Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 29.09.2006; Aktenzeichen 1 O 550/05) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufungen der Klägerin zu 1) gegen das Urteil des LG Bonn vom 29.9.2006 - 1 O 550/05 - und der Klägerin zu 2) gegen das Urteil des LG Bonn vom 29.9.2006 - 1 O 524/02 - werden zurückgewiesen.
Die Klägerinnen tragen die Kosten des Berufungsverfahrens und zwar die Klägerin zu 1) nach einem Streitwert von 7.677.999 EUR, die Klägerin zu 2) nach einem Streitwert von 1.857.107,50 EUR.
Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerinnen können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Mit ihren Klagen begehren die Klägerinnen Schadensersatz wegen der Verletzung europäischen Gemeinschaftsrechts bei der Inkraftsetzung der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht gemäß der Verpackungsverordnung a.F. (künftig VerpackV a.F.) für bestimmte Einweg-Getränkeverpackungen, die am 1.1.2003 wirksam geworden ist.
Die Klägerinnen sind Hersteller und Abfüller von Erfrischungsgetränken mit Sitz in Österreich, die ihre Produkte in Einwegverpackungen abfüllen und in den Verkehr bringen. Einen erheblichen Teil ihrer Umsätze erzielen sie mit dem Export ihrer Produkte nach Deutschland, wo diese Getränke ganz überwiegend als Handelsmarken über große Handelsketten vertrieben werden. Hinsichtlich der dabei anfallenden Verpackungen waren die Klägerinnen bis zum 1.1.2003 an das Rücknahme- und Entsorgungssystem "Duales System Deutschland" angeschlossen, weshalb sie entsprechend der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Fassung der Verpackungsverordnung von der darin enthaltenen Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht befreit waren.
Diese in der VerpackV a.F. enthaltene Befreiung von der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht für Einweggetränkeverpackungen stand nach der Verordnung unter dem Vorbehalt, dass für bestimmte Getränke bundesweit durchschnittlich im Kalenderjahr eine Quote von Mehrwegverpackungen i.H.v. 72 % nicht unterschritten wurde; die entsprechenden Quoten wurden von der Beklagten jährlich im Bundesanzeiger bekannt gegeben. Nach wiederholter Unterschreitung der Mehrwegquote ab dem Jahre 1997, die sich bei der nach der VerpackV a.F. vorgesehenen Nacherhebung auch für die Zeit ab dem Jahr 1999 bestätigte, gab die Beklagte aufgrund eines Kabinettsbeschlusses vom 20.3.2002 bekannt, dass sie durch förmliche Veröffentlichung der Nacherhebungsergebnisse beabsichtige, den in der VerpackV a.F. enthaltenen Mechanismus zum Widerruf der Befreiung von der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht auszulösen. Die sodann am 2.7.2002 im Bundesanzeiger erfolgte Veröffentlichung hatte entsprechend den Regelungen in § 9 VerpackV a.F. zur Folge, dass die Befreiung von der Pfanderhebungs- und Rücknahmepflicht ab dem 1. Tag des auf die Bekanntgabe folgenden 6. Kalendermonats - somit ab dem 1.1.2003 - für Bier, Mineralwasser und kohlensäurehaltigen Erfrischungsgetränken als widerrufen galt, da hinsichtlich dieser Getränke der für das Referenzjahr 1991 festgestellte Mehrweganteil unterschritten wurde.
Auf der Grundlage bereits zuvor seit dem Jahre 2000 geführter Gespräche wurden ab Frühjahr 2002 von der Beklagten und den beteiligten Wirtschaftskreisen Verhandlungen geführt, hinsichtlich der für die Zeit ab dem 1.1.2003 dann geltenden Pfandpflicht für die genannten Getränke ein einheitliches Pfandsystem einzuführen, die allerdings scheiterten. Am 20.12.2002 erklärte die Beklagte daher die Duldung einer nur beschränkten Erfüllung der Pfandpflicht bis zum 1.10.2003 in der Form, dass die Pfanderhebung nicht auf allen Vertriebsebenen, sondern nur ggü. dem Endverbraucher erfolgen müsse, und die Rücknahmepflicht bezüglich der betroffenen Einwegverpackungen gegen Pfanderstattung auf den Ort des Einkaufs begrenzt sei. Diese Duldung erfolgte vor dem Hintergrund der Zusage der betroffenen Wirtschaftskreise, bis zum 1.10.2003 ein einheitliches Pfand- und Clearingsystem aufzubauen.
Zum Aufbau eines solchen einheitlichen Pfandsystems kam es in der Folgezeit jedoch nicht. Stattdessen etablierten sich ab dem Jahre 2003 verschiedene offene Pfand- und Rücknahmesysteme (P-, Vfw/Return- und Westpfand/Interseroh-System), die miteinander nicht kompatibel und teilweise auch nur regional tätig waren. Daneben kam es bei einem erheblichen Teil der großen Handelsketten, vor allem den großen Discountern, zur Einrichtung sog. Insellösungen, die eine Pfand- und Rücknahmeregelung nur für die jeweils spezifisch von den jeweiligen Handelsketten vertriebenen Getränkemarken und -verpackungen enthielten; die Beklagte gab zur Handhabung dieser Insellösungen am 23.10.2003 ein Merkblatt heraus. Darüber hinaus entschlossen sich Teile des Handels - darunter ebenfalls große Handels- und Discountketten - vor allem auch, bestimmte Getränke aus dem Sortiment zu nehmen u...