Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 08.01.2020 - 8 O 414/17 - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt insgesamt neu gefasst:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 31.352,81 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.10.2014 zu zahlen.
Die Klage im Übrigen wird abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz und den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 72 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 28 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird gestattet, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung jeweils in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Die Klägerin beansprucht nach einem Verkehrsunfall vom 01.08.2009 auf sie als Dienstherrin gemäß § 81 LBG NRW übergegangene Ansprüche des bei dem Unfallereignis geschädigten städtischen Feuerwehrbeamten R. A. auf Erstattung seines Erwerbsschadens. Streitgegenständlich sind die im Zeitraum vom 01.04.2011 bis zum 31.12.2016 gezahlten Gehälter und Versorgungsbezüge in Höhe von 123.528,77 EUR abzüglich von den Beklagten gezahlter 11.000,00 EUR, insgesamt 112.528,77 EUR.
Die Haftung der Beklagten für das Unfallereignis dem Grunde nach ist unstreitig. Der städtische Brandmeister erlitt im Wesentlichen komplexe Frakturen des rechten Handgelenks und des rechten Unterarms. Insbesondere die Fraktur des rechten Handgelenks verheilte nicht folgenlos; es verblieb bei länger andauernder oder starker Beanspruchung des Handgelenks eine Schmerzsymptomatik.
Der 1976 geborene Beamte, der über eine abgeschlossene Ausbildung zum Bankkaufmann verfügt und in diesem Beruf bis 1998 arbeitete, war seit dem Verkehrsunfall bis zum 11.04.2011 arbeitsunfähig. Ab dem 12.04.2011 wurde ein Arbeitsversuch zur Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess unternommen, zunächst mit auf 4 Stunden reduzierter Arbeitszeit, ab dem 30.04.2011 bis zum 27.05.2011 mit 6 Stunden täglich. Herr A. wurde im städtischen Feuerwehrdienst mit der Vorbereitung und Verwaltung von Brandschutzseminaren betraut. Er berichtete zeitnah über Beschwerden, insbesondere Schmerzen im rechten Handgelenk, sowie psychische Beeinträchtigungen wie Schlafstörungen, Panik, Herzrasen, Tinnitus, Schwitzen. Ab dem 21.06.2011 wurde dem Beamten durchgehend Dienstunfähigkeit attestiert.
Der Beamte wurde wegen Dienstunfähigkeit zum 30.04.2012 in den Ruhestand versetzt.
Vom 01.09.2012 bis zum 31.12.2015 arbeitete der Beamte bei der U. auf der Basis einer geringfügigen Tätigkeit als Betreuer einer Wohngruppe von Menschen mit Behinderung.
Im Februar 2013 fand eine amtsärztliche Überprüfung seiner Dienstunfähigkeit statt. Mit Schreiben vom 05.03.2013 (Anlage K 9, GA 46 f) führte der zuständige Amtsarzt Dr. Z. aus, dass sich trotz einer Regelpsychotherapie der psychische Zustand des Beamten nicht verbessert habe. Er sei unverändert nicht in der Lage, seinen Dienst wieder aufzunehmen. Eine Intensivierung der Behandlung sei zwingend erforderlich, auch eine fachärztlich-psychiatrische Behandlung angezeigt. Er empfahl eine erneute Überprüfung des Gesundheitszustands in drei Jahren.
Diese erneute amtsärztliche Überprüfung erfolgte im Februar 2016. Mit Schreiben vom 18.02.2016 (Anlage K 10, GA 48 ff) teilte der Amtsarzt der Klägerin mit, dass sich zwar der psychische Zustand des Beamten stabilisiert habe, jedoch sei es diesem nicht gelungen, eine ausreichend belastbare Distanz zu dem Themenkomplex "Feuerwehr Stadt L.", "Verwaltung Stadt L." und "Dienstfähigkeit" aufzubauen. Mit diesen Themen konfrontiert zeige Herr A. eine ausgeprägte innere Unruhe. Regressiv-trotzig werde eine rational nicht zu durchbrechende rigide Abwehrhaltung offensichtlich und emotional vorgetragen. An diesem Punkt zeige sich deutlich eine chronisch verfestigte und wahrscheinlich zukünftig nur schwer änderbare Grundhaltung. Aus amtsärztlicher Sicht sei davon auszugehen, dass eine erzwungene Dienstwiederaufnahme zu einer raschen und rapiden Verschlechterung des seelischen Gesundheitszustandes des Beamten führen würde und daher nicht durchsetzbar sei. Die vorliegende seelische Störung scheine so chronifiziert, dass aus amtsärztlicher Sicht nicht davon ausgegangen werden könne, dass künftig eine uneingeschränkte Dienstfähigkeit erreicht werden könne. Erschwerend komme hinzu, dass der Beamte festgestellt habe, dass er mit den derzeitigen Rahmenbedingungen durchaus in der Lage sei, ein zufriedenstellendes Leben zu führen. Die Motivation zur Rückkehr in den Dienst sei daher nicht stark ausgeprägt.
Erstinstanzlich haben die Parteien darüber gestritten, ob der Beamte dienstunfähig ist. Die Beklagten haben psychische Beschwerden des Herrn A. und deren Unfallursächlichkeit bestritten und eingewendet, dass die Klägerin...