Entscheidungsstichwort (Thema)
Grobe Unbilligkeit des Zugewinnausgleichs gemäß § 1381 BGB bei späterem Vermögenserwerb unter Verkehrswert
Leitsatz (redaktionell)
Geht die Selbstersteigerung des gemeinsamen Grundstücks weit unter seinem Wert ausschließlich zu Lasten der Ausgleichspflichtigen, steht ihr im Rahmen des Zugewinnausgleichs ein Leistungsverweigerungsrecht wegen grober Unbilligkeit zu.
Normenkette
BGB §§ 1381, 1378 Abs. 2, § 1382
Verfahrensgang
AG Bonn (Urteil vom 30.01.2008; Aktenzeichen 42 F 243/04 (GÜ)) |
Tenor
I. Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des AG - Familiengericht - Bonn vom 30.1.2008 - 42 F 243/04 (GÜ) - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.321,77 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.8.2006 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger zu 4/5 und die Beklagte zu 1/5.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 9/10 und die Beklagte zu 1/10.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg.
Dem Kläger steht gem. § 1378 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ausgleich des in der Ehe erzielten Zugewinns zu. Allerdings kann die Beklagte dem in überwiegender Höhe ein Leistungsverweigerungsrecht entgegen halten.
Die vom AG für die Parteien aufgestellte Zugewinnausgleichsbilanz ist teilweise zu korrigieren.
Hinsichtlich der Berechnung des Endvermögens des Klägers ist diesem in seiner Aufstellung gemäß Schriftsatz vom 5.1.2007 (Bl. 283 ff. GÜ - alle im Folgenden genannten Blattzahlen betreffen die Unterakte GÜ) ein Rechenfehler unterlaufen, den das AG übernommen hat. Die Additionen aller dort genannten Aktiva ergibt richtig einen Wert von 472.860,18 EUR statt 462.870,18 EUR, also einen um 9.990 EUR höheren Wert.
Soweit die Beklagte in der Berufung zunächst beanstandet hat, dass der Kläger in zutreffender Weise zu den bei ihm zu berücksichtigenden Passiva den rechtskräftig zugunsten der Beklagten festgestellten Anspruch gegen den Kläger i.H.v. 36.805 EUR eingestellt und diesen sodann spiegelbildlich als Aktivposition in das Endvermögen der Beklagten übernommen hat, wird diese Beanstandung nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung nicht aufrecht erhalten, so dass der Senat hier auf die in der mündlichen Verhandlung erfolgten Hinweise verweisen kann.
Hinsichtlich der Berechnung des Anfangsvermögens des Klägers hat eine Korrektur nur insoweit zu erfolgen, als dass die Kosten für die Beerdigung des Vaters des Klägers zu berücksichtigen sind. Dass die Beerdigungskosten den Wert des dem Anfangsvermögen zuzurechnenden Erbteils des Klägers in voller Höhe mindern (vgl. Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., § 1374R Nr. 28), wird nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung auch vom Kläger erkannt, wobei es im wirtschaftlichen Ergebnis unerheblich ist, von welcher Einzelposition des Erbteils diese Kosten abgesetzt werden. Deshalb hat sich der Kläger mit dem Abzug der Beerdigungskosten vom geerbten Sparguthaben einverstanden erklärt. Dann ist das Sparguthaben unstreitig nur noch mit einem indexierten Wert von 3.959 EUR anstatt von 7.309 EUR, also mit einem um 3.350 EUR geringeren Wert zu berücksichtigen.
Im Übrigen hat es bei den vom AG im Anfangsvermögen angesetzten Positionen zu verbleiben.
Dies gilt insbesondere für die Bewertung des Hausgrundstücks C. 6, das dem Kläger zur Hälfte nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1992 und zur anderen Hälfte nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1995 zugefallen ist. Richtig ist, dass die für diese beiden Stichtage vom Sachverständigen ermittelten Werte zwar nicht nach absoluten Zahlen aber nach ihrer Indexierung den ebenso sachverständigenseits ermittelten Wert des Grundstücks am Stichtag der Rechtshängigkeit der Scheidung im Jahr 2004 übersteigen. Da aber weder die Feststellungen des Sachverständigen noch die Richtigkeit der Indexzahlen zu beanstanden sind und auch von der Beklagten nicht beanstandet worden sind, hat das Hausgrundstück zwar nicht in absoluten Zahlen, aber doch in seinem wirtschaftlichen Wert einen Verlust erlitten. Denn die Indexzahlen spiegeln die Entwertung des Geldes wieder. Die Zugewinnausgleichsbilanz stellt nur eine rechnerische Gegenüberstellung von Geld-Werten von Gegenständen dar. Wenn infolge der Geldentwertung der Wert eines Grundstücks zwar gestiegen ist, aber nicht in gleicher Höhe, in der der Geldwert gesunken ist, ist ein wirtschaftlicher Wertverlust eingetreten. Wenn dieser Wertverlust durch die Berücksichtigung in der Bilanz den Zugewinn schmälert, bedeutet dies nicht eine Teilhabe an einem negativen Zugewinn der jedenfalls dem zur Zeit geltenden Recht fremd ist. Denn der Wertverlust betrifft nur eine Einzelposition in der Bilanz. Würde sich in der Bilanz dadurch ein Verlust und nicht ein Zugewinn er...