Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 17 O 336/18)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 09.08.2019 verkündete Urteil des Landgerichts Köln (Az.: 17 O 336/18) einschließlich des ihm ab dem 19.07.2019 zugrundeliegenden Verfahrens aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Gericht des ersten Rechtszugs, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt, zurückverwiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Schadenersatzansprüche bezüglich des Erwerbs eines PKW A B 180.

Der Kläger erwarb am 27.03.2013 von der Beklagten in Köln den streitgegenständlichen PKW A B 180 CDI Blue Efficiency Sports Tourer (Fahrzeugidentifikationsnummer: B) als Neufahrzeug zum Kaufpreis von 25.789,00 EUR (Anlagen K1 und K 2). Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs OM 651 gemäß der Euro-5-Norm ausgestattet. Dieser verfügt über ein sogenanntes thermisches Fenster (auch: Thermofenster), das die Abgasrückführung bei bestimmten Außentemperaturen reduziert. Der Umfang der dynamisch berechneten Abgasrückführung ist daneben aber auch von anderen Parametern und Sensordaten abhängig. Die Beklagte verkauft Motoren des Typs OM 651 mit einem Hubraum von 1,8 Litern bis 2,1 Litern und Leistungsstufen von 109 PS bis 204 PS. Sie bot dem Kläger im März 2019 - in Folge des sogenannten Dieselgipfels der Bundesregierung - als "freiwillige Kundendienstmaßnahme" ein Software-Update an (Bl. 177 f. GA). Ein behördlicher Rückruf des in Rede stehenden KFZ erfolgte nicht. Bei Anhängigkeit der Klage wies das streitgegenständliche Fahrzeug eine Laufleistung von ca. 61.000 km auf. Im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht betrug die Laufleistung 72.320 km.

Der Kläger behauptet, der streitgegenständliche Motor verfüge - neben dem thermischen Fenster - auch über ein sogenanntes Defeat Device. Dies sei eine Software der Motorsteuerung, die erkenne, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand oder im realen Fahrbetrieb befinde. Auf dem Prüfstand erfolge dann eine relativ hohe Abgasrückführung, so dass die gesetzlichen Stickoxidemissionsgrenzen eingehalten würden. Im Normalbetrieb sei die Abgasrückführung geringer, so dass es zu einem höheren Stickoxidausstoß komme. Das thermische Fenster und das Defeat Device seien ursächlich für eine Überschreitung der gesetzlichen Stickoxidemissionsgrenzen durch das streitgegenständliche Fahrzeug. Der Kläger nimmt insoweit Bezug auf einen Auszug aus dem Bericht der Untersuchungskommission "Volkswagen" des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (Anlage K 3) und eine Abgasuntersuchung der C e.V. (Anlage K 4). Er ist der Auffassung, ihm stehe gegenüber der Beklagten aus § 826 BGB, aus den §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB, aus § 831 BGB, aus § 311 Abs. 2 Nr. 3 und Abs. 3 BGB und aus den §§ 823 Abs. 2 BGB, 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV ein Schadenersatzanspruch zu. Für den Fall der Saldierung einer Nutzungsentschädigung der Beklagten, hat er hilfsweise die Aufrechnung mit einem Zinsanspruch erklärt. Der Annahmeverzug ergebe sich aus dem Klageabweisungsantrag der Beklagten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 25.789,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 4 % seit dem 29.05.2013 und in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit, Zug-um-Zug gegen Übereignung und Übergabe des PKW A B 180 CDI Blue Efficiency Sports Tourer (Fahrzeugidentifikationsnummer: B), zu zahlen,

festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebotes gemäß dem Klageantrag zu 1. in Verzug befindet.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Darlegungen des Klägers zum thermischen Fenster und zum Defeat Device seien unsubstantiiert und nicht einlassungsfähig. Die Beklagte behauptet, eine Manipulationssoftware - wie im Motor des Typs EA 189 der Volkswagen AG - sei im streitgegenständlichen Fahrzeug nicht installiert. Das thermische Fenster diene alleine einer Vermeidung von Schäden am Motor und am Abgassystem i.S.v. Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a) der Verordnung (EG) 715/2007. Zudem halte der in Rede stehende PKW die gesetzlichen Grenzwerte für Schadstoffemissionen ein, die auf dem Prüfstand (und nicht im Straßenverkehr) zu messen seien. Die in den Anlagen K 3 und K 4 genannten Fahrzeuge unterfielen der Euro-6-Norm bzw. seien andere Modelle. Die Untersuchungen des Kraftfahrt-Bundesamtes zu Motoren des Typs OM 651 ließen keine Rückschlüsse auf den streitgegenständlichen Motor zu, weil es Motoren des Typs OM 651 in unterschiedlichen Ausführungen gebe. Im Übrigen müsse sich der Kläger eine Nutzungsentschädigung - auf der Grundlage einer Gesamtlaufleistung von 200.000 km - entgegenhalten lassen. Zudem erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.

Das Landgericht hat die Klage vollumfänglich abgewiesen, weil der Kläger ein deliktisch relevantes Verhalten der Beklagten - i...

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