Entscheidungsstichwort (Thema)

Sportwetten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Anbieter von Glückspielen im Internet steht im Wettbewerb zu einer staatlichen Lotteriegesellschaft.

2. Das Verbot, Glückspiele und Sportwetten im Internet anzubieten, verstößt weder gegen Verfassungsrecht noch gegen Europarecht.

3. Poker in der Version "Texas hold 'em" ist ein Glücksspiel i.S.d. § 3 Abs. 1 GlüStV. Das gleiche gilt für sog. 50-Cent-Spiele jedenfalls dann, wenn von einer längeren Spieldauer auszugehen ist.

Die zugelassene Revision ist eingelegt worden, das Aktenzeichen des Revisionsverfahrens lautet I ZR 93/10.

 

Normenkette

GlüStV §§ 1, 3-5

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 31 O 599/08)

 

Tenor

1.) Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass in dem Verbotsausspruch die Worte "Glücksspiele, insbesondere" und "Kasinospiele, insbesondere" ersatzlos entfallen.

2.) Die Kosten des Rechtsstreits verteilen sich wie folgt:

Die Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin zu 45 % und die Beklagten zu 55 %.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 20 % und die Beklagten zu 80 %.

3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann jedoch die Vollstreckung des Unterlassungsausspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 300.000 EUR abwenden, die Vollstreckung des Auskunftsanspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 6.000 EUR und die Vollstreckung des Kostenausspruchs durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung hinsichtlich des Unterlassungsausspruchs und des Auskunftsanspruchs Sicherheit in gleicher Höhe und hinsichtlich des Kostenausspruchs i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4.) Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist die staatliche Lotteriegesellschaft Nordrhein-Westfalen. Sie bietet über Lottoannahmestellen die Teilnahme an Lotterien und Sportwetten an. Die Beklagte zu 1 mit Sitz in Gibraltar bietet im Internet Spiele gegen Geldeinsatz an. Hierfür besitzt sie eine Zulassung der Regierung von Gibraltar. Der Beklagte zu 2 ist ihr gesetzlicher Vertreter.

Jedenfalls bis Oktober 2008 bewarb die Beklagte zu 1 ihr Online-Spieleangebot, darunter Sportwetten zu festen Gewinnquoten, Roulette, Poker, Black Jack, Baccara und virtuelle Slotmachines unter der URL http www.XXX.de in deutscher Sprache. Außerdem enthielt die Seite einen Link auf das deutschsprachige Online-Spiel- und Sportwettenangebot einer ehemaligen Tochterfirma unter der Domain www.betway.com. Unter den domains pp bieten 100-prozentige Tochterfirmen der Beklagten zu 1 die aus dem Verbotstenor des angefochtenen Urteils ersichtlichen Spiele an.

Als Unterseite des Internetauftritts der Beklagten zu 1 ist eine Kontaktseite eingerichtet, auf der es unter einer Deutschlandfahne und dem fett gedruckten Wort "Deutschland" heißt: "In Deutschland wählen Sie ...". In den AGB der Beklagten zu 1 ist vorgeschrieben, dass an ihren Spielen nur teilnehmen darf, wem dies nach dem Recht seines Landes erlaubt ist.

Die Klägerin ist der Ansicht, bei den angebotenen Spielen handele es sich um Glückspiele. Sie behauptet, das Angebot dieser Spiele richte sich auch an Spieler in Deutschland.

Das LG hat die Beklagten nach den zuletzt von der Klägerin gestellten Anträgen zur Unterlassung verurteilt, Glücksspiele und Kasinospiele wie aus einer Einblendung von mehreren Screenshots ersichtlich im Internet anzubieten, Spielverträge selbst oder durch Tochtergesellschaften abzuschließen oder diese Möglichkeit zu bewerben; außerdem hat das LG die Beklagten zur Auskunft verurteilt und deren Schadensersatzpflicht festgestellt.

Die Beklagten verfolgen mit der Berufung ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie rügen, der Verbotsausspruch sei zu unbestimmt, und behaupten, das Angebot der Beklagten zu 1 richte sich nicht an Personen, die sich in Deutschland aufhielten. Das LG sei daher sowohl örtlich wie auch international unzuständig. Die Beklagte zu 1 stehe nicht im Wettbewerb mit der Klägerin, da diese weder im Internet auftrete noch vergleichbare Spiele anbiete. Die Klägerin könne als regionaler Anbieter nicht die Unterlassung für das gesamte Bundesgebiet verlangen. Die Beklagten halten die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages und des § 284 StGB für verfassungs- und europarechtswidrig. Zudem seien Poker in der Version "Texas hold 'em" und die von ihr angebotenen 50-Cent-Spiele keine Glückspiele im Sinne dieser Vorschriften. Schließlich sei die Beklagte nicht für Angebote auf der Seite www.k.com verantwortlich; das Unternehmen K., so behaupten die Beklagten, sei mit Wirkung zum 14.4.2008 verkauft worden.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil mit der Maßgabe, dass in dem Verbotsausspruch die Worte "Glücksspiele, insbesondere" und "Casinospiele, insbesondere" entfallen.

Im Übrigen wird wegen des Sachverhalts gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genom...

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