Entscheidungsstichwort (Thema)

Abänderungsklage bezüglich nachehelichen Unterhalts bei konkreter Bedarfsberechnung

 

Leitsatz (amtlich)

Die zum Zeitpunkt der Scheidung bestehende rechnerische Grundlage des nachehelichen Unterhalts bleibt von nachträglichen Änderungen der Verhältnisse grundsätzlich unberührt (BGH v. 16.1.1985 - IVb ZR 62/83, MDR 1985, 561 = FamRZ 1985, 582). Die Feststellung einzelner Bedarfsposten beruht auf der Lebensführung während einer bestehenden Ehe. Soweit sich nach dem Scheitern der Ehe einzelne Positionen anders entwickeln, stellt das keine Änderung der Verhältnisse dar, die für die Höhe des Bedarfs maßgebend waren. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Unterhalt mit Rücksicht auf einen besonderen Bedarf des Unterhaltsberechtigten höher bemessen ist, als es sonst den ehelichen Lebensverhältnissen entsprochen hätte.

Ein im Zugewinnausgleichsverfahren einbezogener "Goodwill" einer Arztpraxis hat auf die konkrete Bedarfsberechnung des Unterhaltsberechtigten keinen Einfluss. Bei dem "Goodwill" handelt es sich nicht um zukünftiges Einkommen des Unterhaltsverpflichteten, welches er bereits durch den Zugewinnausgleich mit der Unterhaltsberechtigten geteilt hat, sondern lediglich um einen Anteil des fiktiven Kaufpreises, den ein Dritter für den Erwerb der Praxis als Gegenwert für den derzeitigen Kapitalwert der Praxis zahlen müsste. Dass dieser "Goodwill" u.a. auch nach der erwarteten Höhe künftiger Einnahmen bemessen wird, stellt keine vorweggenommene Vergütung künftiger Erlöse dar und hat somit keinen Einfluss auf die den ehelichen Verhältnisse entsprechende Bedarfsberechnung.

 

Normenkette

ZPO § 323; BGB § 1572 Ziff. 1, § 1573 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Bonn (Urteil vom 18.11.2004; Aktenzeichen 44 F 256/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 18.11.2004 verkündete Urteil des AG Bonn - 44 F 256/04 - teilweise abgeändert.

Der Beklagte wird verurteilt, ab April 2003 an die Klägerin nachehelichen Unterhalt i.H.v. monatlich 162 EUR zu zahlen.

Die weiter gehende Klage wird abgewiesen, die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin drei Viertel und der Beklagte ein Viertel.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Wegen des Sachverhalts wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen. Die Berufung der Klägerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiterverfolgt, ist teilweise begründet, ihr steht nachehelicher Unterhalt in der zugesprochenen Höhe nach §§ 1572 Ziff. 1, 1573 Abs. 1 BGB zu. Die Klägerin kann ihren Unterhaltsbedarf krankheitsbedingt nur zu einem geringen Teil durch eigene Erwerbstätigkeit decken, ihr sind ferner bedarfsdeckend Einkünfte aus Vermietung sowie aus Kapitalvermögen zuzurechnen.

Angesichts der überdurchschnittlich hohen Einkünfte des Beklagten ist der Unterhalt nicht nach einer Quote des Einkommens, sondern anhand der konkreten Bedarfspositionen zu ermitteln. Für den Trennungsunterhalt hatte der Senat bereits eine solche Berechnung aufgestellt (OLG Köln, Urt. v. 5.12.2000 - 4 UF 52/00), auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.

Mit dem Vorbringen der Klägerin ist davon auszugehen, dass sich der Bedarf für den nachehelichen Unterhalt auf 6.438 DM erhöht hat, das sind 3.291,70 EUR. Der daneben bestehende Wohnbedarf ist durch das Wohnen im eigenen Haus gedeckt.

Die ehelichen Lebensverhältnisse waren, wie bereits im Urteil des Senats über den Trennungsunterhalt dargelegt, auch geprägt durch Aufwendungen für eine Haushaltshilfe und für den Golfsport. Auf die Ausführungen des Senats in dem Urteil wird insoweit Bezug genommen. An diesen Verhältnissen hat sich bis zu dem für die Bemessung des nachehelichen Unterhalts maßgeblichen Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung nichts geändert. Auch im Jahr 2003 war die Klägerin noch Mitglied des Golfclubs. Die zum Zeitpunkt der Scheidung bestehende rechnerische Grundlage des nachehelichen Unterhalts bleibt von nachträglichen Änderungen der Verhältnisse grundsätzlich unberührt (BGH v. 16.1.1985 - IVb ZR 62/83, MDR 1985, 561 = FamRZ 1985, 582). Die Feststellung einzelner Bedarfsposten beruht auf der Lebensführung während einer bestehenden Ehe. Soweit sich nach dem Scheitern der Ehe einzelne Positionen anders entwickeln (hier etwa durch die Aufgabe des Golfsports oder die Nichtinanspruchnahme einer Haushaltshilfe), stellt das keine Änderung der Verhältnisse dar, die für die Höhe des Bedarfs maßgebend waren. Etwas anderes gilt nur, wenn der Unterhalt mit Rücksicht auf einen besonderen Bedarf des Unterhaltsberechtigten höher bemessen ist, als es sonst den ehelichen Lebensverhältnissen entsprochen hätte; dann würde der Fortfall dieses besonderen Bedarfs den Unterhaltsanspruch entsprechend ermäßigen (BGH v. 16.1.1985 - IVb ZR 62/83, MDR 1985, 561 = FamRZ 1985, 582). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

Entsprechend der Preisentwicklung ist der vom Senat im Jahr 2003 ermittelte Bedarf von 5.800 DM auf jetzt 6.000 DM anzuheben. Hinzu kommt ein um 38 DM erhöhter ...

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