Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit einer allein auf erneute Kündigung gestützten Berufung
Leitsatz (amtlich)
1. Die Abweisung der Klage auf Darlehensrückzahlung wegen Unwirksamkeit der vom Darlehensgeber ausgesprochenen Kündigung (hier: eines Verbraucherkredits) hindert keine neue Klage, mit der geltend gemacht wird, das Darlehensverhältnis sei durch erneute Kündigung nunmehr beendet.
2. Eine allein auf die erneute Kündigung gestützte Berufung ist unzulässig, ohne dass es auf die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine zweitinstanzliche Klageänderung ankommt.
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 07.10.2003; Aktenzeichen 3 O 54/03) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Bonn vom 7.10.2003 - 3 O 54/03 - wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die klagende Bank nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines Kontokorrentratenkredits in Anspruch. Nachdem es wiederholt zu Lastschriftretouren gekommen war, hat die Klägerin mit Schreiben vom 7.8.2002 die Kündigung des Vertragsverhältnisses zum 30.9.2002 ausgesprochen. Mit Urteil vom 7.10.2003 hat das LG die Klage abgewiesen. Es hat die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung als unwirksam angesehen, weil sie nicht den Anforderungen des auf den Kontokorrentratenkredit anzuwendenden § 12 Abs. 1 VerbrKrG entsprochen habe.
Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihren erstinstanzlichen Klageantrag weiter, nunmehr jedoch gestützt auf die mit Anwaltsschreiben vom 1.12.2003 vorbereitete und mit weiterem Anwaltsschreiben vom 30.12.2003 ausgesprochene Kündigung des Vertragsverhältnisses wegen Zahlungsrückstandes. Wegen der geänderten Sachlage könne dahinstehen, ob das LG den Klageanspruch zu Recht mangels Fälligkeit abgewiesen habe. Eine Klageänderung sei darin, dass der Darlehensrückzahlungsanspruch mit der Berufung auf die erst nach Erlass des angefochtenen Urteils ausgesprochene Kündigung gestützt werde, nicht zu sehen; jedenfalls sei eine etwa darin zu sehende Klageänderung sachdienlich.
Die Klägerin beantragt gegen die im Berufungsverfahren nicht anwaltlich vertretene Beklagte, diese durch Versäumnisurteil unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, an die Klägerin 12.937,06 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.11.2002 zu zahlen, in der Berufungsverhandlung ergänzt um den Hilfsantrag, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.121,75 Euro nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 30.6.2004 zu zahlen.
II. Die Beklagte ist zwar im Berufungsverfahren nicht vertreten. Gleichwohl ist über die Berufung der Klägerin nicht durch Versäumnisurteil, sondern durch ein das Rechtsmittel verwerfendes Prozessurteil zu entscheiden, da der Erlass eines Versäumnisurteils gem. § 539 Abs. 2 ZPO eine zulässige Berufung voraussetzt, die Berufung der Klägerin indessen unzulässig ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist eine Berufung nur dann zulässig, wenn mit ihr - wenigstens hilfsweise - die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebt wird. Die bloße Änderung der Klage in zweiter Instanz kann nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein. Eine Berufung ist daher unzulässig, wenn der Berufungskläger die Richtigkeit der erstinstanzlichen Klageabweisung gar nicht in Frage stellt, sondern lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen Anspruch zur Entscheidung stellt (BGH v. 20.3.2000 - II ZR 250/99, MDR 2000, 778 = NJW 2000, 1958; NJW 2001, 226; v. 9.10.2003 - VII ZR 81/02, BGHReport 2004, 188 = MDR 2004, 225 = NJW-RR 2004, 143). So liegt der Fall hier. Das LG hat die Klage mit der Begründung abgewiesen, die von der Klägerin ausgesprochene Kündigung des Kontokorrentratenkredits sei unwirksam, weil die Voraussetzungen des hierauf anwendbaren § 12 Abs. 1 VerbrKrG nicht eingehalten worden seien. Dies greift die Berufung nicht, jedenfalls nicht in beachtlicher Weise an. Die salvatorische Klausel am Ende der Berufungsbegründung ("Im Übrigen wiederhole ich den Sachvortrag der Klägerin und die Rechtsausführungen aus dem ersten Rechtszug") ersetzt nicht die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen.
Die Klägerin stützt ihre weiterverfolgte Forderung zweitinstanzlich allein auf die nach Erlass des angefochtenen Urteils von ihr geschaffene "geänderte Sachlage", nämlich die mit Anwaltsschreiben vom 1.12.2003 ausgesprochene qualifizierte Mahnung und die auf dieser Grundlage mit Anwaltsschreiben vom 30.12.2003 ausgesprochene fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses. Darin liegt eine Klageänderung. Die in § 12 Abs. 1 VerbrKrG im Interesse des Verbraucherschutzes vorgeschriebenen Wirksamkeitsvoraussetzungen für die Kündigung sind von der Klägerin erst in der Berufungsinstanz geschaffen worden. Damit liegt ein neuer Streitgegenstand vor. Zum Anspruchs- oder Klagegrund, aus dem die Rechtsfolge hergeleitet wird, gehöre...