Entscheidungsstichwort (Thema)
Content-Delivery-Network
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betreiber eines sogenannten Content-Delivery-Netzwerks kann für offensichtliche Urheberrechtsverletzungen auf Drittseiten als Störer auf Unterlassung haften.
2. Auf die Privilegierung gemäß § 8 Abs. 2 TMG kann er sich nicht berufen, wenn er Inhalte der Kundenwebseiten nach seiner Außendarstellung auf eigenen Servern speichert, um den Zugriff auf die Kundenseiten zu verringern und mehr Sicherheit für diese zu erreichen (sog. Caching).
3. Für das Bestehen des Haftungsprivilegs aus § 9 TMG ist der Netzwerkbetreiber darlegungs- und beweispflichtig.
4. Auch der Anbieter eines DNS-Resolvers kann ähnlich einem Access-Provider als Störer haften, indem er den Zugriff auf bestimmte urheberrechtsverletzende Drittseiten im Rahmen des sogenannten DNS-Lookup zu sperren hat.
Normenkette
TMG § 2 S. 1 Nr. 1, §§ 8-9; UrhG §§ 19 a, 97 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 14 O 171/19) |
Tenor
I. Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 30.1.2020 - 14 O 171/19 - wird zurückgewiesen. Die Anschlussberufung der Antragstellerin vom 11.7.2020 wird als unzulässig verworfen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen haben die Antragstellerin zu 1/3 und die Antragsgegnerin zu 2/3 zu tragen.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist eine bekannte Tonträgerherstellerin, die u.a. das am 31.5.2019 veröffentlichte Musikalbum HERZ KRAFT WERKE der Künstlerin Sarah Connor vertreibt.
Die Antragsgegnerin bietet verschiedene Dienstleistungen im Internet an, u.a. als Nameserver, Betreiberin eines Netzwerks entsprechend dem eines Content-Delivery-Networks (CDN) sowie als Anbieterin von sog. DNS-Resolvern für Internetnutzer. Zur Funktionsweise dieser Dienstleistungen wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil sowie ergänzend auf das Vorbringen der Parteien in ihren Schriftsätzen nebst Anlagen Bezug genommen.
Bereits am 5.6.2019 war das o.g. Album als "Album der Woche" u.a. unter Verweis auf die Seite Nitroflare wie im Tenor des angefochtenen Urteils wiedergegeben über die Seite "ddl-music.to" abrufbar. Die Seite "ddl-music.to" war Vertragspartnerin der Antragsgegnerin und nahm deren CDN-Dienstleistungen in Anspruch. Die Antragsgegnerin war für diese als autoritativer Nameserver registriert.
Mit Urteil vom 31.1.2020 (Bl. 564 ff./25 ff. eA), auf das wegen der weiteren Einzelheiten und tatsächlichen Feststellungen gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO verwiesen wird, hat das Landgericht die Antragsgegnerin als Störerin gem. dem 2. Hilfsantrag (Antrag zu 1c) sowie gem. den Anträgen zu 2 und 3 sinngemäß wie folgt verurteilt:
Der Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Verfügung verboten,
I. 1) es Dritten in der BRD zu ermöglichen das o.g. Werk bzw. die Deluxe Edition über den gegenwärtig "DDL-Music" genannten Internetdienst wie mit der Domain "ddl-music.to" öffentlich zugänglich zu machen wie geschehen unter den im Tenor des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Hyperlinks;
2) in der BRD durch die Domain Name Server auf das o.g. Musikalbum über den gegenwärtig "DDL-Music" genannten Internetdienst wie mit der Domain "ddl-music.to" zu verweisen, wie geschehen unter den im Tenor des angefochtenen Urteils wiedergegebenen Hyperlinks.
II. Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, Auskunft zu erteilen über Name und Anschrift der Betreiber des "DDL-Music" genannten Dienstes, der am 5.6.2019 unter der Domain "ddl-music.to" abrufbar war.
Im Übrigen (Haftung als Täter und Haftung als Gehilfe) hat das Landgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.
Mit ihrer Berufung rügt die Antragsgegnerin, dass bereits die tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts fehlerhaft seien, wie aus dem Tatbestandsberichtigungsantrag ersichtlich.
Die Aktivlegitimation der Antragstellerin ist unstreitig gestellt, die Verurteilung zur Auskunft nicht Gegenstand der Berufung.
Die Antragsgegnerin behauptet, dass sie Webseiten keinen Zugang zum Internet anbiete und auch deren Inhalte nicht hoste. Sie habe keine Kontrolle über den Inhalt von Webseiten, deren Betreiber ihre Dienste nutzten. Diese Webseiten seien auch ohne die Dienste der Beklagten weiter abrufbar.
Ihr CDN-Angebot richte sich an Betreiber von Webseiten und biete Infrastrukturleistungen zu Sicherheit und Performancesteigerung; der öffentliche DNS-Resolver sei ein kostenloser Dienst für einzelne Internetnutzer und biete diesen, wenn sie im World Wide Web bestimmte Webseiten aufrufen wollten, eine weltweite und schnelle Leistung zur Unterstützung bei der Auflösung von Domainnamen in numerische IP-Adressen aus dem von vielen unterschiedlichen Betreibern operierten Domain-Name-System an.
Ihr CDN-System schütze die Webseiten ihrer Kunden gegen Internetangriffe (Viren, Würmer, Botnet-Angriffe, DdoS), indem sie sich in den in beide Richtungen fließenden Datenverkehr zwischen der Webseite des Kunden (dem Server) und Internnutzern (Clients), die auf die Seite zugreifen wollen, einklinke. Der gesamte D...