Entscheidungsstichwort (Thema)

Weitere Beschwerde bei Ablehnung eines Richters am Insolvenzgericht

 

Leitsatz (amtlich)

Gegen die Entscheidung des LG über ein gegen den Richter am Insolvenzgericht gerichtetes Ablehnungsgesuch findet die sofortige (Erst-)Beschwerde statt.

Aus der Mitwirkung des Richters am AG an einer ungünstigen gerichtlichen Entscheidung lässt sich noch keine unparteiische Einstellung herleiten.

Verfahrensfehler oder materiell fehlerhafte Entscheidungen stellen grundsätzlich keinen Ablehnungsgrund dar. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn Indizien vorhanden sind, dass ein festgestellter Rechtsfehler auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber der ablehnenden Partei oder auf Willkür beruhen.

 

Normenkette

InsO §§ 4, 6-7; ZPO §§ 42, 46 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 5 AR 47/01)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2) vom 27.9.2001 gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des LG Bonn vom 17.9.2001 – 5 AR 47/01 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der Beschwerde hat die Beteiligte zu 2) zu tragen.

 

Gründe

1. Der Beteiligte zu 1) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen einer GmbH. Diese hatte zusammen mit dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der Beteiligten zu 2) durch notarielle Urkunde vom 22.12.1995 (Urkundenrolle-Nr.: …/1995 des Notars Dr. D. in B.) die Beteiligte zu 2) errichtet. Mit Schriftsatz vom 31.5.2001 hat der Beteiligte zu 1) die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beteiligten zu 2) beantragt. Zur Begründung hat er unter Beifügung entsprechender Unterlagen dargelegt, die GmbH habe gegen die GmbH & Co. KG hinsichtlich verschiedener Forderungen des Finanzamtes einen Freistellungsanspruch, der sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in einen Zahlungsanspruch umgewandelt habe. Die Beteiligte zu 2) sei ebenfalls zahlungsunfähig. Diesen Antrag hat das Insolvenzgericht für zulässig erachtet und mit Beschl. v. 3.7.2001 die Einholung eines schriftlichen Gutachtens zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts angeordnet. Hierauf hat die Beteiligte zu 2) mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 18.7.2001 den zuständigen Abteilungsrichter, der ebenfalls für das Insolvenzverfahren gegen die GmbH zuständig ist, wegen Befangenheit abgelehnt. Diesem Gesuch hat das LG mit Beschl. v. 17.9.2001 mit der Begründung nicht stattgegeben, allein die Tatsache, dass der Abteilungsrichter ebenfalls mit dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der früheren Komplementär-GmbH befasst sei, reiche für sich allein nicht aus, um eine Befangenheit zu rechtfertigen. Die aufgrund des Geschäftsverteilungsplans bestehende Zuständigkeit entspreche dem verfassungsrechtlich verankerten Gebot des gesetzlichen Richters. Zudem seien die in dem Insolvenzverfahren gegen die GmbH von dem nunmehr abgelehnten Richter geäußerten Rechtsauffassungen grundsätzlich nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

Gegen diese ihr am 19.9.2001 zugestellte Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 2) mit der sofortigen Beschwerde vom 27.9.2001, die am 28.9.2001 bei Gericht eingegangen ist. Sie stützt ihr Rechtsmittel darauf, die richterliche Sachbehandlung sei als grob fehlerhaft anzusehen. Hieraus ergebe sich eine unsachliche Einstellung des Gerichts. Das AG hätte den Eröffnungsantrag der Beteiligten zu 1) bereits als unzulässig zurückweisen müssen, da weder eine Forderung noch ein Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht worden sei.

2. Das Rechtsmittel ist zulässig. Gemäß § 4 InsO i.V.m. §§ 46 Abs. 2, 577 Abs. 2 ZPO kann die Entscheidung des LG über ein gegen den Richter am Insolvenzgericht gerichtetes Befangenheitsgesuch mit sofortigen (Erst-)Beschwerde angefochten werden (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 21.6.1999 – 11 W 95/99, InVo 2000, 51; FK/Schmerbach, InsO, 2. Aufl. 1999, § 4 Rz. 47).

Das auch ansonsten zulässige Rechtsmittel ist indes nicht begründet. Mit Recht und zutreffender Begründung, auf die der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 543 ZPO), hat das LG das Befangenheitsgesuch der Schuldnerin gegen den Richter am AG für unbegründet erklärt. Das Beschwerdevorbringen der Beteiligten zu 2) gibt zu einer Abänderung dieses Beschlusses keinen Anlass.

Nach § 42 Abs. 2 ZPO, der über § 4 InsO im Insolvenzverfahren entsprechend anwendbar ist (FK/Schmerbach, InsO, 2. Aufl. 1999, § 4 Rz. 30 ff.; Wienberg in Hess/Weis/Wienberg, InsO, 2. Aufl. 2001, § 4 InsO Rz. 6, 56 ff.; HK/Kirchhof, InsO, 2. Aufl. 2001, § 4 Rz. 5; Kübler in: Kübler/Prütting, InsO, Stand: 9. Lfg. März 2001; Becker in: Nerlich/Römermann, InsO, Stand: November 2000, § 4 Rz. 19), findet die Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit nur dann statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dabei kommen nur objektive Gründe in Betracht, die vom Standpunkt des Ablehnenden bei vernünftiger Betrachtungsweise die Befürchtung wecken können, der Richter stehe der Sache nicht unvoreing...

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