Nachgehend

BGH (Beschluss vom 16.11.2020; Aktenzeichen NotZ(Brfg) 6/20)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Berufung wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird auf 50.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Der am xx.xx.1967 geborene Kläger wurde am 30.10.1996 durch Aushändigung der Bestallungsurkunde zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Seitdem ist er ununterbrochen im Amtsgerichtsbezirk A anwaltlich tätig. Darüber hinaus hat er ab dem 01.06.2019 eine anwaltliche Zweigstelle gemäß § 27 Abs. 2 BRAO in B (Westfalen) im Amtsgerichtsbezirk C eingerichtet.

Nachdem im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen vom 15.05.2019 für die Amtsgerichtsbezirke Bielefeld, Gütersloh, Herford, Lübbecke, Minden, Bad Oeynhausen, Halle (Westfalen), Rahden, Bünde und Reeder-Wiedenbrück verschiedene Notarstellen ausgeschrieben worden waren, bewarb sich der Kläger vorrangig auf eine der vier im Amtsgerichtsbezirk A und hilfsweise auf eine der beiden im Amtsgerichtsbezirk C ausgeschriebenen Notarstellen.

Obwohl der Kläger der einzige Bewerber war, teilte ihm der Beklagte mit Schreiben vom 20.11.2019 mit, er könne seine (hilfsweisen) Bewerbung um eine der für den Amtsgerichtsbezirk C ausgeschriebenen Stellen leider nicht berücksichtigen. Zur Begründung wurde auf die auszugsweise beigefügte Abschrift des Auswahlvermerks vom 12.11.2019 verwiesen, in dem ausgeführt worden war, es bestünden zwar keine Bedenken gegen die persönliche Eignung des Klägers für das Notaramt. Der Kläger, der am 08.05.1996 die zweite juristische Staatsprüfung mit ausreichend (6,07 Punkte) und am 25.03.2019 die notarielle Fachprüfung ebenfalls mit ausreichend (5,47 Punkten) bestanden habe und über die allgemeine fünfjährige Erfahrungszeit als Anwalt im Sinne von § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BNotO verfüge, sei jedoch nicht entsprechend § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BNotO seit mindestens drei Jahren ohne Unterbrechung im Amtsgerichtsbezirk C (Westfalen) tätig. Seine örtliche Wartezeit betrage im Hinblick auf die erst am 01.06.2019 erfolgte Einrichtung der Zweigstelle in B (Westfalen) bei Zugrundelegung des Stichtags (Ablauf der Bewerbungsfrist für das Bewerbungsverfahren am 17.06.2019) lediglich 17 Tage, so dass faktisch von einer "Nullwartezeit" gesprochen werden könne. Gründe, ausnahmsweise von der Einhaltung der Wartezeit abzusehen, seien auch unter Berücksichtigung der Aspekte der Bestenauslese, einer Unterversorgung mit notariellen Dienstleistungen im Amtsgerichtsbezirk C und der Lockerungen der Voraussetzungen für die Erfüllung der örtlichen Wartezeit durch § 16 Abs. 3 AVNot (n.F.) nicht gegeben.

Mit am 23.12.2019 beim Oberlandesgericht Köln eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag hat der Kläger gegen den ihm am 26.11.2019 zugestellten Bescheid des Beklagten Klage erhoben. Da der Beklagte offen gelassen habe, welchen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um von der Sollvorschrift des § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BNotO abweichen zu können, soll das Verfahren nach Ansicht des Klägers auch dazu dienen, genauer aufzuklären, unter welchen Voraussetzungen auf eine örtliche Wartezeit gegebenenfalls ganz verzichtet werden kann.

Der Kläger ist der Ansicht, bei ermessensfehlerfreier Entscheidung hätte ihm eine Notarstelle im Amtsgerichtsbezirk C zugewiesen werden müssen. Die organisatorischen Voraussetzungen für die Umsetzung/Ausführung eines Notariats seien vorhanden, da er in B bereits eine Zweigstelle habe, die unmittelbar an der Grenze zu seinem Wohnsitz in A liege und zudem - auch aufgrund des hohen Standards an Digitalisierung seiner Kanzlei in A - durch das vorhandene A Personal unterstützt werden könne. Sofern der Beklagte sonstige organisatorische Anforderungen erwarte, wäre es ihm möglich gewesen, diese Auflagen zu formulieren und als Bedingungen für die Zuweisung einer Notarstelle zu machen. Auch die wirtschaftlichen Voraussetzungen seien vorhanden, da er selbst wirtschaftlich gut gestellt und unabhängig sei.

Hierzu behauptet der Kläger, er bestreite seinen Lebensunterhalt auskömmlich aus seiner vorhandenen Kanzlei in A und verfüge zudem über erhebliches Immobilienvermögen mit daraus resultierenden Einkünften sowie Barvermögen und Wertpapiere. Da die überregional tätige Kanzlei in A, deren Partner er sei, den Ausbau des Notariats mittrage, seien auch die wirtschaftlichen Grundlagen für die Unterhaltung einer Geschäftsstelle gegeben. Viele Mandanten warteten darauf, dass die Kanzlei auch ein Notariat vorhalte und die Stadt B habe bereits angekündigt, sämtliche Beurkundungen sofort "vor Ort" bei ihm vornehmen zu lassen. Weiter empfinde die Bürgermeisterin der Stadt B den Bedarf nach Notariatsleistungen als "zwingend".

Da dies nicht hinreichend aufgeklärt worden sei, ist der Kläger der Auffassung, es sei nicht ermessensfehlerfrei entschieden worden. Auch sei nicht hinreichend gewürdigt worden, dass er vorgetragen habe,...

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