Entscheidungsstichwort (Thema)

"Culatello di Parma"

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird bei behaupteter Verletzung einer geographischen Ursprungsbezeichnung allein das Anbieten, Bewerben, In-Verkehr-Bringen und Einführen in der/die Bundesrepublik Deutschland angegriffen, gilt nach Art. 8 Abs. 2 Rom-II-Verordnung für den Umfang des Schutzes der geltend gemachten Rechte Art. 13 der Verordnung (EU) 1151/2012, während sich auf der Rechtsfolgenseite der Unterlassungsanspruch aus § 135 MarkenG, § 8 UWG ergibt, auch wenn beide Parteien nicht in Deutschland ansässig sind.

2. Der Schutz der geographischen Ursprungsbezeichnung "Prosciutto die Parma" erstreckt sich auch auf die Verwendung der einzelnen geographischen Bestandteile der zusammengesetzten Bezeichnung.

3. Für die Frage der Anspielung im Sinne des Art. 13 I lit. b der Verordnung (EU) 1151/2012 kommt es weder auf die Sichtweise des deutschen Verbrauchers noch des Verbrauchers im Herkunftsland der Waren, sondern auf die Verkehrsauffassung des europäischen Verbrauchers an. Diese Verkehrsauffassung kann der Senat selbst beurteilen, da er zu den angesprochenen europäischen Verkehrskreisen gehört.

4. Die Bezeichnung "Culatello di Parma" für ein aufgeschnittenes Rohschinkenprodukt in Klarsichtverpackung stellt eine Anspielung auf die geschützte Ursprungsbezeichnung "Prosciutto di Parma" dar.

 

Normenkette

MarkenG § 135; ROM-II-VO Art. 8 Abs. 2; EUVO 1151/2012 Art. 13 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Köln (Aktenzeichen 84 O 98/17)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 12.12.2019; Aktenzeichen I ZR 21/19)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 14.03.2018 verkündete Urteil der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 84 O 98/17 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Dieses Urteil und das genannte Urteil des Landgerichts Köln sind vorläufig vollstreckbar. Dies gilt hinsichtlich der Unterlassungsverpflichtung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 90.000 EUR und hinsichtlich des Auskunftsanspruchs in Höhe von 10.000 EUR. Die Beklagte kann die Vollstreckung im Übrigen durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Berechtigung der Beklagten zum Vertrieb von Fleischerzeugnissen unter der Bezeichnung "Culatello di Parma" in einer in den Antrag aufgenommenen konkreten Form.

Die Klägerin wurde im Jahr 1963 von italienischen Herstellern von Parmaschinken gegründet, um in Umsetzung des nationalen und europäischen Rechts die Ursprungsbezeichnung "Prosciutto di Parma" zu verteidigen, zu fördern und zu sichern. Als Erzeugerorganisation wurde sie vom italienischen Ministerium für Landwirtschaft, Lebensmittel und Forstwirtschaft am 01.12.2014 formell anerkannt und bestätigt. Als in dieser Weise anerkannte Vereinigung verteidigt die Klägerin in Umsetzung von Art. 45 der Verordnung Nr. 1151/2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vom 21. November 2012 die Ursprungsbezeichnung unter anderem gegen widerrechtliche Verwendungen nach Art. 13 der Verordnung, indem sie die zuständigen Behörden hiervon unterrichtet.

Die Bezeichnung "Prosciutto di Parma" ist als geschützte Ursprungsbezeichnung im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 eingetragen. Aus Anhang II der diesbezüglich erlassenen Durchführungsverordnung Nr. 1208/13 ergibt sich der folgende Auszug aus der Produktspezifikation:

"3.7. Besondere Vorschriften für die Etikettierung

Das charakteristische Zeichen, an dem man echten "Prosciutto di Parma" auf den ersten Blick erkennen kann, ohne das Etikett genauer zu prüfen, ist die "Herzogskrone": ein Brandzeichen, das eine fünfzackige stilisierte Krone über einem Oval mit dem Schriftzug "Parma" zeigt. Dieses Zeichen hat zwei Funktionen: Es ist ein Garant für die Echtheit des "Prosciutto di Parma" (Erkennungszeichen), der so von anderen Rohschinken unterschieden werden kann, und es garantiert, dass das Erzeugnis alle vorgeschriebenen Verarbeitungsschritte durchlaufen hat und während aller dieser Schritte überwacht und kontrolliert wurde. Nur dieses Markenzeichen berechtigt zur Verwendung der geschützten Ursprungsbezeichnung: Ohne die "Herzogskrone" darf das Erzeugnis nicht als "Prosciutto di Parma" bezeichnet werden, weder auf dem Etikett oder der Verpackung, noch in den Verkaufsunterlagen oder im Handel (als ganzer Schinken, in Scheiben geschnitten und vorverpackt oder beim Einzelhandelsverkauf von Portionen).

Für die Etikettierung von "Prosciutto di Parma" sind die folgenden Angaben verbindlich vorgeschrieben:

[...]

  • Für in Scheiben geschnittenen und vorverpackten Parmaschinken:

    • Die Verpackungen müssen oben links einen einheitlichen Teil aufweisen, auf dem das Kontrolletikett mit der Herzogskrone und folgende Angaben angebracht sind:

      • "Prosciutto di Parma denominazione di origine protetta ai sensi della legge 13 Febbr...

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