Verfahrensgang
LG Aachen (Aktenzeichen 7 O 232/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12.01.2021 verkündete Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Aachen - 7 O 232/15 - hinsichtlich der Entscheidung über die Klageforderung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, an die Klägerin 1.183.184,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.07.2015 zu zahlen.
Es wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, der Klägerin alle über den Betrag in Höhe von 1.183.184,85 EUR hinausgehenden Kosten zu ersetzen, die der Klägerin durch den Austausch des Bettungsmaterials der von der Beklagten zu 1) im Rahmen der Baumaßnahmen "A B-Straße", "C-Straße 1. Bauabschnitt", "D-straße 2. Bauabschnitt", "E-straße", "F-straße/G-straße" und "H- Straße" hergestellten Straßenflächen entstehen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen ihre Verurteilung und soweit sie sich gegen die Abweisung ihrer Widerklage in Höhe von 2.235,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 10.04.2015 sowie in Höhe von weiteren 446.643,42 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Zustellung des Schriftsatzes vom 31.03.2016 wendet.
Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) beider Instanzen. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Schlussurteil vorbehalten.
Dieses Urteil und das angefochtene Urteil, letzteres hinsichtlich des Zahlungstenors, sind vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin beauftragte die Beklagte zu 1) an mehreren Bauvorhaben mit Straßenbauarbeiten. Dem Rechtstreit - Klage und Widerklage - liegen insgesamt vier Komplexe zugrunde. Mit ihrer Klage (1.) fordert die Klägerin von der Beklagten zu 1) aus sechs Straßenbaumaßnahmen Vorschuss in Höhe von zuletzt insgesamt knapp 1,2 Mio. EUR wegen der behaupteten vorsätzlichen Verwendung vertragswidrigen und kontaminierten Bettungsmaterials unter den Pflasterungen nebst Feststellung der Ersatzpflicht für darüber hinausgehende Kosten. Betroffen sind die Bauvorhaben "A B-Straße", "C-Straße 1. Bauabschnitt" (nachfolgend C-Straße), "D-straße 2. Bauabschnitt" (nachfolgend D-straße), "E-straße", "F-straße/G-straße" und "H- Straße". Die Beklagte zu 2) war hinsichtlich des Bauvorhabens C-Straße mit Ingenieurleistungen beauftragt, darunter anteilig der Bauoberleitung und der örtlichen Bauüberwachung (vgl. Anlage K 20, Bl. 280 ff. LGA). Sie wird von der Klägerin insoweit wegen Überwachungsfehlern gesamtschuldnerisch mit der Beklagten zu 1) in Anspruch genommen. Die Beklagte macht mit ihrer Widerklage (2.) Restwerklohn für Straßen- und Kanalbauarbeiten beim weiteren Bauvorhaben I-straße in Höhe von zuletzt etwa 405.000,- EUR, (3.) Vergütung für Bauablaufstörungen aus demselben Bauvorhaben in Höhe von etwa 740.000,- EUR und (4.) schließlich Schadensersatz wegen des erfolgen Ausschlusses von dem Vergabeverfahren "J- Straße" in K in Höhe von etwa 446.000,- EUR geltend.
1. Die Klägerin beauftragte die Beklagte zu 1) in den Jahren 2003 bis 2008 mit der Ausführung von Straßenbauarbeiten in K. Die VOB/B wurde jeweils in den Fassungen von 2002 bzw. 2006 (bzgl. der Bauvorhaben C-Straße u. D-straße) einbezogen. Nach den jeweiligen Leistungsverzeichnissen war für die Baumaßnahmen ein Bettungsmaterial der Pflasterungen aus "Brechsand-Splittgemisch 0/5 oder 0/8 mm Basalt ca. 50 % Brechsand 0/2 (teils: o. 0/8) mm, (teils: ca.) 50 % Splitt 2/5 oder 2/8 mm" ausgeschrieben.
Die Beklagte zu 1) setzte unter den Pflasterflächen der Bauvorhaben A B-Straße, C-Straße und D-straße ein Gemisch aus "VIADUR Bettungssand 0/5" und natürlichem Quarzsand als Bettungsmaterial ein. Hierbei handelt es sich um ein industrielles Recycling-Erzeugnis, nämlich ein Schlackengranulat aus der Kupfererzeugung. Nach Fertigstellung der Pflasterarbeiten wurden diese von der Klägerin in der Zeit vom 12.07.2005 bis zum 23.06.2010 sukzessive abgenommen. Im Übrigen steht das eingesetzte Bettungsmaterial im Streit.
Im Jahr 2012 informierte die Beklagte zu 1) die Klägerin darüber, dass die Stadt L im Rahmen einer anderen Baumaßnahme Proben des dortigen Bettungsmaterials entnommen habe und beproben lasse (Anlage K 7, Bl. 154 f.GA). Die Beprobung des Materials ergab, dass dieses umweltbelastend war. Daraufhin ließ die Klägerin auch das im Rahmen ihrer Bauvorhaben von der Beklagten zu 1) eingebaute Pflasterbettungsmaterial untersuchen und stellte dabei ebenfalls eine erhöhte Belastung mit Schwermetallen fest. Die Klägeri...