Verfahrensgang
LG Aachen (Entscheidung vom 28.09.2006; Aktenzeichen 1 O 73/06) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Aachen vom 28.09.2006 - 1 O 73/06 - abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 15.968,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 19.05.2005 Zug um Zug gegen Rückgabe des PKW Porsche 944 S 2 Targa, Fahrgestellnummer ..., sowie weitere 459,96 EUR zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger erwarb im Januar 2005 von dem Beklagten, der einen Handel mit gebrauchten Sportwagen nebst Werkstatt betreibt, einen damals 14 Jahre alten PKW Porsche 944 S2 Targa zum Kaufpreis von 15.968,- EUR. Der Kaufvertrag enthält einen formularmäßigen Gewährleistungsausschluss für Mängel, Km-Stand und frühere Unfallschäden. Der Kläger erklärte im Mai 2005 wegen einer Reihe von Sachmängeln den Rücktritt vom Kaufvertrag und leitete ein Beweisverfahren ein, in dem an dem Fahrzeug zahlreiche Mängel und unsachgemäß reparierte Unfallschäden festgestellt und Instandsetzungskosten von 13.500 EUR ermittelt wurden.
Das Landgericht hat die Klage, mit der der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrages und die Zahlung nicht anrechenbarer Anwaltskosten von 449,96 EUR sowie außergerichtlicher Mahnkosten von 10,- EUR begehrt, abgewiesen.
II.
Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.
1.
Der Kläger ist jedenfalls deshalb zum Rücktritt gemäß §§ 437 Nr.2, 440, 323, 326 Abs. 5 BGB berechtigt, weil das von ihm gekaufte Gebrauchtfahrzeug eine um über 90.000 km höhere Laufleistung hatte, als sich aus dem Stand des Kilometerzählers ergab, und der Beklagte diesen Umstand verschwiegen hat, obwohl er verpflichtet war, den Kläger über den Einbau eines "Tauschtachos" aufzuklären.
a)
Nach den eigenen Angaben des Beklagten ist in das Fahrzeug anlässlich der "Zerlegung und Neulackierung" im Jahre 1996 bei einem Kilometerstand von rund 90.000 km ein Austauschmotor und ein "Tauschtacho" eingebaut worden. Danach verblieb das Fahrzeug als Firmenwagen im Besitz des Beklagten und hat die rund 68.000 km zurückgelegt, die der Kilometerzähler bei dem Verkauf des Wagens an den Kläger auswies. Die Gesamtfahrleistung lag also im Zeitpunkt des Verkaufs bei rund 158.000 km und damit um mehr als das Doppelte höher, als es der Kilometerzähler anzeigte.
Stimmt der Stand des Kilometerzählers mit der wirklichen Fahrleistung nicht überein, so liegt ein Sachmangel gemäß § 434 Abs.1 Satz 2 Nr.2 BGB vor, wenn der Käufer unter den konkreten Umständen berechtigterweise von der Richtigkeit des angezeigten Kilometerstandes im Sinne der Gesamtfahrleistung ausgehen durfte (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Auflage, Rdn. 1285).
Dem Kläger mussten sich beim Kauf des Fahrzeugs trotz des relativ hohen Alters des Fahrzeugs aufgrund des äußeren Zustandes keine Zweifel an dem Kilometerstand aufdrängen. Die Laufleistung eines Sportwagens muss nicht der durchschnittlichen Laufleistung eines "normalen" Gebrauchtfahrzeugs (durchschnittlich 13.000 km p.a., vgl. Reinking/Eggert, a.a.O.) entsprechen. Auch die Abnutzung der Sitze gab keinen verlässlichen Hinweis auf die Laufleistung eines Fahrzeugs. Selbst bei Kenntnis des Umstandes, dass ein Austauschmotor eingebaut worden war, musste sich dem Kläger nicht der Verdacht aufdrängen, dass zugleich ein Tauschtacho eingebaut worden war. Der Einbau eines Austauschmotors kann unterschiedliche Gründe haben. Der gleichzeitige Einbau eines Tauschtachos ist damit nicht zwangsläufig verbunden, es gibt hierfür auch keinen technischen Grund. Eher dient - umgekehrt - der Einbau eines Austauschmotors als Verkaufsargument, um den ablesbaren hohen Kilometerstand zu relativieren.
b)
Der Beklagte war zur Aufklärung über die von der Gesamtlaufleistung so erheblich abweichende Kilometerstandsanzeige verpflichtet, auch wenn die Parteien den Kilometerstand im Sinne einer Gesamtlaufleistung nicht ausdrücklich in den schriftlichen Kaufvertrag aufgenommen haben.
aa)
Der Käufer eines Gebrauchtwagens orientiert sich bei seinem Kaufentschluss außer an dem Baujahr und dem Erhaltungszustand des Wagens in erster Linie an der Gesamtfahrleistung. Ihr misst er gerade deswegen eine besondere Bedeutung zu, weil das äußere Erscheinungsbild und der Wartungszustand des Wagens häufig täuschen und insbesondere keinen zuverlässigen Rückschluss auf seine tatsächliche Abnutzung zulassen. Dem Kaufwilligen kommt es mithin, wie jedem Gebrauchtwagenhändler bekannt ist, nicht auf den jederzeit von ihm feststellbaren Tachostand, sondern auf die Gesamtfahrleistung an. Dass diese allgemeinen Erwägungen auch auf den Kläger zutreffen, ergibt sich daraus, dass er den Rücktritt vom Vertrag im anwaltlichen Schreiben vom 11.05.2005 (Bl. 7 d.A.) ausdrücklich auch auf den Verdacht einer vom Tachostand abweichenden höheren Fahrleistung stützte.
bb)
Ei...