Leitsatz (amtlich)

Wer bei Abschluss eines Vergleiches die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen er später gegenüber der auf den Vergleich gestützten Forderung eine Aufrechnungslage herleitet, darf eine Aufrechnung nur dann geltend machen, wenn er sich dieses Recht im Vergleichsvertrag vorbehalten hat (Anschluss an BGH LM Nr. 63 zu § 387 BGB; vgl. auch BGH v. 9.12.11992 – VIII ZR 218/91, BGHZ 120, 387 [394] = MDR 1993, 473).

 

Normenkette

BGB §§ 387, 779

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 11 O 150/98)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 12.12.2001 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Aachen – 11 O 150/98 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte vor einer Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Sicherheit kann auch geleistet werden durch Bürgschaft eines als Zoll- oder Steuerbürge zugelassenen Kreditinstitutes mit Sitz in Deutschland.

 

Tatbestand

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen aller tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, hat das LG einer Vollstreckungsgegenklage des Klägers stattgegeben, nämlich die Zwangsvollstreckung des Beklagten aus einer notariellen Urkunde vom 27.6.1997 (Bl. 27 f.) für unzulässig erklärt (Bl. 309 d.A.). Ausweislich dieser Urkunde hatte der Kläger ein Schuldanerkenntnis über einen Betrag von 60.000 DM abgegeben. Vorausgegangen war ein außergerichtlicher Vergleich, in dem sich der Kläger und die von ihm vertretene D. Projektentwicklungen GmbH (künftig: die GmbH) unter anderem zur Zahlung dieses Betrages verpflichtet hatten (Bl. 29 ff.). Über das Vermögen der GmbH ist im Verlaufe des Prozesses das Insolvenzverfahren eröffnet worden, was zur Abtrennung des Prozesses geführt hat, soweit ursprünglich auch die GmbH Klägerin war. Mit der Vollstreckungsgegenklage hat der Kläger geltend gemacht, die GmbH habe wegen offener Vergütungsansprüche aus einem Bauvorhaben in A. unter dem 17.11.1997 die Aufrechnung gegen die vorerwähnte Forderung des Beklagten erklärt.

Der Beklagte hat geltend gemacht, eine Aufrechnung sei unzulässig. Außerdem sei die Forderung der GmbH nicht fällig geworden.

Mit seiner Berufung gegen das angefochtene Urteil verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Er trägt vor: Seine Forderung aus dem Schuldanerkenntnis sei unstreitig. Eine wirksame Aufrechnungserklärung liege nicht vor. Die Erklärung vom 17.11.1997 (Bl. 152 d.A.) sei vor Fälligkeit der angeblichen Forderung der GmbH erfolgt und deshalb unwirksam (Berufungsbegründung S. 3, Bl. 353 d.A.). Diese Forderung sei auch weiterhin nicht fällig. Die Fälligkeit sei abhängig gewesen von einer gutachterlichen Äußerung des Sachverständigen G. (Bl. 12). Dieser Sachverständige habe sich zwar im Laufe des Rechtsstreits geäußert; seine Ausführungen seien aber sowohl aus Verfahrensgründen als auch in der Sache selbst unbrauchbar (S. 4 ff. Bl. 354 ff.). Außerdem enthalte der außergerichtliche Vergleich vom 9./16.6.1997 ein Aufrechnungsverbot; zumindest verhielten sich der Kläger und die GmbH widersprüchlich, wenn sie sich im nachhinein auf eine Aufrechnung beriefen (S. 8 f. Bl. 358 f.). Außerdem stünden der Forderung der GmbH Gegenaufrechnungen des Beklagten entgegen (S. 9 f., Bl. 359 f.).

Er beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Er macht geltend, die Aufrechnungserklärung vom 17.11.1997 habe bis zum Eintritt der Fälligkeit fortgewirkt. Fälligkeit sei ohnehin aber bereits vorher, nämlich am 14.11.1997 eingetreten. An diesem Tag habe der Sachverständige E., auf dessen Einschaltung sich die Parteien anstelle des Sachverständigen G. geeinigt gehabt hätten, das Bauvorhaben abgenommen (Berufungserwiderung S. 2, Bl. 372). Zumindest könne sich der Kläger auf die dem Insolvenzverwalter der GmbH zustehende Einrede der Aufrechenbarkeit berufen.

Die Einwände des Beklagten gegen die Fälligkeit der Forderung der GmbH griffen nicht durch. Wenn der Beklagte gegen die Erklärung des Sachverständigen G. hätte vorgehen wollen, hätte er das nach den vertraglichen Vereinbarungen in einer Frist von 14 Tagen tun müssen, was nicht geschehen sei (S. 3 ff., Bl. 373 ff.). Ein Aufrechnungsverbot sei nicht vereinbart gewesen; auch verhalte sich der Kläger nicht widersprüchlich, wenn er sich auf die erklärte Aufrechnung berufe. Zur Zeit des Abschlusses des Vergleiches habe noch keine Aufrechnungslage bestanden (S. 5 f., Bl. 375 f.). Auch könne sich der Beklagte nicht auf eine angebliche Gegenaufrechnung berufen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Akte 2 O 44/97 LG Hagen, die Gegenstand der mündliche...

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