Entscheidungsstichwort (Thema)
"Anti-Status-Auto"
Leitsatz (amtlich)
Eine Internetseite, die sich in blog-ähnlichen Beiträgen in satirisch überspitzter Form mit dem als krankhaft ironisierten Konsumverhalten der Käufer anderer Automarken auseinandersetzt, ist ohne weitere Hinweise nicht auf den ersten Blick als Werbung erkennbar.
Der nach Abmahnung erfolgte und deutlich erkennbare Hinweis "Anzeige" am linken oberen Bildschirmrand, der am Browserfenster fixiert ist und so beim Scrollen der Seite "mitwandert", klärt aber hinreichend über den werblichen Charakter der Seite auf.
Normenkette
UWG § 4 Nr. 3
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 13.12.2012; Aktenzeichen 31 O 284/12) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 13.12.2012 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des LG Köln - 31 O 284/12 - teilweise abgeändert:
Soweit die Beklagte zu Nr. I 1 (zweite Variante) verurteilt worden ist, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen, gegenüber Verbrauchern wie nachstehend wiedergegeben Fahrzeuge der Marke Dacia zu bewerben, ohne einen deutlichen Hinweis darauf, dass es sich bei der betreffenden Veröffentlichung um Werbung handelt:
((Abbildungen entfernt))
wird die Klage abgewiesen.
Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3 zu tragen.
III. Dieses Urteil und das Urteil des LG, soweit es mit diesem Urteil nicht abgeändert worden ist, sind vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Gegner vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. Die zu leistende Sicherheit beträgt hinsichtlich der Unterlassungsansprüche zu Nr. I 1 und I 2 jeweils 10.000 EUR, im Übrigen für die der Vollstreckung ausgesetzte Partei 110 % des vollstreckbaren Betrages und für die vollstreckende Partei 110 % des zu vollstreckenden Betrages.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger, ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, nimmt die Beklagte, die Automobile herstellt und vertreibt, auf Unterlassung und Abmahnkostenersatz mit der Begründung in Anspruch, sie verschleiere den werblichen Charakter ihres Internetauftritts "status-symptome. de", den sie als Teil einer großangelegten, satirisch die angebliche "Status-Angst" anderer Autobesitzer aufgreifenden Werbekampagne für ihre Fahrzeuge der Marke "Dacia" eingerichtet hat; außerdem werbe sie dort mit einem mangels Einbeziehung obligatorischer Überführungskosten fehlerhaft gebildeten Preis. Den Hinweis "Anzeige", um den die Beklagte ihren Internetauftritt nach der Abmahnung - wie aus der vorstehenden Urteilsformel ersichtlich - ergänzt hat, hält der Kläger für unzureichend.
Mit dem angefochtenen Urteil, auf das Bezug genommen wird, hat das LG die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Dagegen richtet sich deren weiter auf vollständige Klageabweisung gerichtete Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen rechtlichen Einwendungen vertieft. Der Kläger verteidigt mit zusätzlichen Erwägungen die Entscheidung des LG.
II. Die zulässige Berufung hat in der Sache insofern Erfolg, als die Verurteilung der Beklagten wegen der Gestaltung ihres nach der Abmahnung geänderten Internetauftritts nicht aufrechterhalten bleiben kann; im Übrigen ist sie unbegründet.
1. Zu Recht hat das LG angenommen, dass der ursprüngliche Internetauftritt der Beklagten unter "status-symptome. de", wie er am 2.8.2011 öffentlich zugänglich war, dessen Werbecharakter verschleiert und dem Kläger deshalb ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3 Abs. 2, 4 Nr. 3, 8 Abs. 1 und 3 Nr. 2 UWG zusteht.
a) Nach § 4 Nr. 3 UWG handelt unlauter, wer den werblichen Charakter einer geschäftlichen Handlung verschleiert. Mit der Vorschrift soll das medienrechtliche Verbot der Schleichwerbung (heute § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, §§ 7 Abs. 7, 58 Abs. 1 RStV) auf alle Formen der Werbung ausgedehnt werden (BT-Drucks. 15/1487, 17). Die Bestimmung bezweckt den Schutz der Verbraucher vor einer Täuschung über den kommerziellen Hintergrund geschäftlicher Maßnahmen und dient so auch der Umsetzung des Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (BGH, GRUR 2011, 163 [Rz. 21] = WRP 2011, 747 - Flappe; GRUR 2013, 644 [Rz. 16] = WRP 2013, 764 - Preisrätselgewinnauslobung V).
Verschleiernd wirbt, wer das äußere Erscheinungsbild der geschäftlichen Handlung so gestaltet, dass der Werbecharakter nicht klar und eindeutig zu erkennen ist (BGH, a.a.O.; Senat, Urt. v. 12.4.2013 - 6 U 132/12; Köhler/Bornkamm, UWG, 31. Aufl., § 4 Rz. 3.11; Ullmann/Seichter, jurisPK-UWG, 3. Aufl., § 4 Nr. 3, Rz. 37). Grundlage des insofern in § 4 Nr. 3 UWG - ebenso wie in Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG - enthaltenen Verbots redaktioneller Werbung ist die damit regelmäßig einhergehende Irreführung des Lesers, der dem Beitrag auf Grund seines redaktionellen Charakters unkritischer gegenübertritt und ihm auch größere Bedeutung und Beachtung beimisst (BGH, GRUR 2011, 163 [Rz. 13] = WRP 2011, 747...