Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 9 O 396/17)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das am 02.09.2020 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn - 9 O 396/17 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Erhöhungen des Monatsbeitrags im Tarif A zum 01.01.2012 um 45,00 EUR, zum 01.04.2013 um 39,00 EUR und zum 01.04.2016 um 94,99 EUR in der zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehenden Krankenversicherung mit der Versicherungsnummer KV 2xxx0xxx0 unwirksam sind und der Kläger nicht zur Zahlung des jeweiligen Erhöhungsbetrags verpflichtet ist.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 6.778,86 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 14.11.2017 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte dem Kläger zur Herausgabe der Nutzungen verpflichtet ist, die die Beklagte vor dem 01.11.2017 aus dem Prämienanteil gezogen hat, den der Kläger auf die Beitragserhöhungen im Tarif A zum 01.01.2012 um 45,00 EUR, zum 01.04.2013 um 39,00 EUR und zum 01.04.2016 um 94,99 EUR sowie im Tarif B zum 01.01.2011 um 10,00 EUR und zum 01.04.2016 um 9,90 EUR jeweils im Zeitraum vom 01.01.2014 bis zum 31.10.2017 gezahlt hat und dass diese herauszugebenden Nutzungen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 14.11.2017 zu verzinsen sind.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.025,55 EUR freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten beider Instanzen tragen der Kläger zu 21 % und die Beklagte zu 79 %.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in der privaten Krankenversicherung.

Der am xx.xx.1959 geborene Kläger ist bei der Beklagten privat krankenversichert. Er unterhielt bis zum 31.08.2011 unter anderem die Tarife C, D und E, danach unter anderem die Tarife A und F, wobei letzterer wegen längerer Arbeitsunfähigkeit des Klägers durch die Beklagte zum 19.06.2020 gekündigt wurde.

Streitig sind zwischen den Parteien folgende Beitragsanpassungen:

C 01.01.2010 45,15 EUR insgesamt: 145 EUR

C 01.01.2011 54,80 EUR

D 01.01.2010 25,80 EUR

D 01.01.2011 15,20 EUR

E 01.01.2010 4,05 EUR

A 01.01.2012 45,00 EUR

A 01.04.2013 39,00 EUR

A 01.04.2016 94,99 EUR

B 01.01.2011 10,00 EUR

B 01.04.2016 9,90 EUR

B 01.04.2017 7,13 EUR

Die für die streitgegenständlichen Prämienerhöhungen maßgeblichen Zustimmungen wurden durch den Treuhänder G erteilt.

Die Beklagte teilte dem Kläger die Erhöhungen jeweils durch vorherige Schreiben von November 2009, November 2010, November 2011 (vgl. insoweit Anlage K1, AH) und Februar 2013, Februar 2016 und Februar 2017 (vgl. insoweit Anlage B2, AH) nebst Anlagen mit.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.10.2017 forderte der Kläger die Beklagte zur unverzüglichen Rückzahlung der seiner Ansicht nach auf Grund unwirksamer Erhöhungen gezahlten Beitragsanteile in Höhe von 10.217,82 EUR binnen 14 Tagen ab Zugang auf (Anlage K2). Mit Schreiben vom 08.11.2017, dem vorprozessual tätigen klägerischen Prozessbevollmächtigten am 13.11.2017 zugegangen, wies die Beklagte die Zahlungsforderung des Klägers zurück.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung der Unwirksamkeit der genannten Beitragsanpassungen. Zudem fordert er die Verurteilung der Beklagten zur Rückerstattung von Prämienanteilen bis einschließlich Dezember 2017 und die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe aus diesen Prämienanteilen vor dem 01.11.2017 gezogener Nutzungen, jeweils nebst Zinsen sowie die Verurteilung der Beklagten zur Freistellung von den vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Zur Begründung macht er geltend, die streitgegenständlichen Beitragsanpassungen seien entgegen § 203 Abs. 5 VVG nicht ordnungsgemäß von der Beklagten begründet worden. Außerdem seien die streitgegenständlichen Prämienerhöhungen auch materiell unwirksam.

Die Klageschrift ist am 22.12.2017 bei dem Landgericht eingegangen, die Zustellung bei der Beklagten am 22.01.2018 erfolgt (Bl. 31R GA). In der dem Kläger am 07.03.2018 zugestellten Klageerwiderung begründete die Beklagte die ihrer Auffassung nach wirksamen streitgegenständlichen Prämienerhöhungen mit einem Anstieg der Leistungsausgaben und teilte den jeweiligen auslösenden Faktor mit. Sie hat außerdem die Einrede der Verjährung erhoben. Hinsichtlich der Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragsanpassungen im Tarif B haben die Parteien den Rechtsstreit erstinstanzlich übereinstimmend für erledigt erklärt.

Das Landgericht hat in seinem von beiden Parteien angegriffenen Urte...

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