Entscheidungsstichwort (Thema)
Einteignung von Grundbesitz in der ehemaligen DDR
Leitsatz (redaktionell)
Entschädigungsansprüche nach dem VermG sowie Ansprüche auf Rückübertragung und Rückgabe wegen der Enteignung eines ind er ehemaligen DDR gelegenen Grundstückes sind gemäß § 2033 I BGB dem Nachlass zuzurechnen. Dies gilt auch dann, wenn der Erbfall vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen eingetreten ist.
Normenkette
BGB § 2033 Abs. 1; VermG
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 03.05.2001; Aktenzeichen 2 O 443/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 3.5.2001 -2 O 443/00 – wird zurückgewiesen.
Die in der Berufungsinstanz erhobene Feststellungsklage wird abgewiesen.
Die Kosten des zweiten Rechtszugs werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Vater der Klägerin ist (als Nacherbe) Miterbe zu 1/5 nach einer am 22.10.1971 in der BRD verstorbenen Tante. Diese war Alleinerbin ihres am 17.7.1954 in der BRD verstorbenen Ehemannes, der Eigentümer mehrerer Grundstücke im Gebiet der ehemaligen DDR war. Die Grundstücke wurden in den 60er Jahren in Volkseigentum überführt. Seine Ansprüche bezüglich dieser Grundstücke hat der Vater der Klägerin im Jahr 1991 beim Amt für offene Vermögensfragen angemeldet. In der Folgezeit hat er mit seiner Tochter, der Klägerin, drei notarielle Verträge geschlossen:
- Am 9.5.1994 hat er die Ansprüche auf Rückübertragung, Rückgabe oder Entschädigung nach dem Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) schenkweise an die Klägerin abgetreten (GA 6 ff).
- Mit Vertrag vom 12.8.1994 wurde festgehalten, dass die Vertragsbeteiligten sich bei Abschluss des Vertrags vom 9.5.1994 stillschweigend darüber einig gewesen seien, dass mit der Schenkung ein Darlehensanspruch der Klägerin gegen ihren Vater in Höhe von 130.000 DM abgegolten gewesen sei (GA 20 ff).
- Mit Vertrag vom 19.10.1999 hat er schließlich seinen Erbteil am Nachlass der Tante auf die Klägerin übertragen (GA 23 ff).
Zwischenzeitlich (nämlich am 4.2.1998) hatte das Finanzamt L. die Anteilsrechte des Vaters der Klägerin am Nachlass seines Onkels und seiner Tante gepfändet und eingezogen (GA 37 ff). Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer Drittwiderspruchsklage gewandt. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf das Urteil des Landgerichts verwiesen, das die Klage abweist. Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr erstinstanzliches Begehren weiter, ergänzt um einen Hilfsantrag, mit dem sie festgestellt wissen möchte, dass die Pfändung nicht die ihr gemäß dem Vertrag vom 9.5.1994 übertragenen Ansprüche nach dem VermG betrifft.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Landgericht hat die Drittwiderspruchsklage zu Recht abgewiesen. Auch die im zweiten Rechtszug hilfsweise erhobene Feststellungsklage ist nicht begründet.
1.
Die erbrechtlichen Verhältnisse hinsichtlich des Erbanteils des Vaters der Klägerin am Nachlass seiner Tante beurteilen sich nach den Bestimmungen des BGB. Gemäß Art. 235 § 1 I EGBGB gilt das „bisherige” Recht, wenn – wie hier – der Erblasser vor dem Wirksamwerden des Beitritts der ehemaligen DDR verstorben ist, so dass ggfls. auch früheres DDR-Recht zur Anwendung kommen kann. Das Zivilgesetzbuch der DDR (ZGB) und das DDR-Gesetz über die Anwendung des Rechts auf internationale zivil-, familien- und erbrechtliche Beziehungen sowie auf internationale Wirtschaftsverträge (Rechtsanwendungsgesetz – RAG) haben hinsichtlich des Vorerbfalls aber bereits deshalb außer Betracht zu bleiben, weil sie erst im Jahre 1975 und somit nach dem Erbfall erlassen worden sind. Bis dahin galt das Erbrecht des BGB auch in der DDR (vgl. nur OLG Köln NJW 1998, 240). Unabhängig davon ist das ZGB aber auch deshalb nicht einschlägig, weil der Nachlass der Tante keine in der DDR belegenen Vermögenswerte umfasste. Als sie verstarb, war sie nicht mehr Eigentümerin der von ihrem vorverstorbenen Ehemann geerbten Grundstücke, da diese zuvor in Volkseigentum überführt worden waren. Auch Rückübertragungs- oder Entschädigungsansprüche standen ihr nicht zu, da diese erst mit Inkrafttreten des VermG am 29.9.1990 originär in der Person des an diesem Stichtag Berechtigten entstanden (BGHZ 131, 22, 28 m.w.N.; Palandt/Heldrich, BGB, 60. Aufl., § 25 EGBGB RN 24a m.w.N.).
Aus Letzterem folgt, dass auch der 1980 eingetretene Nacherbfall dem Recht des BGB unterliegt.
2.
Die Drittwiderspruchsklage ist unbegründet, da der Klägerin an dem gepfändeten Erbanteil, der ursprünglich ihrem Vater zustand, kein die Veräußerung hinderndes Recht erworben hat.
a) Durch den Vertrag vom 19.10.1999 hat die Klägerin im Verhältnis zum beklagten Land den Erbanteil nicht wirksam erworben. Der Übertragungsakt ist nämlich infolge der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 4.2.1998 gem. § 135 I BGB i.V.m. § 829 I 2 ZPO relativ unwirksam.
b) Aus der notariellen Vereinbarung vom 9.5.1994 kann die Klägerin ein die Veräußerung hinderndes Recht...