Verfahrensgang
LG Köln (Entscheidung vom 16.12.2004; Aktenzeichen 31 O 562/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 16.12.2004 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 562/04 - abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich des Revisionsverfahrens -I ZR 123/05 - hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Kostenerstattungsanspruchs durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Klägerin produziert und vertreibt seit Jahrzehnten Koffer aus Aluminium mit einem bestimmten Rillen-Design. Sie ist Inhaberin folgender, unter anderem für "Reise- und Handkoffer, Kosmetikkoffer (alle aus Aluminium oder Kunststoff)" eingetragener dreidimensionaler Marken:
Die Beklagte handelt mit Kosmetikartikeln. Sie lieferte an Parfümerien mit Kosmetika gefüllte Koffer aus metallisch wirkendem Kunststoff, die ein Rillen-Design aufwiesen (den Akten liegt ein Anschauungsstück an). Die Klägerin sieht im Vertrieb dieser Koffer eine Verletzung ihrer Markenrechte und eine wettbewerblich unlautere Nachahmung ihrer bekannten Koffermodelle. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Auskunft und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt; auf ihre Berufung hat der Senat mit Urteil vom 06.07.2005 die Klage abgewiesen. Auf die von ihm zugelassene Revision der Klägerin hat der Bundesgerichtshof das erste Berufungsurteil mit Urteil vom 30.04.2008 (GRUR 2008, 793 = WRP 2008, 1196 - Rillenkoffer) aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an den Senat zurückverwiesen.
Die Klägerin vertieft und ergänzt ihr bisheriges Vorbringen insbesondere zur Präsentation der angegriffenen Kosmetikkoffer in den Verkaufsstellen und zur Kennzeichnungskraft des Rillen-Designs ihrer Koffer; hierzu legt sie eine Verkehrsbefragung aus Oktober 2006 sowie Werbepublikationen dritter Unternehmen vor, in denen ihre Koffer als Requisiten verwendet werden. Die Beklagte, die ihr Klageabweisungsbegehren weiter verfolgt, verweist auf eine schon früher vorgelegte Verkehrsbefragung aus Dezember 2004, auf das Rillen-Design von Koffern anderer Anbieter sowie auf Gestaltungs- und Verwendungsbesonderheiten ihres Koffers.
II.
Die Berufung hat auch unter Zugrundelegung der rechtlichen Beurteilung im Revisionsurteil (§ 563 Abs. 2 ZPO) in der Sache Erfolg.
1. Für markenrechtliche Ansprüche der Klägerin unter dem Gesichtspunkt der Verwechslungsgefahr fehlt es an einer Verletzungshandlung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, denn es kann nicht festgestellt werden, dass die Kosmetik-Koffer der Beklagten markenmäßig benutzt werden.
a) Weil der Verkehr in der Form einer Ware regelmäßig vor allem die funktionelle und ästhetische Ausgestaltung der Ware selbst erkennt, hängt die Annahme, dass eine Aufmachung als Herkunftshinweis verstanden und somit markenmäßig verwendet wird, vom Vorliegen besonderer Umstände ab. Die gesteigerte Kennzeichnungskraft der Klagemarke kann ein solcher Umstand sein, weil der Kennzeichnungsgrad einer dreidimensionalen Marke Auswirkungen darauf hat, ob der Verkehr dieser Form einen Herkunftshinweis entnimmt, wenn er ihr als Form einer Ware begegnet (Revisionsurteil Rn. 15 ff., 18 m.w.N.).
aa) Im Streitfall verfügen die dem typischen Rillen-Design ihrer Koffer entsprechenden Marken der Klägerin nach ihrem eigenen Vorbringen jedoch über keine gesteigerte Kennzeichnungskraft. Den Kennzeichnungsgrad hat der Senat als Verletzungsgericht unter Abwägung aller in Betracht kommenden Faktoren selbständig zu bestimmen (vgl. BGH, GRUR 2007, 1071 = WRP 2007, 1461 [Rn. 24, 27] - Kinder II). Wie sich aus der von der Klägerin selbst vorgelegten Verkehrsbefragung ergibt, ist die den Klagemarken entsprechende Warenform (Bl. 355 f. d.A.) zwar grundsätzlich als geeignetes Merkmal zur Unterscheidung von anderen Koffern anzusehen. Marktpräsenz und Werbung (auch im Wege des "product placement") haben danach aber nicht dazu geführt, dass das Rillen-Design der Koffer überwiegend als Hinweis auf das (nicht notwendig namentlich bekannte) Unternehmen der Klägerin aufgefasst wird. Denn eine überdurchschnittliche Eignung der Form, die maßgeblichen Verkehrskreise auf die Herkunft der Koffer aus einem bestimmten Betrieb oder auf eine bestimmte Marke hinzuweisen, lässt sich der (richtig ausgewerteten) Umfrage gerade nicht entnehmen.
Maßgeblich für das demoskopische Ergebnis ist nicht der engere Verkehrskreis derjenigen (84 von 1.000 Befragten), die schon einmal einen Koffer für mehr als 200 EUR gekauft haben oder einen Kauf in dieser Preislage planen. Über diese (wenigen) Nachfrager hochwertiger Koffer hinaus sind vielmehr alle Verbraucher in die Betrachtung einzubeziehen...