Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmensnachfolge
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Ausscheiden eines Gesellschafters, der Grundstücke dem Werte nach in die Gesellschaft eingebracht hat, macht es notwendig, den der Gesellschaft gebührenden Wert der Grundstücke in deren Interesse zu realisieren. Die Einbringungsverpflichtung dem Werte nach erstarkt deshalb in diesem Moment zu einem Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung des Wertes des Gegenstandes.
2. Dieser Wertersatzanspruch gegen den ausscheidenden Gesellschafter geht, soweit das Ausscheiden mit dem Tod zusammenfällt, wie jeder andere gegen einen verstorbenen Gesellschafter bestehende Zahlungsanspruch auf die Erben als Nachlaßverbindlichkeit gemäß § 1967 BGB über.
3. Ein Nachlaßpfleger kann vorhandene Nachlaßgläubiger befriedigen und auch Nachlaßgegenstände veräußern, wenn dies zur ordnungsgemäßen Verwaltung und Erhaltung des Nachlasses oder zur Schadensverhütung geboten ist.
Normenkette
BGB §§ 1960, 1967, 2301
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 17.05.1995; Aktenzeichen 4 O 207/92) |
Tenor
Auf die Berufung wird das am 17. Mai 1995 verkündete Grundurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 4 O 207/92 – abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch eine Sicherheitsleistung in Höhe von 32.000,00 DM abwenden, falls der Beklagte nicht eine entsprechende Sicherheitsleistung anbietet. Die Sicherheiten können jeweils auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Volksbank erbracht werden.
Tatbestand
Der am 08.04.1985 verstorbene Erblasser Dr. L. war Eigentümer des in D. gelegenen und sich aus mehreren Einzelgrundstücken zusammensetzenden Betriebsgrundbesitzes der Firma A.D. GmbH & Co KG (zukünftig nur: GmbH & Co KG). Der am 24.04.1985 zum Nachlaßpfleger – mit dem Wirkungskreis der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie der Ermittlung der unbekannten (gesetzlichen) Erben – bestellte Beklagte übertrug mit Notarvertrag vom 14.11.1985 die das Betriebsgrundstück bildenden Einzelgrundstücke zum Zwecke der Einbringung in das Gesellschaftsvermögen auf die GmbH & Co KG. Die Klägerin hält das für pflichtwidrig und verlangt daher Schadensersatz. Sie ist inzwischen mit 7/30 an dem Nachlaß beteiligt; die ursprünglich aus 31 gesetzlichen Erben bestehende Gesamthandsgemeinschaft ist aufgrund einer Auseinandersetzungsvereinbarung in eine Bruchteilsgemeinschaft überführt worden.
Die fraglichen Einzelgrundstücke hatten ursprünglich im Alleineigentum des Fabrikbesitzers A.D. gestanden. Nach seinem Tode gründeten seine Erben im Jahre 1920 unter der Firma „A.D.” eine KG zur Fortführung des Unternehmens. Nach § 2 des Gesellschaftsvertrages sollte zur Deckung der geschuldeten Einlagen das Fabrikunternehmen mit den einzelnen Grundstücken (dem damaligen wie heutigen Betriebsgrundbesitz) in die Gesellschaft eingebracht werden. Eine Eigentumsumschreibung im Grundbuch erfolgte nicht. 1975 starb als letzter der Erben des Fabrikbesitzers A.D. die Mutter des Erblassers Dr. L.. Dieser war bereits zuvor Komplementär der A.D. KG gewesen. Da er Rechtsnachfolger sämtlicher in dem 1920 geschlossenen Vertrag aufgeführten Gesellschafter war, wurde im Handelsregister die Auflösung der KG eingetragen. Unter dem 10.12.1975 schloß der Erblasser mit zwei leitenden Mitarbeitern seines Unternehmens sowie der A.D. Verwaltungs-GmbH einen privatschriftlichen Gesellschaftsvertrag. In dessen Präambel hieß es, daß die Komanditgesellschaft „mit den Buchwerten unverändert fortgeführt wird”. Der Erblasser blieb Komplementär, die übrigen Gesellschafter wurden Komanditisten. In § 9 („Tod eines Gesellschafters”) wurde folgendes bestimmt:
„(1) Durch den Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft nicht aufgelöst. Das Recht zur Forführung der bisherigen Firma bleibt bestehen.
(2)Im Falle des Todes von Herrn Dr. G. L. wird die Gesellschaft unter Ausschluß der Erben und ohne Abfindungsanspruch für die Erben von den übrigen Gesellschaftern im Verhältnis von deren Beteiligung an der Gesellschaft zueinander fortgesetzt.
(3) In allen anderen Fällen des Todes eines Gesellschafters wird die Gesellschaft von dessen Erben oder Vermächtnisnehmern fortgesetzt.”
Der Erblasser schied 1978 als persönlich haftender Gesellschafter aus und wurde mit einer Einlage von 256.500,00 DM Kommanditist. Die A.D. Verwaltungs-GmbH wurde Komplementärin der als GmbH & Co KG fotgeführten Gesellschaft.
Mit notariellem Vertrag vom 14.11.1985 (GA 11 ff.) übertrug der Beklagte die das Betriebsgrundstück bildenden Einzelgrundstücke zum Zwecke der Einbringung in das Gesellschaftsvermögen der GmbH & Co KG. In den „Vorbemerkungen” des Vertrages war ausgeführt, die Vertragsparteien gingen übereinstimmend davon aus, daß das Betriebsgrundstück seit je her das hauptsächliche Betriebsvermögen der Firma gewesen und entsprechend betriebswirtschaftlich und steuerrechtlich behand...