Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 22.11.2011; Aktenzeichen 22 O 589/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.01.2013; Aktenzeichen VI ZR 241/12)

 

Tenor

Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Köln vom 22.11.2011- 22 O 589/08 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte als Gesamtschuldnerin mit Herrn C. und Frau F. auf Rückzahlung eines 24.01.2000 geleisteten Anlagebetrages in Höhe von 90.000,00 DM in Anspruch, mit dem sie sich als Aktionär bei der L. Holdings S.A. 1929, einer Aktiengesellschaft nach luxemburgischen Recht, beteiligt hat. Sie macht geltend, ihr sei durch Mitarbeiter der Beklagten in Köln vorsätzlich falsch versichert worden, sie könne jederzeit auf Anforderung kurzfristig das eingezahlte Kapital zurück bekommen, es bestehe kein Risiko, auch nur einen Teil des Kapitals zu verlieren, und es werde eine Rendite von 15-20% garantiert.

Im ersten Rechtszug hat der Vorsitzende der mit der Sache befassten Kammer des Landgerichts nach Eingang der Klageschrift in Zusammenhang mit der Zustellung nach § 183 ZPO durch Verfügung vom 28.01.2009 angeordnet, dass der Beklagten eine Notfrist von zwei Wochen zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft gesetzt werde und dass sie innerhalb von zwei Wochen einen im Inland ansässigen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen habe. Ferner hat der Vorsitzende auf die anderenfalls eintretenden Folgen hingewiesen. Daraufhin ist am 08.03.2010 die Zustellung der Klage an die Beklagte in der Türkei veranlasst worden, die am 07.06.2010 erfolgt ist (Bl. 146 GA). Nach dem Ablauf der Frist zur Anzeige der Verteidigungsbereitschaft hat das Landgericht am 31.05.2011 ein Teil-Versäumnisurteil erlassen, durch das die Beklagte und der erstinstanzliche Beklagte zu 2), Herr C., dem Klageantrag entsprechend zur Zahlung von 46.016,27 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Rückübertragung der streitgegenständlichen Aktien verurteilt worden ist. Eine vollstreckbare Ausfertigung des Versäumnisurteils ist nach einem Vermerk der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (Bl. 197R GA) am 03.06.2011 zur Post aufgegeben worden. Erst mit Beschluss vom 03.08.2011 hat das Landgericht die Einspruchsfrist auf drei Wochen festgesetzt. Auf Veranlassung der Klägerseite ist sodann am 12.10.2011 erneut die Zustellung des Versäumnisurteils in der Türkei auf diplomatischem Weg erfolgt, woraufhin die Beklagte mit am 18.10.2011 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom gleichen Tag Einspruch eingelegt hat.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 22.11.2011 hat das Landgericht u.a. den Einspruch der Beklagten als unzulässig verworfen. Der im Oktober 2011 eingelegte Einspruch sei verfristet. Die Zustellung sei durch Aufgabe des Versäumnisurteils zur Post im Juni 2010 bewirkt worden und der Einspruch habe innerhalb der angeordneten Frist von drei Wochen erfolgen müssen. Auf die Ausführungen der Beklagten zur Zustellung in der Türkei komme es nicht an, weil es sich um eine Inlandszustellung handele.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer fristgerecht eingegangenen Berufung. Sie meint, die Zustellung durch Aufgabe zur Post verletze die Bestimmungen des Haager Zivilprozessabkommens, zu deren Mitgliedstaaten sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die Türkische Republik gehören. § 184 ZPO sei in seiner durch die deutschen Gerichte vertretenen Anwendung verfassungsrechtlich bedenklich. Zudem gehe die völkerrechtliche Bestimmung als lex specialis vor. Auch verletze die Anwendung der Norm in Deutschland das Gebot der Waffengleichheit aus Art. 6 EMRK. Hinzu komme, dass § 184 ZPO von der Klägerseite missbraucht werde, um zunächst die formelle Rechtskraft des Titels herbeizuführen und sodann eine nach türkischem Recht für die Vollstreckbarkeit erforderliche formelle Zustellung nachzuholen. Schließlich macht die Beklagte Mängel der konkreten Zustellung geltend: Es fehlten Gründe für die Ausübung des nach § 184 ZPO dem Gericht zukommenden Ermessens und es habe nicht die Kammer, sondern lediglich der Vorsitzende die Anordnungen vorgenommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Köln vom 22.11.2011 - 22 O 589/08 - aufzuheben sowie das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Köln zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und insbesondere das auf § 184 ZPO gestützte Vorgehen des Ausgangsgerichts.

II.

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg, weil das Landgericht die Voraussetzungen des § 341 Abs. 1 S. 1 ZPO zutreffend verneint und den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 31.05.2011 zu Recht als unzulässig verworfen hat.

1. Die zweiwöchige Frist des § ...

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