Leitsatz (amtlich)
Die Werbeanzeige eine Zahnarztes geht über eine sachangemessene Information hinaus und ist daher berufswidrig, wenn sie von einem sog. eyecatcher in Form eines „hälftigen” lachenden Mundes mit perfekt weißen Zähnen dominiert wird.
Normenkette
UWG § 1; BerufsO Zahnärzte Nordrhein § 20
Verfahrensgang
LG Aachen (Urteil vom 29.01.2003; Aktenzeichen 11 O 332/02) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29.1.2003 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Aachen – 11 O 332/02 – geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes i.H.v. bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder der Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu unterlassen, wie nachstehend wiedergegeben im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Zeitungsanzeigen für seine kieferorthopädischen Behandlungsleistungen zu werben und/oder werben zu lassen:
konkrete Verletzungsform
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 15.000 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beiden Parteien wird gestattet, die Sicherheitsleistung auch durch schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts zu erbringen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Beklagte ist Zahnarzt mit Praxissitz in L. Die Klägerin, die Zahnärztekammer Nordrhein, ist die für das Land Nordrhein-Westfalen zuständige berufliche Vertretung der Zahnärzte. Die Klägerin beanstandet die im Urteilstenor wiedergegebene, vom Beklagten in der Zeitschrift „S.S.” vom 12.5.2002 geschaltete Werbeanzeige als wettbewerbswidrig. Sie hat dazu die Auffassung vertreten, die konkrete Werbung stelle keine interessengerechte und sachangemessene Information dar. Das gelte insb., weil in ihr von dem „A. Institut für Ästhetik, Parodontologie und umfassende Zahnheilkunde” eine „Neuaufnahme und Beratung” für eine kieferorthopädische Behandlung mit dem Hinweis beworben werde, dass Termine über die Praxis des Beklagten zu vereinbaren seien. Eine solche Werbung verstoße gegen § 20 der Berufsordnung der Zahnärzte Nordrhein vom 19.4.1997 (im folgenden: „BO”) und auch § 1 UWG. Außerdem sei die Werbung irreführend, weil der unbefangene Leser glaube, die angebotenen Leistungen bei einem „A. Institut” nachfragen zu können. Überdies werbe der Beklagte nur mit Selbstverständlichkeiten, weil die Kieferorthopädie eine übliche Leistung sei, die jeder approbierte Arzt anbiete, gleich ob „unsichtbar, herausnehmbar oder festsitzend”.
Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten verwiesen wird (Bl. 82 ff. d.A.), hat das LG die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Inhalt der vom Beklagten geschalteten Anzeige sei nicht geeignet, die Öffentlichkeit irrezuführen, bei verfassungskonformer Auslegung der §§ 17, 20 BO könne ein Verstoß gegen das dort normierte Werbeverbot für Zahnärzte und damit auch ein solcher gegen § 1 UWG nicht festgestellt werden.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung und beantragt, den Beklagten bei gleichzeitiger Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Zeitungsanzeigen für seine kieferorthopädischen Behandlungsleistungen zu werben, werben zu lassen oder es zu dulden, dass hierfür geworben wird, und zwar wie folgt, wobei diese Verpflichtung auch für die Anbietung jeden anderen Termins für die Neuaufnahme und Beratung gilt:
(es folgt eine Kopie der im Urteilstenor wiedergegebenen Werbeanzeige)
Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil als richtig und beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
II. Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg. Sie führt zur Änderung der angefochtenen Entscheidung, weil der Beklagte mit der Gestaltung seiner Werbeanzeige die Grenzen zulässiger Zahnarzt-Werbung überschritten hat und folglich gem. § 1 UWG verpflichtet ist, die Wiederholung dieser Werbung künftig zu unterlassen. Der Klarstellung halber hat der Senat deshalb im Urteilstenor unter Einbeziehung der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck gebracht, dass es dem Beklagten fortan untersagt ist, wie seinerzeit geschehen zu werben oder werben zu lassen.
Zu Recht zieht der Beklagte im Berufungsverfahren nicht mehr in Zweifel, dass die Klägerin als berufsständische Vertretung der Zahnärzte nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG berechtigt ist, Wettbewerbsverst...