Leitsatz (amtlich)
Eine Klausel in der Forderungsausfallversicherung, wonach der Versicherer den Versicherungsnehmer so stellt, "als hätte der Schadensersatzpflichtige als Versicherter Versicherungsschutz im Rahmen und Umfang der diesem Vertrag zu Grunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) und der zusätzlichen Bedingungen dieser Ziffer 18" BB PHV ist wegen Intransparenz unwirksam und führt deshalb nicht zur Leistungsfreiheit der Versicherers bei vorsätzlichem Handeln des Schädigers.
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 16.09.2015; Aktenzeichen 20 O 399/14) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Köln vom 16.09.2015 - 20 O 399/14 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verlangt aus einer Forderungsausfallversicherung Entschädigungsleistungen für eine titulierte Schadensersatzforderung gegen den Schädiger Herrn B, die er nicht realisieren konnte.
Zwischen den Parteien besteht ein Vertrag über eine Privathaftpflichtversicherung. Es finden die "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) PHA 400/05" (im Folgenden: AHB) und die "Besonderen Bedingungen zum Privathaftpflichtschutz PHA 433/05 (Familie optimal)" (im Folgenden: BB PHV) Anwendung.
§ 4 II 1. AHB lautet:
Ausgeschlossen von der Versicherung bleiben Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben [...].
In den BB PHV heißt es u.a. wie folgt:
18.1 Gegenstand des Versicherungsschutzes
Hat ein Versicherter [...]
* wegen Personen- oder Sachschäden berechtigte Schadensersatzansprüche
* und kann er diese berechtigten Forderungen gegen den Schadensersatzpflichtigen nicht oder nicht voll durchsetzen (Forderungsausfall - siehe Ziff. 18.3a),
so stellt ihn der Versicherer so, als hätte der Schadensersatzpflichtige als Versicherter Versicherungsschutz im Rahmen und Umfang der diesem Vertrag zu Grunde liegenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) und der zusätzlichen Bedingungen dieser Ziffer 18.
Der Versicherer prüft die Haftpflichtfrage und leistet den Ersatz der Entschädigung, welche der Schadensersatzpflichtige aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts nach dem Recht eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union [...] zu erbringen hat.
[...]
18.3 Leistungsvoraussetzungen
Voraussetzung für eine Versicherungsleistung ist, dass
a) der Schadensersatzpflichtige zahlungs-/leistungsunfähig ist; dies liegt vor, wenn aufgrund eines Urteils nach einem streitigen Verfahren [...]
- eine Zwangsvollstreckung nicht zur vollen Befriedigung geführt hat [...].
- eine Zwangsvollstreckung aussichtslos erscheint [...]
- ein gegen den Schadensersatzpflichtigen durchgeführtes [...] Insolvenzverfahren nicht zur vollen Befriedigung geführt hat [...]
b) dem Versicherer [...] alle Umstände des Versicherungsfalls [...] gemeldet werden und der Versicherer die gesetzliche Haftpflicht des Schadensersatzpflichtigen anerkennt;
c) an den Versicherer die Ansprüche gegen den Schadensersatzpflichtigen in Höhe der Versicherungsleistung abgetreten werden, die vollstreckbare Ausfertigung des Urteils ausgehändigt und an deren erforderlichen Umschreibung auf den Versicherer mitgewirkt wird. [...]
Die Leistungsvoraussetzungen sind dem Versicherer zu belegen und nachzuweisen (z.B. [...] Vorlage eines rechtskräftigen Urteils [...]
Am 01.05.2010 verletzte Herr B den Kläger. Der Kläger verlor das Sehvermögen auf dem linken Auge.
Mit Urteil vom 15.03.2012 verurteilte das LG Bonn - 4 O 92/11 - Herrn B, an den Kläger aufgrund dieses Vorfalls Schadensersatz in Höhe von 79.547,73 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab dem 29.09.2011 zu zahlen. Es wurde festgestellt, dass die Forderungen aus einer seitens Herrn B begangenen vorsätzlichen unerlaubten Handlung herrühren. Zur Begründung führte das LG aus, Herr B habe nicht bewiesen, den unstreitigen Schlag in einer Notwehrsituation verübt zu haben. Der Schlag sei für die Verletzungsfolgen auch ursächlich. Es sei davon auszugehen, dass Herr B bei Ausführung des Schlages noch ein Glas in der Hand gehalten habe; er hafte aber auch, wenn sich der Kläger die Verletzung erst bei dem Sturz zugezogen haben sollte. Nach Zurückweisung der Berufung des Herrn B durch den Senat mit Urteil vom 15.08.2013 - 9 U 65/12 -ist dieses Urteil mittlerweile rechtskräftig. In einem strafgerichtlichen Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung sprach das AG Siegburg Herrn B mit Urteil vom 15.05.2012 - 231 Ls - 554 Js 439/10 - 4/11 - frei: Zwar hab...