Leitsatz (amtlich)
1. Ein Unterlassungsantrag, der losgelöst von der konkreten Verletzungsform auf ein allgemeines Verbot der Übermittlung sogenannter Positivdaten von Mobilfunknutzern an Wirtschaftsauskunfteien gerichtet ist, erweist sich als zu weitgehend, da jedenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine Datenübermittlung aus Gründen der Betrugsprävention bei datenschutzkonformer Ausgestaltung des Prozesses im berechtigten Interesse des Verantwortlichen im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. f DSGVO liegen kann.
2. Datenschutzhinweise, die in Erfüllung der sich aus Art. 13 und 14 DSGVO ergebenden Informationspflichten erfolgen und nicht zum Gegenstand einer vorformulierten Einwilligungserklärung gemacht werden, stellen keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen dar.
3. Ein auf § 25 TTDSG gestützter und auf die konkrete Verletzungsform bezogener Antrag kann gleichwohl wegen zu weiter Fassung unbegründet sein, wenn dem Anbieter der Telemedien durch Formulierungen im abstrakten Teil des Antrags eine bestimmte Gestaltung des Cookie-Banners bzw. des "Ablehnen"-Buttons aufgegeben wird.
4. Klauseln zu den Themen "Analytische Cookies" und "Marketing-Cookies" in den Datenschutzhinweisen, die in die vorformulierte Einwilligungserklärung auf dem Cookie-Banner einbezogen werden, dienen der Einholung der Einwilligung von Besuchern der Webseite zum Setzen bestimmter Cookies und zur Datenverarbeitung und nehmen von daher am Rechtscharakter der vorformulierten Einwilligungserklärung als AGB teil.
5. Klauseln im Cookie-Banner, die eine Drittlandübermittlung von Daten als durch Art. 49 Abs. 1 S. 1 lit. b DSGVO gedeckt darstellen, sind nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, wenn der Erlaubnistatbestand der DSGVO nicht einschlägig ist, weil die durch Cookies erhobenen Daten zu Marketing- und Analysezwecken nicht der Vertragserfüllung, sondern eigenen wirtschaftlichen Zwecken des Verantwortlichen dienen sollen.
6. Dynamische IP-Adressen, die ein Anbieter von Online-Diensten speichert und an einen ausländischen Suchmaschinenbetreiber übermittelt, können personenbezogene Daten sein, wenn - zum Beispiel im Falle von Cyber-Angriffen mit Hilfe der Strafverfolgungsbehörden - die betreffende Person anhand der gespeicherten IP-Adressen bestimmt werden kann.
7. Zur Zulässigkeit der Datenübertragung in die USA vor und nach dem unter dem 10.07.2023 gefassten Beschluss der EU-Kommision mit dem Titel "EU US Data Privacy Framework"
Normenkette
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1; DSGVO Art. 6 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. f), Art. 46, 49 Abs. 1 S. 1 lit. b)
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 33 O 376/22) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird das Urteil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 23.03.2023 (33 O 376/22) teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt - unter Beibehaltung der Nummerierung der Klageanträge aus der Klageschrift - neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, wobei die Ordnungshaft an ihrem jeweiligen gesetzlichen Vertreter zu vollziehen ist und insgesamt zwei Jahre nicht übersteigen darf,
d) im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern zu unterlassen, bei Nutzung der Website www.u.de, insbesondere beim Einsatz von Cookies und ähnlichen Technologien, zu Analyse- und Marketingzwecke, personenbezogene Daten von Verbrauchern in Drittländer zu übermitteln, sofern weder (1) ein Angemessenheitsbeschluss nach Art. 45 DSGVO vorliegt, noch (2) geeignete Garantien nach Art. 46 DSGVO vorgesehen sind, noch (3) eine Ausnahme nach Art. 49 DSGVO vorliegt, wenn dies geschieht wie im Schriftsatz vom 04.01.2023 auf Blatt 6 - 8 unter bb) wiedergegeben (Bl. 210 - 212 d.A.):
((Abbildungen))
e) zu unterlassen, die nachfolgende (in Anführungszeichen gesetzte) oder eine inhaltsgleiche Klausel in Bezug auf Datenschutzhinweise für Verbraucher zu verwenden und sich bei bestehenden Verträgen darauf zu berufen:
"Analytische Cookies
Diese Cookies helfen uns, das Nutzungsverhalten besser zu verstehen. Analysecookies ermöglichen die Erhebung von Nutzungs- und Erkennungsmöglichkeiten durch Erst- oder Drittanbieter, in so genannten pseudonymen Nutzungsprofilen. Wir benutzen beispielsweise Analysecookies, um die Zahl der individuellen Besucher einer Webseite oder eines Dienstes zu ermitteln oder um andere Statistiken im Hinblick auf den Betrieb unserer Produkte zu erheben, als auch das Nutzerverhalten auf Basis anonymer und pseudonymer Informationen zu analysieren, wie Besucher mit der Webseite interagieren. [...] Rechtsgrundlage für diese Cookies ist [...] bei Drittstaaten Art. 49 Abs. 1 b DSGVO."
f) zu unterlassen, die nachfolgende (in Anführungszeichen gesetzte) oder eine inhaltsgleiche Klausel in Bezug auf Datenschutzhinweise für Verbraucher zu verwenden und sich bei bestehenden Verträgen darauf zu b...