Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozessführungsbefugnis des Nachlassverwalters
Leitsatz (redaktionell)
1. In seiner Eigenschaft als Nachlaßverwalter ist dieser als Partei kraft Amtes zur prozessualen Geltendmachung des Anspruchs auf Herausgabe des Geschenks wegen Notbedarfs (§ 528 Abs. 1 Satz 1 BGB) befugt.
2. Der Anspruch nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB erlischt nicht mit dem Tod des Schenkers untergegangen. Der Anspruch ist nicht in dem Sinne höchstpersönlich, daß er nicht von der Person des verarmten Schenkers gelöst werden kann und stets mit anderweitiger Deckung des Notbedarfs untergeht. Der Anspruch geht insbesondere nicht unter, wenn ein Sozialhilfeträger in Vorlage tritt, auch wenn der Schenker nach der Überleitungsanzeige nach § 90 BSHG verstirbt.
3. Die Höhe des Anspruchs nach § 528 Abs. 1 Satz 1 BGB richtet sich danach, inwieweit der Schenker außerstande ist, seinen angemessenen Lebensbedarf zu bestreiten. Der Rückforderungsanspruch reicht also nur soweit, wie der Notbedarf vorliegt. Bei einem real unteilbaren Geschenk – wie etwa einem Grundstück – ist eine Teilherausgabe unmöglich und daher nach § 818 Abs. 2 BGB Wertersatz zu leisten, wenn der Bedarf geringer ist, als der Wert des geschenkten Gegenstands.
Normenkette
BGB § 528 Abs. 1 S. 1, § 818 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Köln (Urteil vom 30.05.1995; Aktenzeichen 3 O 535/93) |
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 30. Mai 1995 – 3 O 535/93 – wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlußberufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 30. Mai 1995 – 3 O 535/93 – abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 98.914,40 DM nebst 4 % Zinsen aus 70.000,– DM seit dem 1. Oktober 1993 und aus 26.000,– DM seit dem 4. März 1994 zu zahlen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 132.000,– DM abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Dem Kläger wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch in Form einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlich-rechtlichen Sparkasse oder Volks- oder Raiffeisenbank zu erbringen.
Tatbestand
Der Kläger ist Nachlaßverwalter hinsichtlich des Nachlasses der am 22. April 1994 verstorbenen Frau J. H. S.. Der Beklagte und Herr W. S. sind die Söhne der Verstorbenen. Frau S. hatte ihre Söhne testamentarisch zu je ½ als Erben eingesetzt. Der Beklagte schlug mit Erklärung vom 5. Juli 1994 – UR-Nr. 1129/94 Notar Dr. K. in D. – die Erbschaft aus.
Mit notariellem Vertrag vom 16. Oktober 1978 – UR-Nr. 3618/1978 Notar M. in L. – übertrug Frau S. an den Beklagten und seine Ehefrau das Hausgrundstück Gemarkung L., Flur 65, Flurstück 198. Frau S. wurde ein lebenslängliches unentgeltliches Wohnrecht eingeräumt. Die auf dem Grundbesitz lastenden Grundschulden wurden ebenso wie die ihnen zugrundeliegenden Forderungen in Höhe von insgesamt etwa 8.000,– DM von dem Beklagten und seiner Ehefrau übernommen. Ferner verpflichteten sich der Beklagte und seine Ehefrau, an Frau S. monatlich einen Betrag von 100,- DM zu zahlen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Vertrag vom 16. Oktober 1978 verwiesen. Mit notariellem Vertrag vom 5. Februar 1981 – UR-Nr. 442/1981 Notar M. in L. –, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, übertrug Frau S. dem Beklagten das Grundstück Gemarkung L., Flur 65, Flurstück 518. Der Umschreibungsantrag hinsichtlich des Grundstücks ging am 30. April 1981 bei dem Grundbuchamt ein. Der Beklagte veräußerte das 570 qm große Grundstück mit notariellem Vertrag vom 3. Juli 1981 zu einem Preis von 105.450,– DM. Am 3. April 1991 wurde Frau S. bei dem Verein Evangelisches Altenheim „G.-Haus” e. V. zur Heimaufnahme angemeldet. Frau S. wurde am 10. April 1991 in dem Altenheim aufgenommen. Sie verzichtete in der Folgezeit auf das ihr an dem Haus Gemarkung L., Flur 65, Flurstück 198, eingeräumte Wohnrecht. Das Wohnrecht wurde am 13. November 1991 im Grundbuch gelöscht. Der Kläger beglich die für die Unterbringung seiner Mutter in dem Altenheim in der Zeit von April 1991 bis Januar 1992 angefallenen Kosten in Höhe von insgesamt 35.265,27 DM. Für den Zeitraum vom 17. Januar 1992 bis 28. Februar 1993 schuldete Frau S. dem Verein Evangelisches Altenheim „G.-Haus” e. V. Heim- und Pflegekosten in Höhe von insgesamt 47.304,36 DM. Der Verein Evangelisches Altenheim „G.-Haus” e. V. erwirkte gegen Frau S. einen Titel über diese Forderung. Zuzüglich titulierter Kosten für die gerichtliche Geltendmachung der Forderung sowie Zinsen ergab sich ein von Frau S. geschuldeter Betrag von insgesamt 58.038,10 DM. Mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts L. vom 22. November 1993 – 46 M 3914/93 – wurde aufgrund des titulierten Betrags von 58.038,10 DM zu Gunsten des Vereins Evangelis...