Entscheidungsstichwort (Thema)
Endlos surfen
Leitsatz (amtlich)
Irreführend wirbt, wer einen Smartphone-Tarif als "Daten-Flat" ankündigt, ohne deutlich auf die extreme Drosselung der Übertragungsrate ab einer bestimmten Datenmenge pro Monat hinzuweisen; bei allgemeiner Anpreisung eines solchen Tarifs ("Endlos surfen ohne Vertrag") kann es allerdings genügen, wenn der Hinweis unmittelbar der Preisangabe zugeordnet ist.
Normenkette
UWG §§ 5, 5a
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 12.03.2013; Aktenzeichen 11 O 37/12) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das am 12.3.2013 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Bonn - 11 O 37/12 - teilweise abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000 EUR, ersatzweise von Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu vollziehen an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen, wie nachstehend wiedergegeben mit dem Hinweis
"Daten-Flat mit bis zu 7,2 Mbit/s"
zu werben:
((Abbildungen entfernt))
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 219,35 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.9.2012 zu zahlen.
3. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung ihrerseits Sicherheit leistet. Die Sicherheit beträgt hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs 12.500 EUR, im Übrigen für die der Vollstreckung ausgesetzte Partei 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags, für die andere Partei 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger hält Werbeauslobungen der Beklagten für ihr verschiedene Telekommunikationsleistungen umfassendes Angebot "Xtra 3-fach Flat", nämlich die im Internet und auf Plakaten verbreitete Angabe "Endlos surfen" und die Angabe in der Beschreibung des Tarifs auf einer Unterseite des Internetauftritts der Beklagten "Daten-Flat mit bis zu 7,2 Mbit/s", für irreführend; dem Verbraucher werde nicht hinreichend deutlich mitgeteilt, dass die Beklagte in dem Tarif im Mobilfunkbereich ab einem Übertragungsvolumen von 100 MB pro Monat eine Drosselung der Datenübertragungsrate auf max. 64 Kbit/s im Download und max. 16 Kbit/s im Upload vornimmt. Das LG, auf dessen Feststellungen Bezug genommen wird, hat die Klage abgewiesen. Im Berufungsrechtszug verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Anträge weiter, während die Beklagte die angefochtene Entscheidung verteidigt.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg.
Das LG, auf dessen Erwägungen der Senat Bezug nimmt, hat einen Unterlassungsanspruch des Klägers aus §§ 3 Abs. 1 und 2, 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1, 5a Abs. 2 und 3 Nr. 1 und 4, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG zu Recht verneint, soweit sich die Klage auf die Werbeangabe "Endlos surfen" in der konkreten Form bezieht. In Bezug auf die Angabe "Daten-Flat mit bis zu 7,2 Mbit/s" erweist sich die Berufung dagegen als begründet.
1. Die angegriffene Werbeaussage "Endlos surfen" begegnet den angesprochenen Verbrauchern - wie vom LG zutreffend bemerkt - nicht isoliert, sondern einerseits als Teil der Schlagzeile "Endlos surfen ohne Vertrag" in einer mehrere Angebote der Beklagten umfassenden Übersicht auf ihrer Internetseite und andererseits innerhalb der Plakatüberschrift "endlos surfen. Ohne vertrag". Hier wie dort liegt der Akzent der reklamehaften, offenkundig keinesfalls wörtlich zu verstehenden Anpreisung auf der fehlenden langfristigen Vertragsbindung (obwohl selbstverständlich auch bei Buchung dieses Tarifs ein Vertrag zustandekommt) bei gleichzeitig fehlender Begrenzung auf eine genau abzurechnende Kommunikationsdauer oder Datenmenge (obwohl das Pauschalangebot selbstverständlich nur für den Zeitraum gilt, für den es gebucht wird). Die von den durchschnittlich informierten Interessenten auch so verstandene Hauptaussage der Werbung besteht also in der Ankündigung einer "Prepaid-Flatrate", nicht in dem Versprechen, der Kunde könne das Internet ohne jegliche Begrenzung nutzen. Insbesondere wird der verständige Verbraucher danach nicht ohne weiteres erwarten, dass der Tarif ihm eine unbegrenzte Datenübertragung in gleichbleibender Geschwindigkeit erlaube. In dem vom OLG Koblenz mit Urt. v. 8.5.2013 - 9 U 1415/12 - entschiedenen Fall mag der Anpreisung "unbegrenzt im Internet surfen" nach den Umständen ein anderer objektiver Aussagegehalt beizulegen gewesen sein.
Auch im Streitfall kann die unklare und vollmundige Angabe "Endlos surfen" allerdings Fehlvorstellungen über die Möglichkeiten und Grenzen der Internetnutzung im Rahmen des angebotenen Tarifs begünstigen, weshalb sie erläuterungsbedürftig erscheint. Ausrei...