Leitsatz (amtlich)
1) Zu den erforderlichen Darlegungen des Bestellers bei Behauptung überhöhter Stundenlohnabrechnungen durch den Unternehmer (Einwand der unwirtschaftlichen Betriebsführung).
2) Zur Wirksamkeit eines Werkvertrages (hier: Abdichtungsarbeiten), wenn dem Meisterzwang unterliegende Arbeiten ohne Vorliegen des Meistertitels vorgenommen werden bzw. ohne Eintragung in die Handwerksrolle und der Beurteilung anhand des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit.
3) Zum Widerruf eines Werkvertrages (hier: Abdichtungsarbeiten) nach § 312g BGB.
Normenkette
BGB §§ 134, 280 Abs. 1, §§ 312b, 312g; SchwarzArbG § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 5
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 4 O 77/19) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin und unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 17.12.2019 (4 O 77/19) teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.475,76 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.12.2017 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits 1. und 2. Instanz tragen die Klägerin zu 57 % und die Beklagte zu 43 %.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1, 544 Abs. 2 ZPO abgesehen.
II. Die Berufung der Klägerin hat, nachdem der Senat Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachten und Vernehmung von Zeugen erhoben hat, teilweise Erfolg, soweit die Klägerin den Einwand unwirtschaftlicher Betriebsführung gegenüber den abgerechneten Stunden für die Handausschachtung erhoben hat (dazu 1.). Weitergehende Rückzahlungsansprüche bestehen jedoch nicht, und zwar weder aus § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB noch aus §§ 355, 346 Abs. 1 BGB (dazu 2.). Im Einzelnen:
1. Der Klägerin steht ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung eines Betrages von 3.475,76 EUR von den geleisteten 8.000,00 EUR zu.
Bereits im Hinweisbeschluss vom 12.06.2020 (Bl. 124 ff. GA) hat der Senat ausgeführt, dass das Landgericht dem Beweisangebot der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens betreffend die Unwirtschaftlichkeit der abgerechneten Stunden für die Handschachtung hätte nachgehen müssen und dass die Erwägungen im angegriffenen Urteil vom 17.12.2019 (Bl. 78 ff. GA) zur Darlegungslast der Klägerin in Bezug auf die einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1 BGB begründende Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung die in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aufgestellten Anforderungen überspannen.
Es ist zwar grundsätzlich Sache des Bestellers, eine Begrenzung der Stundenlohnvergütung dadurch zu bewirken, dass er Tatsachen vorträgt, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung des Unternehmers ergibt. An die dem Besteller obliegende Darlegung solcher Tatsachen sind jedoch keine hohen Anforderungen zu stellen. Insoweit muss er die ihm bekannten oder ohne weiteres ermittelbaren Umstände vortragen, aus denen sich die Unwirtschaftlichkeit der Betriebsführung ergibt. Ausreichend in diesem Sinne ist sein Vortrag, wenn er das Gericht in die Lage versetzt, hierüber Beweis zu erheben. Die Angabe von Einzelheiten ist dazu nicht notwendig. Es genügt, wenn der Besteller Tatsachen vorträgt, die den Anspruch auf Freistellung von überhöhten Stundenlohnforderungen rechtfertigen. Dafür reicht es aus, dass der Besteller im ihm möglichen Umfang Anhaltspunkte darlegt, nach denen der vom Unternehmer für die feststellbar erbrachten Leistungen abgerechnete Zeitaufwand nicht den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Leistungsausführung entspricht (vgl. BGH, Urteil vom 28.05.2009, VII ZR 74/06 Rn. 19 f. - juris = BauR 2009, 1291).
Gemessen hieran war unter den gegebenen Umständen des Falles der Vortrag der Klägerin ausreichend, um in eine Beweisaufnahme einzutreten. Die Klägerin hat angegeben, für den Aushub der abgerechneten Menge von 12,5 m3 im Wege der Handschachtung seien keine 50 Stunden erforderlich gewesen; in Zusammenschau mit den (bestrittenen) Darlegungen der Beklagten, dies sei deswegen erforderlich gewesen, weil bei Regen extrem schwerer Lehmboden habe ausgehoben werden und händisch per Schubkarre zum LKW verbracht werden müssen, waren hinreichende Anhaltspunkte für eine Begutachtung durch einen Sachverständigen erforderlich, nachdem es sich um ein überschaubares Bauvorhaben und um eine einzige Abrechnungsposition handelt. Es wäre bei dieser Sachlage zu weitgehend, von der Klägerin als Privatperson weitergehende Darlegungen etwa in Gestalt einer Dokumentation des Bauvorhabens zu fordern, wie im angefochtenen Urteil geschehen.
a) Die daraufhin vom Senat durch Beweisbeschluss vom 27.07.2020 (Bl. 149 ff. GA) veranlasste Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen A vom 18.11.2020 (Bl. 180 ff. GA) hat dem Senat zunächst mit der erforderlichen Gewissheit im Sinne von § 286 ZPO die Erkenntnis verschafft,...