied sie aus dem Erwerbsleben aus. In der Folgezeit betreute sie das gemeinschaftliche Kind und versorgte den Haushalt. Eine Erwerbstätigkeit ist ihr daher, anders als möglicherweise bei der Frage der Leistungsfähigkeit vor allem gegenüber minderjährigen Kindern und auch bei der Frage der Bedürftigkeit nach der Trennung oder nach der Scheidung der Ehepartner, nicht zuzumuten. Eltern müssen zwar regelmäßig damit rechnen, ihrem Kind – auch über die Vollendung des 18. Lebensjahres hinaus – Unterhalt zu gewähren, bis es eine – heute nicht selten langjährige – Berufsausbildung abgeschlossen hat und wirtschaftlich selbständig ist. Mit einer solchen, der natürlichen Generationenfolge entsprechenden Entwicklung kann nicht der Fall gleichgesetzt werden, daß Eltern nach ihrem Ausscheiden aus ihrem Erwerbsleben ihre Kinder, die selbst inzwischen gegründet haben, auf Unterhalt für ihren notwendigen Lebensbedarf in Anspruch nehmen müssen. Es entspricht auch verbreiteter Anschauung, daß zur Sicherstellung des Ausbildungsunterhalts für das gerade volljährig gewordene Kind dem Unterhaltspflichtigen größere Opfer angesonnen werden können, als wenn es etwa um die Heimkosten der Eltern geht. Damit wird einer grundlegend anderen Lebenssituation des zum Unterhalt herangezogenen Verwandten Rechnung getragen, der nicht mehr – wie das seine Ausbildung betreibende Kind – seine Lebensstellung noch von der des Unterhaltspflichtigen ableitet, sondern – oft seit langem – seine eigene Lebensstellung erlangt hat. Bei der Frage der Zumutbarkeit der Erwerbspflicht kommt ein weiterer Gedanke hinzu. Seit der Rentenreform von 1957 obliegt es dem im aktiven Erwerbsleben stehenden Kindern ohnehin bereits durch ihre Sozialversicherungsabgaben von rund 20 Prozent des Einkommens die ganze Elterngeneration im Alter angemessen zu versorgen. Diese vom Bundesgerichtshof (FamRZ 1992, 797) zur Bestimmung des angemessenen Lebensbedarfs eines Unterhaltspflichtigen gegenüber einem volljährigen Verwandten angestellten Erwägungen sind auch für die Frage der Zumutbarkeit Erwerbspflicht des Unterhaltspflichtigen heranzuziehen. Die Grundsätze der sogenannten Hausmannrechtsprechung sind auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber minderjährigen K...