rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Fälligkeitsnachweis prozessuale Gestaltungsklage. Geschäftsbedingungen. AGB notariell. Vertragsmuster. Unterwerfungserklärung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Wirksamkeit einer in einem notariellen Vertrag enthaltenen Bestimmung, wonach dem Forderungsberechtigten jederzeit ohne Nachweis der Fälligkeit vollstreckbare Ausfertigungen der Urkunde erteilt werden können, ist nicht im Verfahren der Vollstreckungsgegenklage, sondern aufgrund einer prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO zu prüfen.

2. Der Inhaltskontrolle nach dem AGBG unterfallen Klauseln in notariellen Verträgen nicht, wenn sie nur von dem Notar selbst aufgrund eines von ihm intern als Vorlage herangezogenen Vertragsmusters aufgenommen worden sind.

3. Die in einem notariellen Vertrag enthaltene „allgemeine Unterwerfungsklausel” wird von der möglichen Nichtigkeit der Bestimmung, wonach der Schuldner auf den Fälligkeitsnachweis verzichtet, nicht erfaßt.

 

Normenkette

AGBG § 11 Nr. 5; ZPO § 767

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Urteil vom 20.05.1997; Aktenzeichen 1 O 39/97)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das am 20. Mai 1997 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 1 O 39/97 – wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die in formeller Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat zu Recht die Zulässigkeit der von den Klägern erhobenen Vollstreckungsgegenklage bejaht. Insofern reicht eine durch Inhalt und gesetzliche Form des Titels sowie die Klauselerteilung belegte Formel der Vollstreckungsfähigkeit aus, selbst wenn der Titel aus materiell-rechtlichen Gründen unwirksam ist. Im Verfahren der Vollstreckungsgegenklage kann allerdings die Wirksamkeit der Unterwerfungserklärung, wie sie hier unter § 2 Nr. 3 der notariellen Urkunde vereinbart ist, nicht geprüft werden. Eine Entscheidung hierüber kann aber aufgrund einer prozessualen Gestaltungsklage analog § 767 ZPO erfolgen (vgl. BGH Baurecht, 92, 622 f sowie NJW 94, 460 (462)). Eine solche machen die Kläger verbunden mit ihrer Vollstreckungsgegenklage auch geltend.

Entgegen ihrer Auffassung ist die Unterwerfungserklärung unter § 2 Nr. 3 des notariellen Vertrages nicht gemäß § 11 Nr. 15 AGBG unwirksam. Es fehlt bereits an dem Merkmal, daß die Beklagte als Verwenderin den Klägern diese Bedingung im Sinne von § 1 AGBG „gestellt” hätte. Der Inhaltskontrolle nach dem AGBG unterfallen nämlich Klauseln in notariellen Verträgen nicht, wenn sie nur von dem Notar selbst aufgrund eines von ihm intern als Vorlage herangezogenen Vertragsmusters aufgenommen worden sind. Für das „Stellen” reicht es nicht aus, daß die Vertragsbestimmung für eine Vertragspartei günstig ist und diese sich später darauf beruft, wie der BGH nunmehr in Abwendung von seiner früheren Rechtsprechung klargestellt hat (vgl. BGH NJW 91, 843 und 92, 2817; Wolf/Horn/Lindacher, AGBG 3. Aufl., § 1 Rdnr. 28; Ulmer/Brandner/Hensen, AGBG 6. Aufl., § 1 Rndr. 31 f; Palandt-Heinrichs, BGB 56. Aufl., AGBG § 1 Rdnr. 8).

Im vorliegenden Fall hat der Notar die streitige Klausel von sich aus in den Vertragsentwurf eingefügt. Der Beurkundungsauftrag des von der Beklagten eingeschalteten Maklers enthielt diese Bedingung nicht. Die Kläger behaupten selbst nicht, daß die streitige Klausel etwa während des Notartermins auf Verlangen der Beklagten eingefügt worden wäre; vielmehr tragen sie vor, diese sei schlicht verlesen worden.

Zudem wäre die allgemeine Unterwerfungserklärung gemäß § 2 Nr. 3 Satz 1 der notariellen Urkunde auch dann wirksam, wenn man Satz 2 dieser Bestimmung – Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung ohne Fälligkeitsnachweis – wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 15 AGBG für nichtig halten wollte, § 6 AGBG. Es handelt sich um eigenständige Klauseln mit unterschiedlichem Regelungsgehalt. Satz 1 stellt für sich eine sinnvolle Regelung auch dann dar, wenn Satz 2 wegfällt. Ein Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion läge somit nicht vor (vgl. Palandt-Heinrichs, Vorbemerkung vor § 8 AGBG Rdnr. 9 f; OLG Nürnberg NJW-RR 90, 1467 f).

Nach alledem bedarf es vorliegend keiner Entscheidung, ob der unter § 2 Nr. 3 Satz 2 des notariellen Vertrages geregelte Verzicht des Käufers auf den Fälligkeitsnachweis zu seinen Lasten eine gemäß § 11 Nr. 15 AGBG unzulässige Beweislastumkehr bedeutet (so OLG Nürnberg NJW-RR 90, 1467; OLG Düsseldorf Baurecht 96, 143; OLG Stuttgart NJW-RR 93, 1535; – a.M.: OLG Hamm DNotZ 93, 244 f; LG München II NJW-RR 90, 1465; OLG München NJW-RR 92, 125).

Entgegen der Auffassung der Kläger verstößt der Verzicht des Schuldners auf den Fälligkeitsnachweis in einer Individualvereinbarung auch nicht gegen Treu und Glauben, § 242 BGB.

Die Vollstreckungsgegenklage ist nicht begründet. Der Restkaufpreisanspruch der Beklagten in Höhe von 35.000,00 DM ist nicht durch die von den Klägern erklärte Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen erloschen, § 389 ...

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