Entscheidungsstichwort (Thema)
Staatenimmunität, Gerichtsstand des Vermögens
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem Grundsatz der beschränkten Staatenimmunität gilt der Ausschluss der deutschen Gerichtsbarkeit über einen ausländischen Staat nur bei hoheitlichem Handeln. Der allgemeine völkerrechtliche Grundsatz der Staatenimmunität schließt dagegen Klagen gegen einen ausländischen Staat in Bezug auf seine nichthoheitliche, privatwirtschaftliche Betätigung nicht aus.
2. Der Abschluss eines Architektenvertrages ist auch dann nichthoheitlicher, privatwirtschaftlicher Natur, wenn die Durchführung der Baumaßnahme durch den Staat dem hoheitlichen Bereich zuzuordnen ist.
3. Die Staatenimmunität steht einer Klage auf Architektenhonorar aus einem behaupteten mündlichen Architektenvertrag mit einem ausländischen Staat auch dann nicht entgegen, wenn Abschluss und Zustandekommen des Architektenvertrages streitig sind.
Die Frage, ob der privatrechtliche Vertrag, aus dem der Kläger seine Ansprüche herleitet, tatsächlich wirksam abgeschlossen worden ist, betrifft nicht die Frage des Eingreifens der deutschen Gerichtsbarkeit, sondern die Begründetheit der Klage.
4. Der Gerichtsstand des Vermögens nach § 23 ZPO gilt grundsätzlich auch gegenüber einem ausländischen Staat. Er kann aber nicht auf inländische Vermögenswerte gestützt werden, die der Vollstreckungsimmunität unterliegen.
Normenkette
GG Art. 25 Abs. 2; GVG § 20 Abs. 2; ZPO § 23
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des beklagten Königreichs gegen das am 17.07.2013 verkündete Zwischenurteil der 1. Zivilkammer des LG Bonn - 1 O 478/09 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt das beklagte Königreich.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Königreich kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 12.000.000 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin, eine GmbH mit Sitz in C, befasst sich u.a. mit internationaler Stadt- und Industrieentwicklung. Sie verlangt von dem beklagten Königreich T eine Vergütung von 12 Millionen Euro im Zusammenhang mit der Erstellung einer "Road Map" und eines "Masterplans" für das Projekt "5th Economic City in U2", T in 2006. Der Kontakt zwischen den Parteien kam Anfang 2006 zustande mit Scheich B als "Governor und Chairman" des "Board of Directors" der "T3" (T3). Die T3 ist eine Regierungsstelle, zu deren Aufgaben u.a. die Entwicklung sog. "Economic Cities" gehört. Scheich B stand als Leiter der T3 seinerzeit im Range eines Ministers. Nach Art. 2 ihres Statuts (Anl. K 56, GA 545, deutsche Übersetzung Anl. K 57, GA 548) ist die T3 - wie im Berufungsverfahren unstreitig - eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die Klägerin macht geltend, dass über den Leiter der T3 ein entgeltlicher Vertrag mit dem beklagten Königreich über die vergütungspflichtige Erbringung der Planungsleistungen zustande gekommen sei, hilfsweise beruft sie sich auf Ansprüche gem. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB (geschäftliche Verhandlungen und deren unbegründeter Abbruch) und Bereicherungsrecht wegen Entgegennahme der Leistung (Schriftsatz vom 10.3.2015, GA 932). Sie behauptet, Scheich B habe ihr bei mehreren Gelegenheiten die Zahlung des Honorars für die Erstellung der "Road Map" und des "Masterplans" zugesagt.
Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Klage und darüber, ob die Klägerin von der T3 entgeltlich mit der Erstellung eines sog. Masterplans für das Projekt beauftragt wurde.
Die Klägerin stützt die internationale und örtliche Zuständigkeit des LG Bonn auf § 23 ZPO. Das beklagte Königreich ist Eigentümer von 2 Grundstücken im LGbezirk Bonn, Grundbuch von M. Auf dem größeren Grundstück ist die König G Akademie gelegen, eine Schule mit angeschlossener Moschee. Das benachbarte andere Grundstück ist ein Baugrundstück.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.000.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 11.11.2006 zu zahlen.
Das beklagte Königreich rügt die Zulässigkeit der Klage und hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Es beruft sich gegenüber der Klage auf Staatenimmunität und hat geltend gemacht, die T3 handle ausschließlich hoheitlich. Es bestreitet das Zustandekommen eines Vertrages zwischen der T3 bzw. ihm und der Klägerin. Die T3 sei lediglich als sog. Faciliator tätig geworden, erteile aber selbst keinerlei privatrechtliche Aufträge.
Das LG hat gem. § 280 Abs. 1 ZPO angeordnet, dass über die Zulässigkeit der Klage abgesondert verhandelt wird und durch Zwischenurteil die Zulässigkeit der Klage bejaht. Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach-...