Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 03.04.2012; Aktenzeichen 3 O 127/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 3.4.2012 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Köln - 3 O 127/09 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 10.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.6.2006 zu zahlen.
Der Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin 1018,80 EUR vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.4.2009.
Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle zu - künftigen materiellen und zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhand- lung nicht objektiv absehbaren immateriellen Schäden wegen der fehler-
haften zahnärztlichen Behandlung in der Zeit vom 5.4.2000 bis zum 9.3.2005 zu ersetzen, soweit derartige Ansprüche nicht auf Sozialver-
sicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung der Klägerin sowie die Anschlussberufung des Beklagten werden zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Klägerin zu 67 %, der Beklagte zu 33 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 82 %, der Beklagte zu 18 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen fehlerhafter zahnärztlicher Behandlung in den Jahren 2000 bis 2005.
Die Klägerin begab sich am 5.4.2000 erstmals in die Behandlung des Beklagten wegen akuter Beschwerden, insbesondere persistierenden Verspannungen und Schmerzen in der rechten Körperseite, Kopfschmerzen, Bewegungseinschränkungen der Halswirbelsäule und Funktionsstörungen des Kiefergelenks (Geräusche). Der Beklagte behandelte sie dann wegen der Kiefergelenksproblematik mittels einer Schienentherapie. In der Zeit vom 19.5.2000 bis 28.3.2001 fertigte er insgesamt drei Tag- und 2 Nachtschienen für die Klägerin an. Im Juni 2001 entfernte er Füllungen aus dem Jahr 1997 und versorgte die Zähne 35, 36, 37, 38, 45, 46, 47 und 48 mit Kronen, bzw. Teilkronen aus Gold. Im November 2001 versorgte er die Zähne 13, 23, 34 und 44 mit Veneers zur Herstellung einer Eckzahnführung. Im Jahr 2002 wurden 3 der Veneers erneuert. Im Zeitraum vom 28.5.2002 bis 18.11.2004 gliederte der Beklagte sodann weitere 4 Aufbissschienen bei der Klägerin ein. Parallel wurde die Klägerin weiterhin manualtherapeutisch vom Physiotherapeuten S und schmerztherapeutisch vom Arzt M behandelt.
Am 15.12.2004 stellte sich die Klägerin bei Dr. T, einem Schmerz-Therapeuten vor, der neuralgiforme Attacken der rechten Gesichtshälfte neben chronisch anhaltenden Schmerzen bei jeder Kieferbewegung und Ausstrahlung in den Nacken und Schulterbereich als Beschwerden feststellte. Als Ursache vermutete er eine fehlerhafte Kiefergelenksregulation und überwies die Klägerin zur Funktionsdiagnostik und Therapie an Dr. C. Dieser stellte nach der Erstvorstellung der Klägerin am 3.2.2005 die Diagnose einer erheblichen Fehlokklusion der Zähne 28/38 mit Frühkontakt im linken Molarbereich und Nonokklusion (ca. 1 mm) in der rechten Stützzone. Die nachfolgende Behandlung vom 24.2.2005 bis Mai 2005 zum Okklusionsausgleich mit herausnehmbarer Aufbissschiene im Unterkiefer führte innerhalb weniger Wochen zu einer erheblichen Besserung der Schmerzsituation. Später erfolgte die Extraktion der 4 Weisheitszähne und Entfernung der vorhandenen Rekonstruktionen des Beklagten zur Einstellung der Okklusion. Mit Langzeitprovisorien konnte anschließend eine funktionell adäquate Kieferrelation mit gleichmäßigen Kontakten in den Stützzonen eingestellt und die Behandlung im August 2005 erfolgreich abgeschlossen werden.
Die Klägerin hat behauptet, der Beklagte habe notwendige Befunderhebung unterlassen, insbesondere nicht den bei den persistierenden Beschwerden erforderlichen Funktionstest durchgeführt. Er habe durch seine Behandlungsmaßnahme auch eine erhebliche Fehlokklusion der Klägerin verursacht. Auch das Abschleifen von 4 Zähnen zur Versorgung mit Veneers sei nicht medizinisch indiziert gewesen. Die Therapie des Beklagten habe daher keinerlei Besserung gebracht, sondern sogar zu einer deutlichen Intensivierung der Beschwerden geführt, was die Klägerin gegenüber dem Beklagten auch geäußert habe. Der Beklagte habe auch nie ihr gegenüber geäußert, dass sie kürzere Behandlungsintervalle einhalten müsse. Ansonsten hätte sie diese wahrgenommen, was ihr auch möglich gewesen sei. Während der gesamten Behandlungsdauer des Beklagten habe sie infolge dessen Fehlbehandlung unter erheblichen Beschwerden gelitten. Diese hätten sich im Laufe ...