Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 09.03.1989; Aktenzeichen 4 O 362/87) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9. März 1989 verkündete Urteil des Landgerichts Aachen – 4 O 362/87 – teilweise abgeändert und wie folgt neu gefaßt:
Unter Abweisung der Klage im übrigen werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, die auf dem Grundstück der Klägerin unter der Garagenzufahrt längs verlaufende Hauptwurzel der Pyramidenpappel zu entfernen und die dadurch in diesem Bereich entstehenden Beeinträchtigungen und die schon entstandenen Asphaltaufbrüche zu beseitigen.
Die Beklagten werden ferner als Gesamtschuldner verurteilt, auf dem Grundstück der Klägerin in der Garage und im Bereich der sich hieran anschließenden Hoffläche die Beeinträchtigungen zu beseitigen, die durch Wurzeln der Pyramidenpappel entstanden sind. Die weitergehende Berufung und die Anschlußberufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
Von den Kosten beider Rechtszüge tragen die Klägerin 90 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 10 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Von den beiden zulässigen Rechtsmitteln hat allein die Berufung der Beklagten teilweise sachlich Erfolg.
1. Die Anschlußberufung ist unbegründet, da die Klägerin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Beseitigung der an der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehenden Pappel verlangen kann:
Hinsichtlich all jener Störungen, die allein durch den zu geringen Grenzabstand verursacht sind, ist der diesbezügliche Beseitigungsanspruch (§§ 1004 I 1 BGB, 50 NachbGNW, 124 EGBGB) bereits gem. § 47 NachbGNW durch Zeitablauf ausgeschlossen. Unstreitig wurde diese Pappel vor dem 01.07.1964 und somit mehr als 5 Jahre vor Inkrafttreten des NachbGNW (01.07.1969) angepflanzt.
Die Beklagten schulden aber auch nicht wegen anders gearteter, daß heißt vom Grenzabstand unabhängiger Beeinträchtigungen die Beseitigung der Pappel. Dies wäre – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – nach § 1004 I 1 BGB nur dann der Fall, wenn die Klägerin als Grundstückseigentümerin in dieser Rechtsstellung durch die Existenz der Pappel beeinträchtigt würde und wenn ferner die Beseitigung der Pappel die einzige Möglichkeit wäre, diese (vom Grenzabstand unabhängige) Eigentumsstörung zu beseitigen. Für diese Anspruchsvoraussetzungen ist die Klägerin teils darlegungsfällig und im übrigen beweisfällig geblieben. Ihr Vortrag, von der Pappel würden Äste herunter auf ihr Grundstück fallen, vermag einen Beseitigungsanspruch nicht zu begründen; diese von der Pappel aufgrund ihres Alters ausgehenden Beeinträchtigungen können auch durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen wie z. B. durch eine regelmäßige Baumpflege beseitigt werden.
Das von dem Sachverständigen J. insbesondere auch im Rahmen der mündlichen Erläuterung seines schriftlichen Gutachtens näher beschriebene Restrisiko, daß trotz einer regelmäßigen Baumpflege bei besonders starken Windböen einzelne und hierbei sogar „gesunde” Äste und Zweige abbrechen können, ist eine natürliche und vom Alter und Zustand der Pappel unabhängige Folge der besonderen Holzstruktur dieser Baumart. Insoweit hat der Baumsachverständige hervorgehoben, daß ein derartiger sturmbedingter Astbruch selbst bei jungen, erst 10 Jahre alten Pappeln möglich und sogar üblich ist. Es handelt sich mithin um eine allein in dem grenznahen Standort dieser Pappel begründete Beeinträchtigung, die die Klägerin – unbeschadet etwaiger Schadensersatzansprüche – bereits nach § 47 NachbGNW hinnehmen und dulden muß.
Mit dem weitergehenden Vortrag, nicht nur einzelne Äste und Zweige, sondern auch der Stamm der Pappel sei so morsch, daß der gesamte Baum keinerlei Standfestigkeit mehr habe, hat die Klägerin zwar die Voraussetzungen eines Beseitigungsanspruchs nach § 1004 I 1 BGB dargelegt; sie hat jedoch nicht den diesbezüglichen Beweis erbracht.
Aufgrund des vom Senat eingeholten Gutachtens des Baumsachverständigen J. steht vielmehr im Gegenteil fest, daß die Pappel noch vital und standfest ist; sie weist ein „äußerst vitales Kronenbild” auf; der aus zwei Grundstämmen bestehende Hauptstamm hat keinerlei erhebliche, die Standfestigkeit des Baumes beeinträchtigende Schäden. Der Sachverständige bemißt die weitere Lebensfähigkeit der Pappel trotz ihres (inzwischen ungünstigen Standortes auf noch ca. 20 Jahre).
2. Die Berufung der Beklagten hat in der Sache insoweit einen Teilerfolg, als das Landgericht auf eine Beseitigung aller grenzüberschreitenden Wurzeln erkannt hat. Die insoweit das angefochtene Urteil tragende Rechtsauffassung, bereits das Eindringen der Wurzeln auf das Nachbargrundstück stelle als solches eine Eigentumsstörung im Sinne des § 1004 BGB dar, vermag der Senat nicht zu teilen; diese Auffassung findet weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur eine Stütze. „Eine Beeinträchtigung im Rechtssinne ist im allgemeinen nur anzunehmen, wenn der Eigentümer in seiner Rechtsstellung unzumutbare oder zumindest nicht ohne weiteres zu duldende Einbußen erfährt. Ganz unerhebliche …. Störungen s...