Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 21.06.2023 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 25 O 117/20 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Das Versäumnisurteil des Landgerichts Köln vom 16.06.2020 - 25 O 117/20 - bleibt mit folgenden Maßgaben aufrechterhalten:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 2.380 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2019 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und sämtliche weiteren zukünftigen, derzeit noch nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden, die ihr aus den Operationen bei dem Beklagten vom 20.02.2018 und vom 11.10.2018 entstanden sind, derzeit entstehen und in Zukunft entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergangen sind oder übergehen werden.

Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

2. Der Beklagte trägt die Kosten seiner Säumnis in erster Instanz. Im Übrigen tragen die Klägerin zu 1/4 und der Beklagte zu 3/4 die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Klägerin zu 1/3 und der Beklagte zu 2/3.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die am 00.00.0000 geborene Klägerin stellte sich bei dem Beklagten, einem niedergelassenen Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, mit dem Wunsch nach einer Brustvergrößerung vor. Der Beklagte schlug der Klägerin den Einsatz von Brustimplantaten vor. Die Klägerin willigte ein. Der Eingriff fand am 20.02.2018 statt. Postoperativ klagte die Klägerin über Schmerzen im Bereich der linken Brust. Da die Schmerzen nicht nachließen und die Klägerin zudem mit dem optischen Ergebnis nicht zufrieden war, bot der Beklagte ihr einen Revisionseingriff an. Nach erteilter Operationseinwilligung der Klägerin wurde der Eingriff am 11.10.2018 durchgeführt. Beide Implantate wurden entfernt und durch neue, größere Implantate ersetzt. Auch nach dem Revisionseingriff war die Klägerin bei fortbestehenden Schmerzen mit dem optischen Ergebnis unzufrieden. Eine vom Beklagten angebotene erneute Revision lehnte die Klägerin ab.

Die Klägerin holte vorgerichtlich ein medizinisches Sachverständigengutachten von Prof. Dr. Q. ein (Gutachten vom 15.11.2019, Anlage K 4 zur Klageschrift), für welches Kosten in Höhe von 2.380 EUR anfielen.

Die Klägerin hat behauptet, sowohl die erste Operation vom 20.02.2018 als auch der Revisionseingriff vom 11.10.2018 seien nicht entsprechend den Regeln ärztlicher Kunst erfolgt. Die Implantattasche auf der linken Seite sei bei der ersten Operation zu klein gestaltet und das Brustimplantat zu hoch eingebracht worden, wodurch es zu einer sog. "Wasserfall-Deformität" gekommen sei. Auch bei der Revisionsoperation sei das nunmehr unter den Muskel eingesetzte linke Implantat zu hoch eingebracht worden. Das rechte Brustimplantat sei in der Folgezeit nach unten gerutscht. Die Klägerin hat behauptet, vor den Eingriffen nicht ausreichend aufgeklärt worden zu sein. Das Risiko dauerhaft verbleibender Schmerzen sei ihr nicht genannt worden. Sie leide bis heute unter den Operationsfolgen. Sie habe sehr starke Schmerzen im Bereich zwischen linkem Schlüsselbein, linker Achselhöhle bis hin zur linken Brustwarze. Die Schmerzen seien nicht nur bei Bewegung, Druck oder Berührung, sondern auch in Ruhe permanent vorhanden. Bei Belastung des linken Armes, z.B. beim Tragen von Einkaufstüten, bei Haushaltsarbeiten oder sportlicher Betätigung werde der Schmerz stärker und es bestehe ein permanentes Kältegefühl. Die linke Brust sehe sehr unnatürlich aus, insbesondere durch das zu hoch sitzende Implantat. Die massiven Dauerschmerzen und die optische Entstellung der Brüste belaste sie psychisch. Sie leide unter einem psychotraumatischen Stress- und Belastungssyndrom. Nachts wache sie sie immer wieder wegen Schmerzen auf. Ihren Nebenjob als Sporttrainerin habe sie aufgeben müssen.

Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift angekündigt zu beantragen,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld wegen fehlerhafter schönheitschirurgischer Behandlung zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 35.000 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 14.06.2019;

2. den Beklagte...

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