Entscheidungsstichwort (Thema)
"Holland-Preise" in deutscher Apotheke
Leitsatz (amtlich)
1. Die deutschen Arzneimittelpreisvorschriften sind auf den Medikamenten-Versandhandel ausländischer Apotheken nicht anwendbar (wie OLG Hamm MMR 2005, 101 und BSG PharmaR 2008, 595; gegen OLG Frankfurt WRP 2008, 969 und OLG Hamburg, Urt. v. 19.2.2009 - 3 U 225/06).
2. Ein Geschäftsmodell, demzufolge in einer deutschen Apotheke bestellte Arzneimittel binnen Tagesfrist per Kurier im Namen und für Rechnung des Kunden aus den Niederlanden zu der deutschen Apotheke transportiert und zum "Holland-Preis" abgegeben werden, stellt nicht per se eine missbräuchliche Umgehung der inländischen Apothekenpreisverbindung dar.
3. In der Werbung für das vorgenannte Geschäftsmodell mit dem Satz "10 % Preisvorteil auf alle in Deutschland erhältlichen rezeptpflichtigen Medikamente" liegt weder ein Verstoß gegen § 7 UWG noch eine unangemessene Einflussnahme auf die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher i.S.v. § 4 Nr. 1 UWG.
Normenkette
AMG § 78 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2; AMPreisV § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 S. 1; ApoG § 11a; HWG § 7; UWG § 4 Nrn. 1, 11
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 23.10.2008; Aktenzeichen 31 O 353/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 23.10.2008 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 353/08 - abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat der Kläger zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Der klagende Wettbewerbsverein nimmt die beklagten Apotheker auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten wegen eines von ihnen im April 2008 verteilten (im Tenor des angefochtenen Urteils eingeblendeten) Werbeprospekts in Anspruch, in dem unter der Überschrift N. Vorteil24 - günstige "Holland-Preise" für folgenden Einkaufsservice geworben wird:
1. Sie gehen in Ihre Vorteil24 Apotheke und bestellen die von Ihnen benötigten Medikamente.
2. Schon am nächsten Tag können Sie dort Ihre deutschen Originalpräparate abholen.
3. Den günstigen "Holland-Preis" bezahlen Sie direkt in Ihrer Vorteil24 Apotheke vor Ort.
4. Wenn Sie Fragen zu Ihren Medikamenten haben, wenden Sie sich direkt an die freundlichen Mitarbeiter in Ihrer Vorteil24 Apotheke.
Auf der nächsten Seite heißt es u.a.:
... und das sind Ihre Vorteile: (...)
10 % Preisvorteil **
auf alle in Deutschland erhältlichen rezeptpflichtigen Medikamente.
100 % Service und Beratung
durch die freundlichen Mitarbeiter Ihrer Apotheke vor Ort. (...)
** Ihr Preisvorteil ist mindestens 3 EUR höchstens 25 EUR pro Packung ggü. der deutschen Arzneimittelpreisverordnung.
Für den Einkaufsservice (Transport Ihrer Bestellung von Holland in Ihre Vorteil24 Apotheke) zahlen Sie nur 0,50 EUR pro Bestellung egal wieviele Artikel Sie bestellen.
Auf der vorletzten Prospektseite wird mitgeteilt, dass die Kunden den N. Vorteil24 in sechs Apotheken im Bergischen Land - darunter in denen der Beklagten - erhalten können und es sich dabei um ein Angebot der N. Apotheke B. V. in Dinxperlo (Niederlande) handele.
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen, des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Entscheidungsbegründung verwiesen wird, hat das LG die Beklagten (nach Teilrücknahme der Klage) antragsgemäß verurteilt, die wiedergegebene Werbung mit einem 10-prozentigen Preisnachlass auf alle in Deutschland erhältlichen rezeptpflichtigen Medikamente zu unterlassen und den Aufwand des Klägers für ein Abmahnschreiben zu erstatten.
Mit ihrer auf Klageabweisung gerichteten Berufung machen die Beklagten geltend, dass keine dem Versandhandel vergleichbare Fallgestaltung vorliege, weil die Kunden die Medikamente selbst in den Niederlanden abholen könnten, und der Versandhandel ausländischer Apotheken ohnehin nicht der deutschen Arzneimittelpreisbindung unterliege. Der Kläger verteidigt unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die Entscheidung des LG.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache Erfolg. Ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch des Klägers gem. §§ 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG ergibt sich nach den Umständen des Streitfalles weder aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den deutschen Arzneimittelpreisvorschriften oder mit § 7 HWG noch aus §§ 3, 4 Nr. 1 UWG.
1. Das LG hat die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung auf einen Verstoß gegen die als Marktverhaltensregel i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG anzusehende (OLG Köln GRUR 2006, 88) Bindung der Apothekenpreise nach § 78 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 2 AMG, §§ 1 Abs. 1 Nr. 2, 3 Abs. 1 S. 1 AMPreisV (wonach die Apotheken bei Abgabe von Fertigarzneimitteln einen Festzuschlag von...