Entscheidungsstichwort (Thema)
Bei Schadensersatz für Mietwagenkosten nach Verkehrsunfällen ist erstattungsfähiger "Normaltarif" auf Grundlage des arithmetischen Mittels der Schwacke-Liste und der sog. Frauenhofer-Studie zu schätzen
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 25.05.2009; Aktenzeichen 20 O 108/09) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Köln vom 25.5.2009 (20 O 108/09) wird dahin abgeändert, dass die Beklagte unter Abweisung der weitergehenden Klage verurteilt wird, an die Klägerin 2.864,55 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 3.3.2009 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtstreits tragen die Klägerin zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Gründe
I. Die Klägerin, Betreiberin einer gewerblichen Autovermietung, begehrt aus übergegangenem Recht Schadensersatz für Mietwagenkosten aus 23 Verkehrsunfallereignissen i.H.v. insgesamt 8.307,58 EUR: Der Berechnung legt sie die sog. Schwacke-Liste zugrunde, wobei sie einen pauschalen Zuschlag von 20 % vornimmt und die je nach Fall entstandenen Nebenkosten entsprechend der Nebenkostentabelle zur Schwacke-Liste geltend macht. Das LG hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Mit ihrer Berufung beantragt die Beklagte die Abweisung der Klage. Sie wendet sich gegen die Heranziehung der Schwacke-Liste; entgegen der Ansicht des LG habe die Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten auf der Grundlage der Erhebung des Fraunhofer Instituts vorgenommen werden müssen. Auch sei ein pauschaler Aufschlag von 20 % nicht gerechtfertigt.
Von der Darstellung des Tatbestandes im Übrigen wird abgesehen (§§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO)
II. Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg. Der Klägerin stehen Ersatzansprüche nur i.H.v. insgesamt 2.864,55 EUR zu.
1. Nach der Rechtsprechung des BGH kann der Geschädigte gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als Herstellungsaufwand Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten darf (vgl. etwa BGHZ 160, 377, 383 = NJW 2005, 51;NJW 2006, 2106;NJW 2007, 1124;NJW 2007, 2122;NJW 2007, 2758; NJW 2008, 1519;NJW 2008, 2910;NJW 2009, 58;NJW 2010, 1445). Der Geschädigte hat nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit hergeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebot im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. Das bedeutet für den Bereich der Mietwagenkosten, dass er von mehreren auf dem örtlich relevanten Markt - nicht nur für Unfallgeschädigte - erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeugs (innerhalb eines gewissen Rahmens) grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen kann. Der Geschädigte verstößt allerdings nicht allein deshalb gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot, weil er ein Kraftfahrzeug zu einen Unfallersatztarif anmietet, der ggü. dem "Normaltarif teurer ist, soweit die Besonderheit des Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen ggü. dem "Normaltarif höheren Preis rechtfertigt, weil er auf Leistungen des Vermieters und sonstigen unfallspezifischen Kostenfaktoren (etwa Vorfinanzierung, das Risiko eines Ausfalles mit Ersatzforderungen wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen u.a.) beruht, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst sind, und er infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB erforderlich ist (BGH NJW 2008, 2901; NJW 2009, 58; NJW 2010, 1445; VersR 2010, 494 = NJW-RR 2010, 679; VersR 2010, 683). Diese Frage kann offen bleiben, wenn feststeht, dass dem Geschädigten ein günstigerer "Normaltarif in der konkreten Situation ohne weiteres zugänglich war, so dass ihm eine kostengünstigere Anmietung unter dem Blickwinkel der ihm gem. § 254 BGB obliegenden Schadensminderungspflicht zugemutet werden konnte (vgl. BGH NJW 2006, 1508; NJW 2006, 2693; NJW 2007, 1123; NJW 2007, 1676; NJW 2007, 2758; NJW 2007, 2916; NJW 2008, 2910; NJW 2009, 58; VersR 2010, 494 = NJW-RR 2010, 679). Ebenso kann diese Frage offen bleiben, wenn zur Überzeugung des Tatrichters feststeht, dass dem Geschädigten die Anmietung zum "Normaltarif" nach den konkreten Umständen nicht zugänglich gewesen ist, denn der Geschädigte kann in einem solchen Fall einen den "Normaltarif" übersteigenden Betrag im Hinblick auf die subjektbezogene Schadensbetrachtung auch dann verlangen, wenn die Erhöhung nicht durch unfallspezifische Kostenfaktoren gerechtfertigt wäre (vgl. BGH NJW 2006, 2621; NJW 2006, 2693; NJW 2007, 2916; NJW 2008, 2910, NJW 2009, 58; NJW 2010, 1445, 1446; VersR 2010, 919 = NJW-RR 2010, 679). Diese Rechtsprechung zur Zugänglichkeit eines Normaltarifs kann auch auf Fallgestaltungen übertragen werden, bei denen dem Geschädigten kein Unfallersatztarif, sondern ein einheitlicher Tarif angeboten wurde. In beiden Fällen ist es aber Sache des Geschädigten darzulegen und zu beweisen, dass ihm unter Berücksichtigung seiner ...