Verfahrensgang

LG Bonn (Urteil vom 08.11.2013; Aktenzeichen 9 O 233/12)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 17.11.2015; Aktenzeichen VI ZR 476/14)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 8.11.2013 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Bonn - 9 O 233/12 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 1) zu 68 % und der Kläger zu 2) zu 32 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der am 0.0.1951 geborene Ehemann der Klägerin zu 1) und Vater des Klägers zu 2) (im Folgenden auch: Patient) befand sich seit dem Jahr 1993 bei dem Beklagten, einem Arzt für Innere Medizin, in hausärztlicher Behandlung. Die Behandlung des stark übergewichtigen Patienten erfolgte insbesondere wegen Bluthochdrucks, Diabetes und einer Störung des Fettstoffwechsels. Am 25.7.2001 führte der Beklagte ein EKG durch und beurteilte es als unauffällig.

Am 30.7.2007 stellte sich der Patient wegen einer zunehmenden Schwellung der Unterschenkel beim Beklagten vor. Der Beklagte stellte eine ausgeprägte Varicosis beider Beine fest und vereinbarte mit dem Patienten einen Gesundheits-Check-up. Am 3.8.2007 erfolgten u.a. eine Blutentnahme und die Anfertigung eines EKG. Am 9.8.2007 besprach der Beklagte die Ergebnisse mit dem Patienten. In der von ihm elektronisch geführten Karteikarte vermerkte er: "Erörterung: (...) bis auf EKG-Veränderungen i. S. V. a. KHK keine Befundänderung (...). Ergometrie, LZ-EKG u. ggf. Coro erforderlich." Am 14.8.2007 führte der Beklagte ein Echokardiografie und ein Belastungs-EKG durch. In dem vom Beklagten vorgelegten Ausdruck der Karteikarte heißt es: "Beratung: Bei Ergobefund, LZ-EKG bei V. a. intermitt. AA empfohlen. Ggf. Vorstellung in T zum Cardio MRT/Coro wobei Pat. diesbezüglich jedoch vorerst abwarten möchte."

Am 19.11.2007 stellte sich der Patient mit Beschwerden an den Hand- und Fußgelenken beim Beklagten vor. Am 22.11.2007 suchte er ihn wegen eines Hautabszesses auf.

Am 15.4.2008 klagte der Patient gegenüber dem Beklagten über eine Belastungsdyspnoe und Druck im Oberbauch. Am 16.4.2008 führte der Beklagte ein EKG und am 22.4.2008 ein Belastungs-EKG durch. Nach seiner Auswertung lag ein permanentes Vorhofflimmern vor. Die Entscheidung, ob die in den nächsten Tagen geplante Operation der Krampfadern in der Klinik für Gefäßchirurgie im Kreis B möglich war, sollte nach der Dokumentation des Beklagten durch den zuständigen Anästhesisten getroffen werden.

Nach einer Vorstellung des Klägers am 27.4.2008 und der Vorlage der EKG-Befunde stimmte der Anästhesist dem Eingriff nicht zu, worüber der Patient den Beklagten am 28.4.2008 informierte. Am 30.4.2008 stellte sich der Patient in der kardiologischen Ambulanz des I Klinikum T vor, wo der untersuchende Arzt nach einer Echokardiografie zur invasiv diagnostischen Abklärung riet.

Während des stationären Aufenthalts des Patienten im I Klinikum T vom 6.5.2008 bis 26.5.2008 wurde u.a. eine Herzkatheteruntersuchung durchgeführt, die den Befund einer operationspflichtigen koronaren Dreigefäßerkrankung mit hochgradigen Stenosen ergab. Ferner lagen eine ischämische Kardiomyopathie mit hochgradig reduzierter linksventrikulärer Funktion und ein persistierendes Vorhofflimmern vor.

Am 26.5.2008 wurde der Patient in das Herz- und Diabeteszentrum C verlegt, wo am 28.5.2008 ein Linksherzunterstützungssystem implantiert wurde. Am 5.6.2008 trat eine Hemiparese rechts auf. In der Computertomografie vom 8.6.2008 zeigten sich im Gehirn ein Mediateilinfarkt und ein Posterioinfarkt. Die Computertomografie vom 10.6.2008 ergab einen weiteren ischämischen Insult. Der Patient verstarb am 14.6.2008. In den Kliniken C2-Mitte fand eine Obduktion statt.

10. Die Klägerin zu 1), die Alleinerbin des Patienten ist, hat den Beklagten auf ein ererbtes Schmerzensgeld, das sie mit 44.000 EUR beziffert hat, und Erstattung von Beerdigungskosten i.H.v. 9.055 EUR in Anspruch genommen. Der Kläger zu 2) hat den Ersatz entgangenen Barunterhalts von 24.809,80 EUR verlangt. Ferner haben die Kläger die Zahlung vorgerichtlicher Anwaltskosten von 1.499,40 EUR begehrt. Sie haben dem Beklagten vorgeworfen, dass er seit dem Jahr 2001 keine EKG-Kontrollen vorgenommen habe, obwohl diese angesichts der kardialen Risikofaktoren geboten gewesen seien. Seit dem Jahr 2006 habe der Patient über zunehmende Schmerzen im Thoraxbereich geklagt. Im August 2007 habe erkennbar eine schwere Herzerkrankung vorgelegen. Der Beklagte habe weitere diagnostische Maßnahmen ergreifen und den Patienten an einen Kardiologen überweisen müssen. Stattdessen habe er ihm erklärt, dass alles in Ordnung sei. Auch im April 2008 habe der Beklagte aus den EKG-Befunden keine Konsequenzen gezogen.

Die Kläger haben beantragt, den Beklagten zu verurteilen,

1. ...

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