Entscheidungsstichwort (Thema)
Pannenhilfe
Leitsatz (amtlich)
1. Zwischen einem Sachversicherer, der Kfz-Schutzbriefe anbietet, aus denen er dem Versicherungsnehmer Kosten für Pannenhilfeleistungen ersetzt, und einem Abschleppunternehmen, das sich im Pannenfall von havarierten ADAC-Mitgliedern Ansprüche gegen den Versicherer abtreten lässt, besteht kein konkretes Wettbewerbsverhältnis.
2. Bereits gezahlte Pannenhilfeleistungen kann der Versicherer im Wege der Durchgriffskondiktion vom Abschleppunternehmen zurückfordern.
3. Wer als ADAC-Mitglied im Fall einer Kfz-Panne den ADAC-Pannenhilfe-Notruf anruft, möchte den ADAC mit der Pannenhilfe beauftragen. Spätestens mit dem Erscheinen eines ADAC-Mitarbeiters oder eines vom ADAC beauftragten Pannenhilfe-Unternehmens wird stillschweigend ein Vertrag mit dem ADAC über die Erbringung der Hilfeleistung geschlossen.
Normenkette
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3; BGB § 812 Abs. 1 Sätze 1, 1 1. Alt., §§ 1004, 823 Abs. 2; StGB § 263
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 07.10.2015; Aktenzeichen 1 O 82/15) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das am 07.10.2015 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Bonn - 1 O 82/15 - teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.330,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.562,19 EUR seit dem 18.10.2014 sowie aus weiteren 2.768,07 EUR seit dem 09.07.2015 zu zahlen.
Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 54,69 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 18.10.2014 an die Klägerin zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 92 % und die Beklagte zu 8 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die der Vollstreckung ausgesetzte Partei darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die die Vollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gegenstandswert für das Berufungsverfahren wird auf 54.480,26 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin bietet als bundesweit tätiger Sachversicherer u.a. Kfz-Schutzbriefe an, aus denen sie u.a. verpflichtet ist, die Kosten für vom jeweiligen Versicherungsnehmer beauftragte Pannenhilfeleistungen zu ersetzen.
Die Beklagte ist ein Abschleppunternehmen, das u.a. im Rahmen der ADAC-Pannenhilfe im Raum Bad Honnef tätig wird. Der ADAC bietet seinen Clubmitgliedern eine bis 300,00 EUR unentgeltliche Pannenhilfe an. Rufen Autofahrer im Raum Bad Honnef die ADAC-Pannen-Hotline an, wird die Beklagte informiert und begibt sich mit einem gelblackierten und der Aufschrift "ADAC" bzw. "im Auftrag des ADAC" versehenen Abschleppwagen zum Havaristen.
Ab dem Jahr 2012 ließ sich die Beklagte in insgesamt 26 Fällen von Autofahrern, die als ADAC-Mitglieder die ADAC-Pannenhilfe (in einem Fall über den Herstellerservice) gerufen hatten, vor Ort zwei Formulare unterzeichnen. Im Formular "Zahlungsanweisung, Abtretung und Schadenmeldung" machten die Havaristen Angaben zur bestehenden Versicherung, beauftragten die Beklagte mit der Pannenhilfe und traten erfüllungshalber ihre Ansprüche gegen die Klägerin ab. In dem mit " ADAC" gekennzeichneten Formular "Auftrag und Rechnung" traten die Havaristen ihre Ansprüche gegen die ADAC-Schutzbriefversicherung auf Erstattung der Abschlepp-/Pannenhilfekosten erfüllungshalber zur Sicherheit an die Beklagten ab.
Anschließend stellte die Beklagte ihre Leistungen der Klägerin in Rechnung, die daraufhin insgesamt 4.480,26 EUR an die Beklagte zahlte. Durch die Abrechnung gegenüber der Klägerin erzielte die Beklagte höhere Erlöse als im Falle einer Abrechnung gegenüber dem ADAC.
Die Klägerin hat nach erfolgloser Abmahnung das vorliegende Verfahren eingeleitet, gerichtet auf Unterlassung (sich von ihren Versicherungsnehmern, denen sie aufgrund eines Auftrages eines Dritten Pannen- oder Abschlepphilfe leistet, einen Auftrag für diese Hilfe erteilen zu lassen und/oder sich deren Erstattungsansprüche aus einem Versicherungsverhältnis zu ihr abtreten zu lassen sowie ihr gegenüber Pannen- oder Abschlepphilfeleistungen für ihre Versicherungsnehmer abzurechnen, wenn und soweit die Beklagte diese aufgrund eines Auftrages eines Dritten erbracht hat), Rückzahlung der 4.480,26 EUR und Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.822,96 EUR.
Die Klägerin hat vorgetragen, dass die erbrachte Pannenhilfe sich als Leistung der Beklagten an den ADAC und des ADAC an die betroffenen Autofahrer darstelle. Die Abrechnung der Pannenhilfe ihr gegenüber als eigene Leistung der Beklagten an die Versicherungsnehmer unter Verschweigen der tatsächlichen Leistungsbeziehungen sei unlauter. Die Abtretungserklärungen der Autofahrer seien insofern g...