Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlendes Rechtsschutzinteresse für Unterhaltsklage bei existenter Jugendamtsurkunde
Leitsatz (amtlich)
Verpflichtete sich der Unterhaltsschuldner in einer Jugendamtsurkunde monatlichen Kindesunterhalt in Höhe der jeweiligen Regelbeträge nach der Regelbetragsverordnung in der jeweils gültigen Fassung abzgl. des anteiligen Kindergeldes zu zahlen, so hat der Unterhaltsgläubiger einen dynamisierten Unterhaltstitel erhalten. Dieser Unterhaltstitel besteht über den Eintritt der Volljährigkeit hinaus fort, wenn die in der Jugendamtsurkunde bestimmte Zahlungsverpflichtung nicht ausdrücklich auf die Zeit der Minderjährigkeit beschränkt ist.
Aufgrund der Übergangsregelung in § 36 Nr. 3 EGZPO ist nach der Neuregelung des Unterhaltsrechtes zum 1.1.2008 auf die Mindestunterhaltssätze abzustellen. Einer Neutitulierung bedarf es auch insoweit nicht.
Einer Unterhaltsklage des volljährig gewordenen Unterhaltsgläubigers fehlt daher das Rechtsschutzinteresse, soweit er nicht mehr als den bereits mit der Jugendamtsurkunde titulierten Betrag eingeklagt.
Normenkette
BGB §§ 1601, 1602 Abs. 2 S. 1, § 1603 Abs. 1, § 2 S. 1, §§ 1610, 1612; EGZPO § 36 Nr. 3
Verfahrensgang
AG Brühl (Urteil vom 26.02.2009; Aktenzeichen 35 F 94/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des AG - Familiengericht - Brühl vom 26.2.2009 - 35 F 94/06 - unter Zurückweisung seiner Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit von Februar 2006 bis zum 10.5.2007 einschließlich unter teilweiser Abänderung der Jugendamtsurkunde der Stadt D. vom 15.6.1989 - Urkundenregisternummer XX. - einen über den titulierten Betrag von zuletzt 291 EUR hinausgehenden Betrag von weiteren 25 EUR monatlichen Kindesunterhalt von zu zahlen.
Im Übrigen wird die Unterhaltsklage als unzulässig abgewiesen. Es verbleibt insoweit bei dem titulierten Unterhalt gemäß Urkunde des Jugendamtes der Stadt D. vom 15.6.1989 - Urkundenregisternummer XX. -.
Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung des Beklagten hat auch in der Sache ganz überwiegend Erfolg. Die Unterhaltsabänderungsklage der Klägerin ist nämlich nur insoweit zulässig und begründet, als sie für die Zeit von Februar 2006 bis zum Eintritt ihrer Volljährigkeit (10.5.2007) eine Abänderung des bestehenden Unterhaltstitels um 25 EUR monatlich begehrt. Dagegen ist ihre weitergehende Abänderungsklage in dem noch verfolgten Umfang unzulässig, da ihr das Rechtsschutzinteresse fehlt.
Zu Recht wehrt sich der Beklagte gegen eine (weitere) Verurteilung zur Zahlung von monatlichem Kindesunterhalt für ein minderjähriges Kind von mehr als 25 EUR sowie Ausbildungsunterhalt für die Zeit ab Volljährigkeit, da für die weitergehende Abänderungsklage der Klägerin bereits ein Unterhaltstitel in Form der Jugendamtsurkunde der Stadt D. vom 15.6.1989 zu Urkundenregisternummer XX. besteht.
Der Beklagte hat sich nämlich gemäß Jugendamtsurkunde vom 15.6.1989 der Stadt D. zu Urkundenregisternummer XX. verpflichtet, an die Klägerin monatlichen Kindesunterhalt in Höhe der jeweiligen Regelbeträge nach der Regelbetragsverordnung in der jeweils gültigen Fassung abzgl. des anteiligen Kindergeldes zu zahlen. In der Jugendamtsurkunde heißt es unter Ziff. II. wie folgt:
"II. Ich verpflichte mich, für die Zeit vom 11.5.1989 an den Regelunterhalt unter Berücksichtigung einer gem. § 1615 BGB anzurechnenden Sozialleistung von derzeit monatlich 25 DM im voraus zu Händen des jeweiligen gesetzlichen Vertreters bis zum 1. eines jeden Monats zu zahlen, die rückständigen Beträge sofort. Mit den Unterhaltsleistungen sollen die jeweils ältesten Unterhaltsforderungen beglichen werden. Wegen der Erfüllung der Verbindlichkeit aus dieser Urkunde hinsichtlich des Regelunterhaltes unterwerfe ich mich der gerichtlichen Beschlussverfahren (§§ 642a, 642b, 642d ZPO)."
Damit hat die Klägerin einen dynamisierten Unterhaltstitel erhalten. Der titulierte Unterhaltsanspruch ist nämlich nicht auf die in Ziff. III. der Jugendamtsurkunde der Stadt D. vom 15.6.1989 zu Urkundenregisternummer XX. genannten Zahlbeträge beschränkt. Ziff. III. lautet wie folgt:
"III. Ich erkenne an, dass der Betrag meiner unter II. übernommenen Verpflichtung zur Zeit für die Altersgruppe
Geburt-vollendetem 6. Lebensjahr 226 DM,
7.-vollendetem 12. Lebensjahr 279 DM,
13.-vollendetem 18. Lebensjahr 335 DM
ausmacht und verpflichte mich zur Zahlung des jeweiligen Betrages."
Die Ziff. III. legt damit nur die damalige Zahlungsverpflichtung ("zur Zeit") fest und zwar anhand der Werte der damals gültigen Düsseldorfer Tabelle gemäß den damals gültigen Regelbeträgen. Soweit sich der Regelbetrag wegen Änderung der Regelbetragsverordnung änderte, passten sich die titulierten Ansprüche der Klägerin automatisch an den jeweils gültigen Regelbetrag an. Bis zum Eintritt der Volljährigkeit bestand damit ausweislich der Werte der Düs...