Leitsatz (amtlich)
Eine Verwertung des Vermögensstamms kann von dem unterhaltsverpflichteten Kind zur Deckung des Unterhalts seiner in einem Altenheim wohnenden Mutter nicht verlangt werden, wenn das Kind den Vermögensstamm braucht, um den eigenen angemessenen Lebensbedarf auch in Zukunft sicher stellen zu können; hier: Sparvermögen von rund 58.500 DM.
Normenkette
BGB § 1601ff
Verfahrensgang
AG Siegburg (Aktenzeichen 33a F 180/00) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.7.2001 verkündete Urteil des AG – FamG – in Siegburg – 33a F 180/00 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Das AG hat mit Recht die Klage abgewiesen. Die Klage scheitert daran, dass der Beklagte nicht hinreichend leistungsfähig war, über die in der mündlichen Verhandlung vom 17.4.2001 unstreitig gewordenen freiwilligen Zahlungen hinaus den Unterhaltsbedarf seiner Mutter, der Frau H., im Streitzeitraum zu decken.
Die Klägerin selbst hält den Beklagten auch unter Einrechnung der Zinserträge aus seinem Sparvermögen für nicht hinreichend leistungsfähig, einen Beitrag aus seinem monatlichen Einkommen zum Unterhalt der Frau H. zu zahlen. Dem ist jedenfalls insoweit zuzustimmen, als der Beklagte nicht verpflichtet war, aus seinem laufenden Einkommen über die freiwilligen Zahlungen hinaus Unterhaltsbeiträge zu leisten.
Streitzeitraum ist die Zeit von April 1999 bis einschließlich Mai 2000.
Der Beklagte hat in dieser Zeit unstreitig über ein monatliches Gesamteinkommen von 4.147,44 DM verfügt (Bl. 23, 26 d.A.). Darin sind Zinseinkünfte von monatlich durchschnittlich 429,76 DM enthalten, die zur Hälfte seiner Ehefrau zustehen, da der Kapitalbetrag von 117.048 DM den Eheleuten hälftig gehört. Das kann indessen unberücksichtigt bleiben, wenn man den angemessenen Selbstbehalt der Ehefrau von 1.750 DM nicht um die hälftigen Zinseinkünften mindert.
Nach Abzug der von der Klägerin in Abzug gebrachten pauschalen Mehrkosten infolge der Krebserkrankung der Ehefrau des Beklagten und der verschiedenen monatsanteiligen Versicherungsprämien verblieben 3.268,93 DM.
Der angemessene Selbstbehalt von Kindern gegenüber ihren Eltern betrug nach der vom Senat in ständiger Rechtsprechung angewandten Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.7.1997 beziehungsweise 1.7.1998 (D. Nr. 1) monatlich 2.250 DM und für die Ehefrau 1.750 DM zusammen 4.000 DM.
Dabei ist aber unberücksichtigt geblieben, dass der Beklagte und seine Ehefrau mietfrei in einem Einfamilienhaus wohnen. Der Senat schätzt die nach Abzug der monatsanteiligen Aufwendungen für die Grundbesitzabgaben, für die Heizung und die Gebäudeversicherung verbliebene Ersparnis auf monatlich 800 DM, die dem Einkommen von 3.268,93 DM hinzuzurechnen sind. Das Gesamteinkommen von 4.068,93 DM lag damit um nur 68,93 DM über dem angemessenen Selbstbehalt der Eheleute von 4.000 DM. Da der Beklagte in der Zeit von April bis einschließlich Juni 1999 monatlich 65,63 DM und in der Zeit von Juli 1999 bis einschließlich Mai 2001 monatlich 250 DM auf die Unterhaltsansprüche seiner Mutter an die Klägerin gezahlt hat, hat er damit bis auf einen zu vernachlässigenden geringfügigen Betrag seine Unterhaltspflicht erfüllt. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob dem Beklagten entsprechend der Empfehlung des 13. Deutschen Familiengerichtstages (FamRZ 2000, 274) als angemessener Selbstbehalt 50 % des über 2.250 DM hinausgehenden Nettoeinkommens dem Unterhaltspflichtigen zu belassen ist (so OLG Hamm FamRZ 2002, 123 [124]; Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Heranziehung Unterhaltspflichtiger in der Sozialhilfe, FamRZ 1995, 1327 [1334]).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist der Beklagte nicht verpflichtet, sein Sparvermögen i.H.v. 58.524 DM zur Befriedigung des Unterhaltsbedarfs seiner Mutter einzusetzen. Grundsätzlich müssen auch Kinder zu Befriedigung von Unterhaltsansprüchen der Eltern den Stamm ihres Vermögens einsetzen, zumal – wie allgemein im Verwandtenunterhalt – keine gesetzliche Billigkeitsgrenze für den Einsatz wie beim Geschiedenenunterhalt (§ 1581 S. 2 BGB) besteht (BGH v. 23.10.1985 – IVb ZR 52/84, MDR 1986, 215 = FamRZ 1986, 48 [50]; Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 5. Aufl., § 2 Rz. 641). Das kann allerdings dazu führen, dass der Unterhaltspflichtige gegenüber seinen Eltern strenger haftet als gegenüber seinem Ehegatten, dem er nur im Rahmen des § 1581 S. 2 BGB haftet, obwohl die Eltern seinem Ehegatten im Rang nachgehen.
Eine Verwertung des Vermögensstamms kann aber nicht verlangt werden, wenn sie den Unterhaltsschuldner von fortlaufenden Einkünften abschneiden würde, die er zur Erfüllung anderer berücksichtigungswürdiger Verbindlichkeiten oder zum Bestreiten seines eigenen Unterhalts benötigt. Zu den berücksichtigungsfähigen Verbindlichkeiten gehört die Bildung von Rücklagen, um den eigenen angemessenen Lebensbedarf auch in Zukunft sicher stellen zu können. Die Absicherung der eigenen Ex...