Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 4 O 10/19)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.05.2020 verkündete Grund - Urteil des Landgerichts Köln - 4 O 10/19 - abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

3. Die Klägerin darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen auf Vorfinanzierung gerichteten Direktanspruch geltend.

Die Klägerin, eine aus 50 Wohnungseigentümern bestehende WEG, beauftragte über ihre damalige Wohnungsverwalterin die Architektin A am 08.10.2010 auf Basis ihres Angebots vom 30.03.2010 (Anlage K 1) mit Architektenleistungen betreffend die Teilsanierung/-Modernisierung der Straßenfront, der Giebelseiten einschließlich des Häuserversatzes sowie der Laubengänge beim Bauvorhaben WEG B-Str. 83-87, C. Die Zeugin A erbrachte Planungs- und Bauüberwachungsleistungen bei dem Bauvorhaben.

Bei einer Brandschau im Jahr 2017 wurden brandschutztechnische Mängel festgestellt; mit Schreiben des Bauaufsichtsamtes der Stadt C vom 18.04.2017 (Anlage K 3) wurde die Klägerin hinsichtlich dieser Mängel angehört. Insoweit wurde unter anderem angeführt, die Laubengänge seien durch Fensterelemente verschlossen, wodurch der zweite Rettungsweg nicht mehr gegeben sei. Durch die Umwandlung der offenen Laubengänge in eine geschlossene Fassade seien aufgrund der gewählten Ausführung der Fensterelemente diese zu Fluren innerhalb eines Gebäudes geworden. Ferner sei ein Anleitern je Geschoss und Haus im Brandfall nicht mehr direkt von der Straßenseite möglich. Mit weiterer Anhörung vom 30.10.2019 (Anlage K12) wurde angekündigt, eine Ordnungsverfügung zur Entfernung sämtlicher Fensterelemente zwecks Herstellung eines zweiten Rettungsweges zu erlassen. Alternativ wurde die Errichtung von Spindeltreppen vorgeschlagen.

Die Zeugin A war bis zum 16.11.2013 bei der Beklagten haftpflichtversichert. Mit der ehemaligen Versicherungsnehmerin hatte die Beklagte eine Selbstbeteiligung in Höhe von 2.500,00 EUR je Schaden sowie eine Deckungssumme von 300.000,00 EUR vereinbart. Unter dem 27.04.2012 stellte das Finanzamt D Insolvenzantrag betreffend das Vermögen der Zeugin A. Mit Beschluss des Amtsgerichts Hagen vom 13.12.2012 - 103 IN 74/12 - wurde der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen. Unter dem 04.01.2013 ordnete das Amtsgericht Hagen einen Eintrag hierüber in das Schuldnerverzeichnis an.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin gegen die Beklagte einen Direktanspruch - gerichtet auf Vorfinanzierung - geltend. Sie hat erstinstanzlich behauptet, das Bauaufsichtsamt fordere den Rückbau der geschlossenen Fassade. Sie beabsichtige, die Maßnahmen an den Laubengängen insgesamt im Einklang mit den brandschutztechnischen Anforderungen des Bauaufsichtsamtes zurückzubauen, wofür zwei Sanierungsvarianten zur Verfügung stünden, deren Kosten sich jeweils auf etwa 600.000.00 EUR beliefen. Die Klägerin hat behauptet, dass die Versicherungsnehmerin der Beklagten das Verschließen der Laubengänge durch Fensterelemente in Unkenntnis über den dort vorhandenen zweiten Rettungsweg und die Belange des Brandschutzes vorgesehen habe und aus diesem Grund keinen Bauantrag gestellt habe.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, nicht eintrittpflichtig zu sein. Die Voraussetzungen eines Direktanspruchs seien nicht dargetan. Überdies habe die Zeugin A bewusst pflichtwidrig Kardinalpflichten außer Acht gelassen. Das Erfordernis, eine Baugenehmigung einzuholen, sei angesichts der mit der vorgenommenen Sanierung einhergehenden Eingriffe in die Belange des Brandschutzes offenkundig gewesen. Dass die Stadt C weiterhin einen Rückbau der gesamten Fensterelemente fordere, hat die Beklagte mit Nichtwissen bestritten. Ferner hat sie mit Nichtwissen die Behauptung der Klägerin bestritten, die Maßnahmen an den Laubengängen insgesamt im Einklang mit den brandschutztechnischen Anforderungen des Bauaufsichtsamtes zurückbauen zu wollen. Auch seien in den vorgelegten Kostenschätzungen zahlreiche Positionen enthalten, die über die erforderliche Entfernung der Verglasung der Laubengänge hinausgingen.

Das Landgericht hat der zuletzt auf Zahlung eines Betrages von 300.000,00 EUR gerichteten Klage dem Grunde nach stattgegeben. Ein Direktanspruch nach § 115 Abs. 1 Nr. 2 VVG gegen die Beklagte sei zu bejahen. Die Voraussetzungen lägen auf Grund der Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse vor; dass diese erfolgte, sei zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen. Die Beklagte sei nicht nach Teil C Ziff. 1.1.2 der Versicherungsbedingungen leistungsfrei geworden; den ihr obliegenden Nachweis des Vorliegens eines bewusst pflichtwidrigen Verhaltens habe sie nicht erbracht. Zwar liege ein objektiver Verstoß gegen d...

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