Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 09.04.1986; Aktenzeichen 4 O 744/84) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers zu 2) wird das am 9. April 1986 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 4 O 744/84 – abgeändert.
Die Widerklage wird in vollem Umfang abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Kläger 3/100 und die Beklagten 97/100 zu tragen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden wie folgt verteilt:
Von den Gerichtskosten tragen die Beklagten 7/9 und die Kläger zu 1) und 3) 2/9.
Die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2) tragen die Beklagten, von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen die Kläger zu 1) und 3) 1/3.
Im übrigen haben die Parteien ihre Kosten selbst zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers zu 2) (im folgenden: der Kläger) hat Erfolg. Der mit der Widerklage verfolgte Schadensersatzanspruch aus § 19 Abs. 1 BNotO steht den Beklagten nicht zu. Der Kläger hat seine Amtspflichten nicht verletzt, wenn er bei der Beurkundung des Kaufvertrags vom 10. Juli 1980 nicht auf das Bestehen einer Nutzungsbeschränkung nach § 4 ff Wohnungsbindungsgesetz hingewiesen hat. Dabei kann unentschieden bleiben, ob das Bestehen einer Wohnungsbindung zur rechtlichen Tragweite des Kaufvertrags gehört und der Notar deshalb die Parteien hierüber gem. § 17 BeurkG belehren muß, wie das Landgericht unter Berufung auf Derleder (JZ 1984, 447, 449) angenommen hat, oder ob der gegenteiligen Auffassung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLGZ 1985, 185; ebenso Keidel/Kuntze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 12. Aufl., § 17 BeurkG, Rdn. 17; Reithmann/Röhl/Geßele, Handbuch der notariellen Vertragsgestaltung, Rdn. 361), daß Hinweise im Einzelfall nur aufgrund der allgemeinen Betreuungspflicht in Betracht kommen, zu folgen ist. Einigkeit besteht jedenfalls darin, daß eine Belehrungspflicht nur dann entsteht, wenn der Notar die Wohnungsbindung kennt oder hinreichende Anhaltspunkte für eine solche Bindung vorliegen (Derleder, a.a.O.; Reithmann/Röhl/Geßele, a.a.O.). Daran fehlt es hier.
Daß der Kläger damals um die Nutzungsbeschränkung wußte, obwohl er den früheren Kaufvertrag vom 12. September 1977 nicht selbst beurkundete hatte, haben die Beklagten nicht substantiiert behauptet; derartiges ergibt sich auch nicht aus dem Vermerk in der Urkunde vom 10. Juli 1980, die Beklagten seien dem Notar von Person bekannt, der nur auf Kenntnissen des Bürovorstehers beruhte. Der Kläger hatte aber ohne Angaben der Parteien auch keinen hinreichenden Anlaß, eine Wohnungsbindung zu vermuten. Aus dem Grundbuch ergab sich für eine derartige Beschränkung nichts, da selbst die in § 5 des Kaufvertrags vom 12. September 1977 noch erwähnte Vermietungsbeschränkung für die Stadt Oberhausen inzwischen gelöscht und nicht in das Wohnungsgrundbuch übernommen worden war. Entgegen der Ansicht des Landgerichts mußte der Kläger aber die in der Sozietät geführten Akten über die frühere Beurkundung aus dem Jahre 1977 nicht heranziehen; mit seiner abweichenden Auffassung überspannt das Landgericht die Sorgfaltspflicht des Notars und gelangt im Ergebnis zu einer Nachforschungspflicht, die den Notar auch nach Meinung des Landgerichts gerade nicht trifft. Für die Beurkundung des Wohnungsverkaufs an die Eheleute M. kam es auf den seinerzeit geschlossenen Kaufvertrag nicht an, da sich Inhalt und Belastungen des Wohnungseigentums zuverlässiger aus dem Grundbuch ersehen ließen. Lediglich wegen der regelmäßig nicht auszuschließenden Möglichkeit, daß im Grundbuch nicht eingetragene Beschränkungen bestanden, konnte sich die Frage nach weiteren Aufklärungsmöglichkeiten – und damit nach einem Rückgriff auf dem Notar zugängliche Urkunden – stellen. Dieser Frage brauchte der Kläger jedoch mangels einer Pflicht zur Erforschung des Sachverhalts nur nachzugehen, wenn er bereits aus anderen Umständen einen Anhalt für das Bestehen einer Wohnungsbindung hatte. Dafür ist indes nichts ersichtlich.
Infolgedessen muß die Widerklage in vollem Umfang abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 91 a, 92 Abs. 1, 100, 515 Abs. 3 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10 ZPO.
Streitwert des Berufungsverfahrens und Beschwer der Beklagten:
Widerklageantrag zu 1 a) |
(einschl. Zinsen) |
3.789,50 DM |
Widerklageantrag zu 1 b) |
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4.934,25 DM |
Widerklageantrag zu 2) |
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3.505,72 DM |
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12.229,47 DM. |
Unterschriften
Schwalb, Dr. Schatzmann, Dr. Kapsa
Fundstellen
Haufe-Index 1381731 |
DNotZ 1987, 695 |