Leitsatz (amtlich)
Zur Ausbeutung des Rufs einer Damenhandtasche (hier: „Kelly-Bag”), wenn Herkunftstäuschungen ausscheiden, weil dem Verkehr geläufig ist, dass ihm auf dem Markt für Handtaschen neben dem Original auch dessen Kopien begegnen.
Normenkette
UWG § 1
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 81 O 74/02) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Antragstellerin wird das am 12.7.2002 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG K. – 81 O 74/02 – abgeändert.
Die Antragsgegnerinnen werden verurteilt, es zwecks Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten zu unterlassen, Damenhandtaschen, wie nachstehend abgebildet – auch aus anderem Leder und/oder in anderer Farbe – feilzuhalten, zu bewerben, anzubieten und/oder sonst in den Verkehr zu bringen
2. Die Kosten des Rechtstreits in beiden Instanzen haben die Antragsgegnerinnen zu tragen.
3. Das Urteil ist mit seiner Verkündung rechtskräftig.
Der Darstellung eines Tatbestandes bedarf es gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO i.V.m. § 542 Abs. 2 ZPO nicht.
Gründe
Die formell einwandfreie, insgesamt zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg.
Das Rechtsmittel der Antragstellerin führt zu der aus dem Urteilstenor ersichtlichen Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Soweit das LG darin die zunächst im Beschlussverfahren erlassene einstweilige Verfügung aufgehoben hat, mit der es den Antragsgegnerinnen untersagt worden ist, eine Damenhandtasche in der aus der Anlage AS 8 ersichtlichen Gestaltungsform in den Verkehr zu bringen, hält das den mit der Berufung vorgebrachten Einwänden der Antragstellerin nicht stand. Das von der Antragstellerin begehrte und in der – aufgehobenen – Beschlussverfügung seinerzeit titulierte Verbot stellt sich vielmehr als berechtigt dar. Die Antragstellerin kann von den Antragsgegnerinnen gem. § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung Unterlassung des Inverkehrbringens des beanstandeten Taschenmodells verlangen, das als Nachahmung des als „K.-Bag” bekannten Modells einer H.-Damenhandtasche einzuordnen ist.
I. Die Antragstellerin ist prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert, den vorstehenden, aus den Grundsätzen des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes hergeleiteten Unterlassungsanspruch geltend zu machen.
Sie hat durch Vorlage der eidesstattlichen Versicherung des Rechtsanwalts M. vom 12.5.2002 nebst Anlagen (Anlage AS 15) glaubhaft gemacht, dass sie Herstellerin der in Abbildungen und in der Ausführung gem. Anlage AS 28 im Original vorgelegten „K.-Bag” ist, als deren unlauter in den Verkehr gebrachte Nachahmung die streitbefangene Tasche gem. Anlage AS 8 angegriffen wird. Soweit – wie im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat im Einzelnen erörtert – in anderen Verfahren, in denen ebenfalls das Inverkehrbringen einer als Nachahmung der H.-K.-Bag angegriffenen Damenhandtasche zur Unterlassung begehrt wird, nicht die Antragstellerin, sondern die H.I. Société en commandite par actions (im folgenden: H.I.) als Herstellerin der in Frage stehenden K.-Bag bezeichnet ist (vgl. die in dem Parallelverfahren 6 U 95/02 = 84 O 163/01 LG K. zur Akte gereichten Anlagen K 17 ff.), vermag das an der dargestellten Beurteilung nichts zu ändern. Der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin hat in der Berufungsverhandlung erläutert, dass die Nennung der H.I. in früheren Verfahren auf der ihm zu Beginn seiner Beratungstätigkeit für die H.-Gruppe gegebenen Information beruht habe, dass H.I. die maßgebenden Daten des Herstellungsprozesses vorgebe; erst später habe er erfahren, dass nach dem Organigramm des Konzerns H.S. tatsächlich die Antragstellerin das für die Herstellung verantwortliche Unternehmen sei. Um eben solche „frühere Verfahren” handelt es sich bei den hier in Frage stehenden Prozessen, in denen statt der Antragstellerin noch die H.I. als „Produzentin und Vertreiberin” der H.K.-Bag angegeben ist. Ist damit die Position der Antragstellerin als Herstellerin der nachgeahmten Handtasche glaubhaft gemacht, so ist sie aber unmittelbar Verletzte der erwähnten beanstandeten Maßnahme und daher aus § 1 UWG berechtigt, deren Unterlassung zu fordern. Unmittelbar verletzt ist derjenige, in dessen geschützte Rechtsposition eingegriffen worden ist oder eingegriffen zu werden droht. Im Falle der Übernahme einer fremden Leistung – und ein solcher Sachverhalt liegt beim Inverkehrbringen einer Nachahmung vor – ist dies grundsätzlich derjenige, dessen Leistung nachgeahmt wird, also der Hersteller (vgl. BGH v. 18.10.1990 – I ZR 283/88, MDR 1991, 618 = GRUR 1991, 223 [224] – „Finnischer Schmuck” –; v. 14.4.1988 – I ZR 35/86, MDR 1988, 932 = CR 1988, 834 = GRUR 1988, 620 [621] – „Vespa-Roller”; Köhler/Piper, UWG, § 1 Rz. 491, 492 m.w.N.). Dass die Antragstellerin das nachgeahmte Erzeugnis im Ausland, nämlich in Frankreich produziert und den Vertrieb nicht selbst, sondern durch eine konzernzugeh...