Leitsatz (amtlich)
Werden durch Schadensfeststellungs- und Schadensbehebungsmaßnahmen nach einem Wasseraustritt im Bereich eines undichten Heizungsrohrs im Eigentum des Versicherungsnehmers stehende Sachen durch Staub, Schimmel und Bakterien kontaminiert, sind die dabei entstehenden Sachschäden dem Grunde nach als versicherte Folgeschäden von der Leitungswasserversicherung nach § 1 Ziff. 1 AWB 87 umfasst, auch wenn wegen unsachgemäßer Handhabung gegen die beteiligten Handwerker gegebenenfalls Ersatzansprüche bestehen.
Normenkette
AWB 87 § 1 Ziff. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 17.3.2010 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des LG Köln - 20 O 222/09 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt. Die Kosten der Streithelferin trägt diese selbst.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin betrieb in der B Straße 508 in Köln ein von ihr angemietetes Ladenlokal für Wäschemoden. Vermieterin war die Streithelferin der Beklagten. Seit 1993 unterhielt die Klägerin bei der Beklagten eine gebündelte Geschäftsversicherung unter Einschluss von Leitungswasserschäden auf der Grundlage des aktuellen Versicherungsscheins vom 5.2.2004 (Bl. 1 Anlagenheft - AH), der Besonderen Bedingungen gem. "Anhang" zum Versicherungsschein vom 16.3.1993 (Bl. 10 ff. AH) und der AWB 87 (Bl. 17 ff. AH). Der unter dem Ladenlokal wohnende Mieter bemerkte am Abend des 13.1.2009 von oben eindringendes Wasser. Seitens der Hausverwaltung wurde die Sanitärfirma I beauftragt. Der Monteur J erschien am Morgen des 14.1.2009 im Geschäft. Er öffnete in größerem Umfang den Boden, ohne dass die Waren geschützt oder ausgelagert worden wären. Aus einem im Boden verlaufenden Heizungsrohr war seit längerem Wasser ausgetreten und hatte zu einer erheblichen Durchfeuchtung und Zersetzung der verbauten Odenwaldplatten geführt. Infolge der von dem Monteur durchgeführten Arbeiten wurden die Geschäftseinrichtung und Waren in erheblichem Umfang durch Staub, Schimmel und Bakterien verunreinigt. Die Klägerin beauftragte zur Schadensursache Gutachten des Sachverständigen für Korrosionsschutz Dr. T vom 5.2.2009 und 6.5.2009 (Bl. 41 ff., 63 ff. AH) auf Grundlage mikrobiologischer Untersuchungsberichte. Zur Feststellung des Schadensumfangs wurde inzwischen ein Sachverständigenverfahren gem. § 15 der AWB 87 eingeleitet. Die von der Klägerin (auch mit der vorliegenden Feststellungsklage) begehrte Deckung aus der Leitungswasserversicherung für Schäden an Waren und Geschäftseinrichtung verweigerte die Beklagte mit Schreiben vom 14. und 21.3.2009 (Bl. 49, 60 AH).
Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, die Schäden an Waren und Einrichtung seien adäquat kausal auf den Austritt von Leitungswasser zurückzuführen. Sie hat behauptet, bis zum Abend am Schadenstag nicht im Geschäft gewesen zu sein, dort sei vielmehr ihre Schwiegertochter, die Zeugin C, als Aushilfe anwesend gewesen. Ein Schreiben der Beklagten aus Oktober 2008 habe sie nie erhalten.
Die Klägerin hat beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr Versicherungsschutz aus der Geschäftsversicherung Nr ..., Schaden-Nr ... aus Anlass des Leitungswasserschadens vom 14.1.2009 im Ladenlokal B Str. 508 in 50933 Köln zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Ansicht gewesen, ein Versicherungsfall sei nicht eingetreten, da ursächlich für den Schaden mangelnde Sicherungsmaßnahmen und/oder unsachgemäße Arbeiten gewesen seien. Außerdem habe die Klägerin ihre Rettungsobliegenheit verletzt. Hierzu hat die Beklagte behauptet, für die im Ladenlokal anwesende Klägerin sei erkennbar gewesen, dass die Öffnung des Bodens mit schwerem Gerät zu erheblichen Verschmutzungen führen werde, weswegen sie Schutzmaßnahmen habe ergreifen müssen. Ihre Versicherungsbedingungen habe sie dem VVG n.F. im Oktober 2008 angepasst und entsprechende Informationsschreiben (entsprechend dem Muster Bl. 81 AH) an alle Versicherungsnehmer - auch die Klägerin - versandt.
Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil vom 17.3.2010 nach Beweisaufnahme zu der Frage, ob die Klägerin am 14.1.2009 frühzeitig Kenntnis von den im Rahmen des Rohrbruchs durchzuführenden Arbeiten hatte, der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Feststellungsantrag sei schon deswegen zulässig, weil in § 15 AWB 87 ein Sachverständigenverfahren vorgesehen und ein bei der Klägerin verbleibender Schaden hinreichend wahrscheinlich sei. Der Schaden an der Ware im Geschäft infolge Kontaminierung durch Staub und Schimmelpilze sei adäquat kausal auf den Leitungswasseraustritt zurückzuführen. Die Klägerin habe auf...